Stadtumbau als Chance für mehr Lebensqualität
(Berlin) - Die Bundeskammerversammlung, das höchste Beschlussorgan der Bundesarchitektenkammer, hat am 19. September die Resolution Stadtumbau als Chance für mehr Lebensqualität verabschiedet:
Die schrumpfenden Städte zählen zu den drängendsten Strukturproblemen der Bundesrepublik, finden anders als Arbeitsmarkt, Gesundheit oder Rente aber wenig öffentliches Interesse. Weit mehr als eine Million leer stehender Wohnungen in Ostdeutschland sind nur die Spitze des Eisbergs, auch in Westdeutschland wird der demographisch bedingte Bevölkerungsrückgang immer größere Lücken reißen. Die Folgen für die betroffenen Regionen sind dramatisch: Der Wohnungsleerstand ist nicht allein ein immobilienwirtschaftliches Problem, er stellt die Existenz ganzer Städte und Dörfer in Frage.
Der Verlust von Arbeitsplätzen und Bevölkerung schreitet vielerorts schneller voran als erwartet. Vor kurzem geplante Maßnahmen des Stadtumbaus sind bereits von der Realität überholt worden. Die zunächst beabsichtigte Bereinigung des Wohnungsmarktes weitet sich mehr und mehr zu einer Frage nach der gesamten Infrastruktur aus. Mit der oberirdischen wird auch die unterirdische Stadt schrumpfen müssen. Weniger Menschen brauchen nicht nur weniger Wohnungen, sie produzieren auch weniger Abwässer.
Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen: Der Stadtumbau wird zum Stadtrückbau. Unsere bisher auf Wachstum orientierte Gesellschaft wird sich die Reduktion als Entwicklungsziel und die Unterschiedlichkeit der Lebensbedingungen als Entwicklungsergebnis aneignen müssen.
Der Stadtumbau kann eine Chance für mehr Lebensqualität sein, zum Beispiel für mehr Grün und kleinteiligere Strukturen in städtischen Wohngebieten. Der Stadtumbau wird aber nur gelingen, wenn er politisch und planerisch gesteuert und zugleich als komplexer sozialer und kultureller Prozess begriffen wird. In der derzeit geplanten Weise ist der Stadtrückbau nicht finanzierbar. Viele Städte, Wohnungsunternehmen und Versorgungsunternehmen können aktuell oder kurzfristig absehbar die finanziellen Anforderungen nicht mehr sicherstellen.
Die Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten Deutschlands fordern daher:
1. Die Entwicklung von zielorientierten, ressortübergreifenden Handlungsrahmen für die differenzierten regionalen und lokalen Aufgabenfelder auf Bundes- und Länderebene.
2. Die schnelle, solide und nachhaltige Entwicklung und Umsetzung einer besseren Finanzausstattung der Kommunen auf Bundes- und Länderebene, um die notwendigen Aufwertungsmaßnahmen durchführen zu können.
3. Die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel des Baugesetzbuches an die Anforderungen schrumpfender Regionen, Städte und Gemeinden.
4. Die Entlastung der Wohnungsunternehmen von Altschulden für die dauerhaft leer stehenden und abzureißenden Wohnungen.
5. Die Unterstützung der Versorgungsunternehmen bei der Anpassung von Infrastruktur.
Die in der Bundesarchitektenkammer und den Architektenkammern der Länder versammelten Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten Deutschlands sind bereit, den Prozess des Stadtumbaus aktiv mitzugestalten.
Die Bundesarchitektenkammer (BAK) ist ein freiwilliger Zusammenschluss der 16 Länderarchitektenkammern in Deutschland. Die BAK vertritt auf nationaler und internationaler Ebene die Interessen von über 110.000 Architekten gegenüber Politik und Öffentlichkeit.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarchitektenkammer e.V. (Bundesgemeinschaft der Architektenkammern der Länder)
Dr. Claudia Schwalfenberg
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit
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