Sprachförderung im Ruhrgebiet / IAT zeigt Strategien und Beispiele guter Praxis beim Fachkongress der Projekt Ruhr GmbH in der Universität Dortmund
(Gelsenkirchen) - Bereits im nächsten Jahrzehnt wird in den Kernstädten des Ruhrgebietes die Mehrheit der jungen Erwachsenen ausländischer Herkunft sein. Fast ein Drittel aller Schulanfänger wächst mit zwei oder mehr Sprachen auf. Frühzeitige Sprachförderung ist dringend erforderlich, denn Schülerinnen und Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen haben besondere Schwierigkeiten, eine Ausbildung und damit Chancen auf eine Arbeit zu bekommen. Investitionen in Sprachförderung zahlen sich für die Jugendlichen, die Wirtschaft und die Region aus. Diese Zusammenhänge erläuterte Dr. Sirikit Krone vom Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) heute (11.02) auf dem Fachkongress Qualität von Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen der Projekt Ruhr GmbH in Kooperation mit dem Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes NRW und der Universität Dortmund.
Ein Strategiepapier, das am IAT-Forschungsschwerpunkt Bildung und Erziehung im Strukturwandel zusammen mit dem Arbeitskreis Sprachkompetenzförderung der Projekt Ruhr GmbH erstellt wurde, erläutert, weshalb viele junge Menschen gerade im Ruhrgebiet dringend sprachlich gefördert werden sollten: Zwar ist das Bildungsniveau im Ruhrgebiet nicht niedriger als anderswo, aber es gibt viele Stadtteile, in denen eine hohe Arbeitslosigkeit unmittelbare Folge geringerer Bildungschancen für die dort lebenden Kinder und Jugendlichen ist. In diesen Stadtteilen wohnen überdurchschnittlich viele Kinder mit Migrationshintergrund, deren schulischer Erfolg maßgeblich vom frühen Erwerb der deutschen Sprache abhängt. Strategien und Methoden zur Sprachförderung sind daher gefragt, die, wenn sie in Kindergarten und Schule greifen, auch deutschen Kindern helfen können, sprachliche Defizite auszugleichen.
In NRW gibt es inzwischen verbindliche Sprachtests für alle Schulanfänger, deren Deutschkenntnisse nicht ausreichend erscheinen. Erfolgreiche Sprachförderung muss aber so die IAT-Wissenschaftlerin Karin Esch schon im Kleinkindalter ansetzen und die gesamte Bildungslaufbahn der Kinder und Jugendlichen begleiten. Ergebnisse aus der Hirnforschung zeigen, dass Kinder bereits bis zum dritten Lebensjahr extrem gut Sprachen lernen können. Das sollte sowohl für den Erwerb der deutschen als auch der Muttersprache genutzt werden.
Sprachförderung ist längerfristig erfolgreich, wenn sie - beginnend mit der Geburt - über Kindergarten und Schule bis zum Übergang in eine berufliche Ausbildung bzw. ein Studium in den gesamten Lernprozess integriert wird. Sprachstandserhebungen sollten in Abständen wiederholt werden, um Entwicklungen entsprechend Rechnung tragen zu können.
Die langjährige Praxis der Ad-hoc-Kurse muss mittelfristig um ein Sprachförderkonzept erweitert werden, das zum permanenten Bestandteil der (vor)schulischen Bildungsprozesse für Kinder mit Sprachförderbedarf wird. Parallel zur deutschen Sprache ist der umfassende Erwerb der Muttersprache zu berücksichtigen, um eine doppelte Halbsprachigkeit der Kinder zu vermeiden sowie die Eltern hier insbesondere die Mütter besser in die Prozesse zu integrieren. Die Förderung der Muttersprache ist vor allem in der frühkindlichen Phase wichtig.
Werden die Eltern vorrangig die Mütter von Beginn an in den Förderprozess einbezogen, verläuft dieser erfolgreicher für die Kinder. Zudem wächst die sprachliche Kompetenz der Erwachsenen, und Informationen zum deutschen Schul- und Bildungssystem können frühzeitig an die Eltern weitergegeben werden.
Das Fachpersonal in den Kindertagesstätten und Schulen ist auf die Anforderungen der Sprachförderung zum Teil noch wenig vorbereitet. Erzieher/Innen und Pädagogen müssen sich also ebenfalls weiterbilden und ihre Handlungskompetenzen damit erweitern. Mittelfristig ist die Aufnahme der Thematik bereits in die Ausbildung / das Studium in vermehrtem Umfang notwendig.
Quelle und Kontaktadresse:
Institut Arbeit und Technik
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