Sportwetten: Konzessionsverfahren an die Wand gefahren / Vermeidbare Verwaltungsirrfahrt zeigt Reformbedarf beim Glücksspielstaatsvertrag / Dienstleistungsfreiheit wurde unzulässig eingeschränkt
(Berlin) - Der Deutsche Sportwettenverband (DSWV) ist empört über die jahrelange Verwaltungsirrfahrt beim Konzessionsverfahren für Sportwetten und fordert eine politische Debatte über eine sinnvolle Reform der Glücksspielregulierung in Deutschland.
In einer Entscheidung (Aktenzeichen 5 L 1448/14.WI) bestätigte das Verwaltungsgericht Wiesbaden letzte Woche die von vielen Marktteilnehmern lang geäußerte Sorge, dass das Sportwetten-Konzessionsverfahren von seiner Konzeption, seinen Anforderungen und vom Verfahrensablauf her als intransparent und fehlerhaft zu bewerten sei und die europäische Dienstleistungsfreiheit unzulässig einschränke.
Auch die Entscheidungsfindung des Glücksspielkollegiums, so das Gericht, sei intransparent und fehlerbehaftet. Die dem Gericht vorliegenden Sitzungsniederschriften seien inhaltlich nicht nachvollziehbar und wiesen auf Verfahrensfehler hin. Das Gremium aus Verwaltungsbeamten der 16 Bundesländer legt die Richtlinien der Glücksspielregulierung fest und steuert maßgeblich das Konzessionsverfahren.
DSWV-Präsident Mathias Dahms sagte: "Das Konzessionsverfahren wurde sehenden Auges und mit bürokratischer Gründlichkeit gegen die Wand gefahren. Bevor es zum Totalschaden kommt, muss die Politik nun endlich eingreifen und die Kehrtwende einleiten. Seit der Europäische Gerichtshof das deutsche Sportwettenmonopol 2010 für rechtswidrig befunden hat, warten wir auf bundesweite Lizenzen. Dass fünf Jahre später immer noch nicht absehbar ist, wann diese vergeben werden, darf in einem Rechtsstaat nicht vorkommen. Die Antragsteller haben Ihren Teil beigetragen, erfüllen alle Anforderungen, jetzt sind die Bundesländer gefordert."
Mit Hinblick auf die lange Dauer des Verfahrens wies das Gericht darauf hin, dass die siebenjährige Experimentierphase, in der die Öffnung des Sportwettenmarktes bundesweit erprobt werden soll, nicht dafür gedacht sei, den Behörden zu ermöglichen zu experimentieren, wie ein Konzessionsverfahren gestaltet werden kann. Stattdessen müsse den Sportwettenanbietern der gesamte oder jedenfalls der weit überwiegende Zeitraum zur Verfügung stehen.
Mathias Dahms: "Der Kardinalfehler des Verfahrens ist schon im Glücksspielstaatsvertrag angelegt: Die willkürliche Begrenzung der Sportwettenlizenzen auf 20 widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes und verstößt zudem gegen die von der EU verbriefte Dienstleistungsfreiheit. Es ist verständlich, dass unterlegene Anbieter sich dagegen wehren. Allein deshalb muss der Glücksspielstaatsvertrag dringend überarbeitet werden."
Die zahlenmäßige Begrenzung der Sportwettenkonzessionen hatte zuvor auch der Sportbeirat, das offizielle Beratungsgremium des Glücksspielkollegiums, scharf kritisiert. Dessen Vorsitzender, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Olympischen Sportbunds, Dr. Michael Vesper, bezeichnete die Hängepartie zuletzt als unerträglich und kündigte eine Arbeitsniederlegung des Sportbeirats an.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden ist noch nicht rechtskräftig. Das federführende Hessische Ministerium des Innern und für Sport wird vermutlich Beschwerde einlegen.
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