Spezielle Kronzeugenregelung nicht erforderlich
(Berlin) - Im Zusammenhang mit der Verfolgung terroristischer Straftaten wird vielfach die Wiedereinführung der Großen Kronzeugenregelung gefordert. Die Länder Bayern und Niedersachsen haben einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Bundesrat eingebracht.
Der Deutsche Richterbund (DRB) sieht keine Notwendigkeit für die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung. Das Kronzeugengesetz von 1989 hat die Erwartungen der Praxis nicht erfüllt.
Es besteht die Gefahr eines Missbrauchs: Um die eigene Strafbarkeit zu verharmlosen, wird falsch ausgesagt und werden Dritte zu Unrecht belastet.
Die Verfasser des Gesetzentwurfes sehen diese Gefahr. Sie wollen ihr dadurch entgegenwirken, dass das Verfahren gegen den falschen Kronzeugen wieder aufgenommen werden kann. In einem solchen Verfahren wird sich regelmäßig nicht feststellen lassen, ob jemand eine falsche Aussage aufrechterhält oder eine richtige widerruft aus Angst vor Bestrafung oder aus Angst vor denen, die er belastet hat. Die geringe Gefahr, im Wiederaufnahmeverfahren zu der bereits im ersten Urteil festgesetzten höheren Strafe verurteilt zu werden , wird weder terroristische Gewalttäter noch Täter aus dem Bereich der typischerweise organisierten Kriminalität von Falschaussagen abhalten.
Der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Wolfgang Arenhövel: Bereits nach den geltenden Gesetzen kann die Kooperationsbereitschaft eines Beschuldigten ausreichend berücksichtigt und honoriert werden. Im Ermittlungsverfahren besteht die Möglichkeit, die Strafverfolgung zu beschränken. Bei der Urteilsfindung stellt das Aussageverhalten des Angeklagten einen wesentlichen Gesichtspunkt für die Höhe der Strafe dar.
Außerdem muss weiter gelten: Die absolute Strafandrohung von lebenslanger Freiheitsstrafe für Mord darf wegen des überragenden Schutzes des Lebens nicht durch eine Strafmilderung relativiert werden.
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