Pressemitteilung | k.A.

Sozialverband Deutschland legt 10-Punkte-Programm vor

(Berlin) - Knapp ein Jahr nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs IX (Rehabilitation) hat sich nach Erfahrungen des Sozialverbands Deutschland (SoVD) an der meist unbefriedigenden Situation behinderter und chronisch kranker Frauen so gut wie nichts verbessert. "Es zeigt sich - ebenso wie beim Benachteiligungsverbot im Grundgesetz -, dass die zweifellos großen gesetzgeberischen Fortschritte nicht oder nur mit jahrelanger Verzögerung den behinderten Menschen, vor allen den Frauen, zugute kommen," kritisierte SoVD-Vizepräsidentin Brigitte Pathe am 22. April in Berlin.

Der SoVD habe deshalb ein 10-Punkte-Programm zur praktischen Umsetzung des SGB IX und des ab Mai geltenden Bundesgleichstellungsgesetzes erarbeitet. Beide Gesetze forderten die besondere Berücksichtigung der Belange behinderter Frauen bei Rehabilitation sowie beruflicher und gesellschaftlicher Integration. Bund, Länder, Kommunen und die Träger von Rehabilitations- und Integrationseinrichtungen müssten diese zentralen Forderungen jetzt rasch umsetzen, verlangte Frau Pathe. Den behinderten und chronisch kranken Frauen könne man nicht zumuten, noch jahrelang um ihre gesetzlich verbrieften Rechte zu kämpfen.

So sei die medizinische und berufliche Rehabilitation behinderter Frauen in ländlich strukturierten Gebieten oft unmöglich, klagte Frau Pathe. Denn die nächste Rehabilitationseinrichtung liege meist so weit entfernt, dass behinderte Frauen mit Erziehungspflichten nur teilnehmen könnten, wenn sie ihre Kinder vernachlässigen würden. Der gezahlte Kinderbetreuungsbetrag von 61 Euro monatlich (Härtefälle: 102 EURO) reiche bei weitem nicht aus, um eine angemessene Kinderbetreuung zu organisieren. Das hänge auch damit zusammen, dass behinderte Frauen oft nur geringe Einkünfte hätten und nichts zur Kinderbetreuung zuzahlen könnten. Der Kinderbetreuungsbetrag müsse deshalb deutlich aufgestockt und ein flächendeckendes Netz von Rehabilitationseinrichtungen aufgebaut werden.

Auch die Einrichtung der gemeinsamen Servicestellen der Rehabilitationsträger komme nur stockend voran, kritisiert der SoVD. Meist habe sich an der unzureichenden Beratung und Betreuung behinderter Frauen nichts geändert, "weil nur das Türschild ausgetauscht wurde". Es fehlten kinderfreundliche Servicestellen und frauenspezifische Beratung.

Frau Pathe forderte zudem:

- Alle Einrichtungen und Ämter, die mit medizinischer und beruflicher Rehabilitation und Integration behinderter und kranker Frauen befasst seien, müssten ihre Mitarbeiter speziell auf die Versorgung, Beratung und Betreuung dieser Frauen schulen. Jede Einrichtung müsse dafür auch weibliche Mitarbeiter vorbereiten. Sie müssten immer dann die Betreuung übernehmen, wenn behinderte Frauen ihre Probleme (z.B. Brustamputation) verständlicherweise nicht mit Männern besprechen wollten.

- Frauenspezifische Erkrankungen wie Osteoporose oder Brustkrebs (ist bereits erfolgt) müssen in die Chronikerprogramme (Disease-Management-Programme - DMP) der Krankenkassen aufgenommen werden.

- Zur Sicherung der Rehabilitationserfolge bei behinderten Frauen müssen auf kommunaler Ebene Nachsorgeprogramme mit Unterstützung der Rehabilitationsträger eingerichtet werden.

- Die neu geschaffene Arbeitsassistenz als berufliche Hilfe müsse vorwiegend behinderten Frauen zugute kommen, die bisher auf dem Arbeitsmarkt besonders benachteiligt seien. Zudem müsse auch eine Arbeitsassistenz im familiären Bereich bezahlt werden, wenn anders die häuslichen und familiären Pflichten nicht erbracht werden könnten.

Quelle und Kontaktadresse:
Sozialverband Deutschland e.V. (ehemals Reichsbund) Beethovenallee 56-58 53173 Bonn Telefon: 0228/9564-0 Telefax: 0228/9564-145

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