Simone Fleischmann: "Wir Schulleitungen stehen es nicht mehr! Die Politik muss endlich handeln!"
(München) - "Jetzt fällt uns auf die Füße, was die Politik seit vielen Jahren verschlafen hat. Wir laufen sehenden Auges in die Katastrophe", so BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann in der heutigen Pressekonferenz. Darin schilderten sechs Schulleiterinnen und Schulleiter verschiedener Schularten, wie sich die Situation in Bayern immer mehr zuspitzt. Der BLLV fordert seit langem bessere Arbeitsbedingungen für Schulleitungen und wirft der Politik Tatenlosigkeit vor.
"Hätte die Politik gehandelt, wären unsere Schulen jetzt nicht in dieser prekären Lage. Wären unsere Forderungen nach Entlastung der Schulleitungen gehört und umgesetzt worden, könnten wir jetzt auch die zusätzlichen Herausforderungen der Corona-Krise besser meistern. Aber nun bekommen wir die Quittung für die Versäumnisse der Politik", ist die bittere Bilanz der BLLV-Präsidentin. "Ausbaden müssen es unsere Schulleitungen, die völlig überlastet und ausgebrannt sind, aber letztlich auch unsere Kinder, denen wir nicht die Bildungsqualität bieten können, die sie verdient haben."
Schon seit Jahren fordert der BLLV bessere Arbeitsbedingungen für bayerische Schulleitungen - weniger Unterrichtszeit, eine Erhöhung der Leitungszeit und mehr Anrechnungsstunden zur Erfüllung besonderer Aufgaben. Nur so ist es möglich, den über die Jahre gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. "Unsere Schulleiterinnen und Schulleiter machen ihre Arbeit mit enormem Engagement und großer Leidenschaft, aber irgendwann ist das Maß voll. Der anhaltende Lehrermangel, viel zu knappe Zeit- und Personalressourcen und die Corona-Krise on top sind einfach nicht mehr zu stemmen. Es ist unverantwortlich, dass die politisch Verantwortlichen zuschauen, wie unsere Leute in die Knie gehen", beklagt Simone Fleischmann.
Verantwortung auf Schulleitungen abgewälzt
Tests, Hygiene- und Quarantänemaßnahmen, 3G-Regeln und deren Kontrolle und Dokumentation - das sind nur einige der Corona-bedingten Sonderaufgaben, die die Schulleitungen zu bewältigen haben. "Sie sind es, die vor Ort jeden Tag zu jeder Stunde, nicht selten auch nachts, Entscheidungen treffen müssen. Entscheidungen, für die es oftmals keine rechtliche Grundlage gibt. Sie sind Pädagogen und keine Mediziner, sie fühlen sich alleingelassen von ihrem Dienstherrn. Es sorgt für Irritation, nicht nur bei ihnen, sondern auch bei Eltern und Schülern, dass in den Corona-Hotspots das Leben quasi zum Stillstand kommt, aber in den Schulen weiterhin Hochbetrieb ist." Das gehe nicht zusammen, da brauche es dringend klare Entscheidungen und Ansagen der Politik, so Fleischmann.
Viele Schulleitungen wollen keine mehr sein, viele sind demotiviert
"Wir sehen, dass immer mehr Schulleiterinnen und Schulleiter hinschmeißen und sich entpflichten lassen, also ihre Schulleitungsfunktion zurückgeben und wieder als Lehrkraft arbeiten möchten. Das sind keine Einzelfälle, das sind Dutzende", berichtet Gerd Nitschke, 1. Vizepräsident des BLLV. Die aktuelle forsa-Umfrage, deren Ergebnisse für Bayern der BLLV erst letzten Freitag veröffentlicht hatte, zeigt es in aller Deutlichkeit: 51 Prozent (mehr als im Bundesdurchschnitt) würden ihren Beruf nicht oder sogar auf keinen Fall weiterempfehlen. Mehr als jede 5. Schulleitung übt ihn derzeit ungern bzw. sehr ungern aus. "Diese Zahlen sprechen für sich, so kann und darf es nicht weitergehen", betont Simone Fleischmann. "Stress, chronische Überlastung und fehlende Wertschätzung machen unsere Schulleitungen krank."
Gestalter von Lern- und Lebensräumen
Anlässlich des Deutschen Schulleitungskongresses vergangene Woche hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier von Schulleitungen als "Gestalter von Lern- und Lebensräumen", als "Bürgermeister im Mikrokosmos Schule" und als "Manager und Führungskräfte, Vordenker und Entwickler" gesprochen, die viel mehr Wertschätzung verdient hätten. Wertschätzung, die sich in Zeit für ihre vielfältigen Aufgaben ausdrücken müsse, aber auch in der gesellschaftlichen Anerkennung für ihren unermüdlichen Einsatz und ihre täglichen Leistungen. Besser könne man die wichtige Rolle der Schulleitungen nicht auf den Punkt bringen, so Fleischmann. Nun müssten den Worten aber auch Taten folgen.
BLLV fordert Antworten und klare Entscheidungen
Was nun, fragten die Schulleiterinnen und Schulleiter auf der Pressekonferenz in Richtung der bayerischen Bildungsverantwortlichen. Denn die Forderungen des BLLV stehen seit Jahren felsenfest:
- klare politische Entscheidungen in der Corona-Situation und einen regionalisierten Index, wann Schule in Präsenz stattfindet und wann nicht mehr
- mehr Vorlauf zur Umsetzung von Entscheidungen, besserer Einbezug der schulischen Realität
- mehr Leitungszeit, weniger Unterrichtszeit und mehr Anrechnungsstunden für Schulleitungen
- mehr pädagogisches Personal, mehr multiprofessionelle Teams
- bessere Ausstattung mit Verwaltungsangestellten
- eine Corona-Prämie, die dem besonderen Engagement und der außerordentlichen Belastung der Schulleitungen Rechnung trägt.
Die BLLV-Präsidentin macht unmissverständlich deutlich, wer nun handeln müsse: "Wir als BLLV fragen uns schon, was die Politik jetzt macht! Wieder abwarten oder endlich Entscheidungen treffen und die so dringend benötigte Sicherheit und einen klaren Rahmen schaffen? Es braucht jetzt endlich Klarheit und kein Rumgeeiere mehr, das unsere Kolleginnen und Kollegen an den Schulen vor Ort dann wieder ausbaden müssen!"
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)
Birte Pretz, Assistentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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