"Sie haben mit Ihren Innovationen nicht nur Details verbessert, sondern neue Maßstäbe gesetzt" / Bundespräsident überreichte am 30.11.2011 in Stuttgart Deutschen Umweltpreis der DBU - 1.100 Gäste
(Stuttgart) - Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt
(DBU) ist zum 19. Male vergeben. Aus den Händen von Bundespräsident Christian Wulff nahmen am 30.11.2011 in der Stuttgarter Liederhalle der Gesellschafter, Mitbegründer und Vorstandssprecher der memo AG (Greußenheim), Jürgen Schmidt (48), und die Geschäftsführer der Firma WS Wärmeprozesstechnik (Renningen), Dr.-Ing. Joachim Alfred (81) und Dr.-Ing. Joachim Georg Wünning (48), den mit 500.000 Euro höchstdotierten Umweltpreis Europas in Empfang. Wulff würdigte die Preisträger als Paradebeispiele dafür, wie mit möglichst geringem Verbrauch endlicher Ressourcen und möglichst geringer Umweltbelastung Wohlstand geschaffen, Wohlergehen gesichert und trotzdem gutes Geld verdient werden könne. Wulff: "Sie haben mit Ihren Innovationen nicht nur Details verbessert, sondern neue Maßstäbe gesetzt."
"Beides wichtig, um unsere Wirtschaftsweise umweltverträglich und damit zukunftsfähig zu machen"
Wulff wies vor 1.100 Gästen - darunter Bundesumweltminister Dr.
Norbert Röttgen und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann - darauf hin, dass Vater und Sohn Wünning mit ihrem neuen Verbrennungsverfahren eine große, grundlegende technologische Innovation vorangetrieben hätten. Preisträger Schmidt habe viele kleine, aber ebenso wichtige Innovationen angestoßen. Wulff: "Beides ist extrem wichtig, um unsere Wirtschaftsweise umweltverträglich und damit zukunftsfähig zu machen." Wulff unterstrich, dass das Beispiel der memo AG zeige, dass mehr Nachhaltigkeit "oft gar nicht mehr Kosten, immer aber mehr Umsicht, vor allem im Umgang mit Ressourcen aller Art" heiße. Und die Firma WS Wärmeprozesstechnik beweise, wie viel Potenzial in innovativen technischen Lösungen liege. Wulff: "Sogar - oder sollte man sagen vor allem? - in den industriellen Bereichen, in denen extrem viel Energie verbraucht und besonders viele Schadstoffe ausgestoßen werden. Das sind die Branchen, auf die es entscheidend ankommen wird, weil ohne sie die Energiewende nicht gelingen kann."
Bei ehrlicher Berechnung von Wohlstand Umweltschäden einbeziehen
Wulff appellierte, dass es gelingen müsse, aus einer Einheit Rohstoff, Energie oder Wasser ein Vielfaches an Wohlstand herauszuholen. Denn bei nun sieben Milliarden Menschen, die auf der Erde lebten, seien durch menschliche Aktivitäten niemals so viele Treibhausgase ausgestoßen worden wie heute. Der Anstieg im vergangenen Jahr sei der höchste seit Beginn aller Messungen und liege auf einem Niveau, das eigentlich erst
2020 hätte erreicht werden dürfen, um die Erderwärmung auf zwei Grad begrenzen zu können. Und die Hälfte der weltweiten Ökosysteme sei bereits heute nachhaltig geschädigt. Bei bald vielleicht acht oder neun Milliarden Menschen müsse der Naturverbrauch drastisch sinken, um Wohlstand langfristig zu erhalten und auch denen zugänglich zu sein, die jetzt noch nicht davon profitierten. Wulff: "Eine ehrliche Berechnung von Wohlstand - das wird immer klarer - muss die Folgen von Umweltschäden mit einbeziehen, die durch Übernutzung entstehen."
Industriestaaten in Sachen Klimaschutz besonders gefordert
Aber um die Dynamik des Marktes in eine ökologische Richtung zu lenken, seien politische Zielvorgaben, rechtliche Normen und ökonomische Anreize unverzichtbar. Die Wirtschaft brauche verlässliche Rahmenbedingungen, die Investitionen in Klima- und Umweltverträglichkeit langfristig wirtschaftlich sinnvoll machten. Darum seien internationale Abkommen mit vergleichbaren Verpflichtungen für alle Wettbewerber wichtig. "Mit größter Sorge", so Wulff, beobachte er aber, dass es auf dem Weg zu einem Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls "an allen Stellen hakt". An erster Stelle seien die Industriestaaten gefordert, die in der Vergangenheit besonders viele klimaschädliche Emissionen verursacht hätten. Wulff: "Europa muss hier treibende Kraft sein. Und auch die USA müssen sich viel stärker als bisher dieser Verantwortung stellen. Klar ist aber auch, dass wir ohne den Beitrag aller Staaten die Klimaschutzziele weit verfehlen würden."
Wasser, Böden, Artenvielfalt, endliche Ressourcen - dieses Kapital lässt sich nicht beliebig vermehren
Trotz der aktuellen Finanzmarkt- und Schuldenkrise dürfe nicht vergessen werden, "dass hier unsere Zukunft auf dem Spiel steht", so Wulff. Gerade die Finanzkrise habe gezeigt, "dass sich unsere Wachstumsmodelle letztlich nicht als nachhaltig erweisen". Es müssten ehrlich Knappheiten benannt, es müsse endlich damit aufgehört werden, "auf Pump und über die materiellen Verhältnisse zu leben im Vertrauen darauf, das Wachstum der Zukunft würde es schon richten." Notwendig sei ein Ordnungsrahmen, der ein Wachstum fördere, das wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sei und nicht die Substanz zerstöre. Ein Wachstum, das im Einklang mit den verfügbaren Ressourcen stehe und die Folgeschäden nicht einfach ausblende. Wulff: "Wasser, Böden, Artenvielfalt, endliche Ressourcen - dieses Kapital lässt sich eben nicht beliebig vermehren. Dieses Kapital lässt sich in seiner Substanz nur erhalten, wenn wir endlich aus weniger mehr machen. Nicht das Unmögliche sollte uns verzweifeln lassen, sondern die Unfähigkeit, das Mögliche zu erreichen."
Produkte nach höchsten ökologischen und sozialen Standards
Preisträger Schmidt stellte heraus, dass die Grenzen des Wachstums nun wirklich erreicht seien. Deshalb biete sein Unternehmen nur Produkte in bester Qualität, die höchsten ökologischen und sozialen Standards entsprächen. Dabei orientiere sich die memo AG an gängigen, strengsten Labeln wie dem "Blauen Engel", aber auch Sozial-Zertifikaten. Trotz dieser Denk- und Handlungsweise müssten solche Produkte nicht teurer sein als herkömmliche Produkte.
Energieeinsparpotenzial in der Dimension der Leistung der Atomkraftwerke
Vater und Sohn Wünning wiesen darauf hin, dass durch ihre Verbrennungstechnik zehn bis 20 Prozent Energie gegenüber dem heutigen Stand der Technik eingespart werden könnten. Überall, wo in Produktionsprozessen Flammen eine Rolle spielten, sei ihre Technik prinzipiell einsetzbar und habe das theoretische Potenzial, die Energiemengen einzusparen, die etwa die Atomkraftwerke in Deutschland produziert hätten, beziehungsweise produzieren würden.
"Wir brauchen einen Rettungsschirm für die bedrohte Schöpfung"
Das Thema Energiewende stand in einer - wie der ganze Festakt von Katrin Bauerfeind moderierten - Talkrunde im Blick, an der Bundesumweltminister Röttgen, Ministerpräsident Kretschmann, der DBU-Kuratoriumsvorsitzende Hubert Weinzierl sowie DBU-Generalsekretär Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde teilnahmen. Dabei wurde der Konsens deutlich, dass Energieeffizienz und erneuerbare Energien die Antwort auf den Ausstieg aus der Atomenergie sind. Die ganze Gesellschaft - Politik, Wirtschaft und jeder Einzelne - müsse mitgenommen werden auf dem Weg, der nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch der einzig gangbare sei. Weinzierl formulierte es so: "Wir müssen zurückfahren. Wir brauchen eine Kultur der Bescheidenheit, der Genügsamkeit. Wir brauchen einen Rettungsschirm für die bedrohte Schöpfung."
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Franz-Georg Elpers, Pressesprecher
An der Bornau 2, 49090 Osnabrück
Telefon: (0541) 96330, Telefax: (0541) 9633190
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Innovationen für Energiewende: Neue DBU-Broschüre zeigt Modellprojekte / Kostenlos erhältlich auch bei Hannover Messe - Brickwedde: "Energie ist Kerngeschäft der DBU"
- Über 80 Bewerber konkurrieren um den Deutschen Umweltpreis / DBU verleiht Auszeichnung am 27. Oktober in Osnabrück - Höchstdotierte unabhängige Auszeichnung Europas
- Suche beginnt: Wer wird Träger des Deutschen Umweltpreises 2013? / Nominierungen für unabhängigen, höchstdotierten Umweltpreis Europas noch bis zum 15. Februar