Sicherheit statt Schuldzuweisung: Ärztekammer Niedersachsen mit neuem Konzept der Fehlerprävention
(Hannover) Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) will mit einem neuen Konzept der Fehlerprävention mehr Sicherheit in die medizinischen Behandlungsabläufe bringen. Die Arbeitsgemeinschaft Patientensicherheit, eine gemeinsame Plattform der Kammer und der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Landesärztekammern, startet am Mittwoch (29. März) eine Reihe von Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, bei denen ein Schwerpunktthema mit Beispielen häufiger Behandlungsfehlervorwürfe aus medizinischer und juristischer Sicht vorgestellt und ein Konzept zur Fehlervermeidung entwickelt wird. Zielgruppen- und praxisorientiert kommt es nachfolgend zur Präsentation des jeweiligen Schwerpunktthemas in den Ärztevereinen, Qualitätszirkeln und bei den regionalen Fortbildungsbeauftragten der Bezirksstellen. Oberstes Ziel dieser gemeinsamen Aktivitäten, in die auch die Medizinstudenten im Sinne einer frühzeitigen Sensibilisierung für eine positive Fehlerkultur einbezogen werden sollen, ist die Prävention medizinischer Behandlungsfehler als wichtiger Schritt zu mehr Patientensicherheit in Klinik und Praxis. Die Auftaktveranstaltung in Hannover (2. Forum Patientensicherheit & Risikomanagement) ist dem Thema Appendizitis (Blinddarmentzündung) gewidmet, das als scheinbar banale Diagnose durchaus eine Fülle von Fehlern und Fallstricken in Diagnostik und Therapie bereit halten kann. Grundlage der Fehlanalyse sind die Beschwerdeanträge an und deren Beurteilungen durch die Schlichtungsstelle.
Nach Ansicht von ÄKN-Präsidentin Dr. med. Martina Wenker ist es an der Zeit, die bislang noch übliche und weit verbreitete so genannte Blame-Culture mit ihrer oberflächlich reaktiven Schuldzuweisung (Wer war Schuld?) einem Paradigmenwechsel zu unterziehen. Erforderlich sei vielmehr eine Safety-Culture, die den vorurteilsfreien Umgang mit Fehlern unter der Fragestellung Was ist Schuld? in ihren Mittelpunkt stellt. Eine moderne Fehlerforschung setzt also auf die Ermittlung der Hauptfehlerursachen in Folge von beispielsweise Kommunikations- und Teamversagen, organisatorischen Mängeln und Defiziten im Selbstverständnis der Organisation. Als hilfreich haben sich dabei Fehlerberichts- oder Meldesysteme erwiesen, in welchen die in einem System mit hohen Sicherheitsanforderungen handelnden Personen freiwillig Berichte über kritische Ereignisse und Risikosituationen einstellen. Beispiele dafür sind das Göttinger Modellprojekt Mopas (More Patient Security) und das Fehlermeldesystem Jeder-Fehler-zählt des Instituts für Allgemeinmedizin der Universität Frankfurt. Der niedersächsische Weg die Nutzbarmachung der Schlichtungsstellen-Statistiken bezieht auch das Datenmaterial der Gutachterkommission für ärztliche Behandlungsfehler bei der Ärztekammer Nordrhein, Düsseldorf, ein. So wird das neue Fehlermanagement nach Wenkers Worten noch aussagekräftiger und ergiebiger. Die Fortbildungsreihe wird in den nächsten beiden Quartalen mit den Themenschwerpunkten Koxarthrose (chronisch fortschreitende degenerative Erkrankung des Hüftgelenks) und Mamma-Karzinom (Brustkrebs) fortgesetzt.
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