Sicherheit fährt vor: ACE fordert Stabilitätsprogramm für alle Motorräder
(Stuttgart) - Angesichts gestiegener Unfallzahlen fordert der ACE Auto Club Europa von Herstellern und Politik größere Anstrengungen im Kampf gegen Motorradunfälle. Unmittelbar vor Beginn der Motorrad-Leitmesse INTERMOT (5. bis 9. Oktober in Köln) sagte Pressesprecher Constantin Hack: "Motorräder erleben offensichtlich gerade ihren zweiten Frühling. Doch leider steigt nicht nur ihre Beliebtheit, sondern auch die Zahl der tödlichen Unfälle."
Der ACE fordert die Hersteller deshalb auf, das Wettrennen um immer mehr Leistung zu beenden und längst überfällige Assistenzsysteme wie das Motorrad-Stabilitätsprogramm MSC zum Serienstandard zu machen. "Wenn sich die Hersteller nicht auf eine Selbstverpflichtung einigen, muss die Politik für Klarheit sorgen", so Hack weiter.
Motorrad-Käufern empfiehlt der ACE, ebenfalls ein Zeichen zu setzen: Zwar müssten erst ab Januar 2017 alle neuen Maschinen mit einem Antiblockiersystem (ABS) ausgestattet sein (seit 1.1.2016 alle neu typgeprüften Motorräder). Doch bieten viele Hersteller bereits seit Jahren Modelle mit ABS an. Der ACE rät, nur noch Motorräder mit ABS zu kaufen. "Insbesondere bei Vollbremsungen hilft das ABS, das Fahrzeug sicher unter Kontrolle zu behalten. Das ist wichtig, denn jeder Meter zählt, wenn dadurch ein Sturz oder Unfall vermieden werden kann", so Hack weiter. Sowohl erfahrenen Motorradfahrern als auch Wiedereinsteigern empfiehlt der ACE außerdem die regelmäßige Teilnahme an einem Motorrad-Sicherheitstraining.
Rekordverdächtige Zulassungszahlen
Seit 2010 werden in Deutschland jedes Jahr mehr neue Motorräder in den Verkehr gebracht. Im vergangenen Jahr feierte die Branche mit 148.735 Neuzulassungen einen neuen Spitzenwert. Rekordverdächtig ist mit über vier Millionen Fahrzeugen auch die Anzahl der motorisierten Zweiräder, die zum Stichtag 1. Januar 2016 in Deutschland angemeldet waren. Auffällig ist dabei die Vorliebe von Motorradkäufern für leistungsstarke Maschinen. 29 Prozent der 2014 neu zugelassenen Motorräder hatten mehr als 1.000 Kubikzentimeter, 27 Prozent verfügten über mehr als 110 PS.
Gleichzeitig werden Motorräder immer älter. Lag noch 1997 das durchschnittliche Alter eines motorisierten Zweirads bei 8,9 Jahren, hat es sich rund 20 Jahre später mit einem Mittelwert von 17 Jahren nahezu verdoppelt. Während der Bestand an Maschinen über 1.250 Kubik mit 12,2 Jahren noch als relativ jung gelten kann, kommen die Fahrzeuge zwischen 126 und 499 ccm auf 26 Jahre - erreichen also fast schon die Grenze zum Oldtimer. Diese Entwicklung schlägt sich auch auf den Gebrauchtmarkt nieder: Im Schnitt war jedes gebraucht zugelassene Motorrad 13,8 Jahre alt. Dennoch kann Motorrädern ein außergewöhnlich guter Pflegezustand attestiert werden: Bei den 2014 durchgeführten Hauptuntersuchungen fielen nur 14,3 Prozent der motorisierten Zweiräder mit Mängeln auf (Pkw: 37,9 Prozent) auf. Ein Bestwert im Vergleich zu anderen Fahrzeugarten.
Auch "alte Hasen" unter den Motorradfahrern verunglücken häufig
Älter werden jedoch nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch deren Fahrer. 22 Prozent aller neu zugelassenen Motorräder wurden von Personen im Alter zwischen 45 und 49 Jahren zugelassen, weitere knapp 21 Prozent sind auf die Altersklasse zwischen 50 und 54 Jahren registriert. Die Zahl tödlich verletzter Motorradfahrer ist 2015 um 8,9 Prozent auf 639 angestiegen. Der offiziellen Unfallstatistik zufolge waren 22 Prozent der verunglückten Motorradfahrer im Jahr 2015 zwischen 45 bis 55 Jahre alt, weitere 21 Prozent waren älter. Weit über die Hälfte der Verunfallten verfügte seit mehr als 20 Jahren über eine Fahrerlaubnis für Motorräder.
Durchschnittliche Fahrleistung sinkt
Obwohl immer mehr Motorräder zugelassen sind, werden sie weniger häufig gefahren. Zwischen 2000 und 2013 sank die durchschnittliche Fahrleistung von rund 3.900 auf etwa 2.330 Kilometer pro Jahr. Aus Sicht des ACE ist es deshalb umso wichtiger, nicht auf zurückliegende Erfahrungen zu vertrauen, sondern sich regelmäßig für die Beherrschung des Motorrads fit zu halten. Der ACE schlägt hierzu die regelmäßige Teilnahme an Sicherheitstrainings nach DVR-Standard vor, bei denen das richtige Verhalten in Gefahrensituationen erlernt werden kann.
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