Serviceseiten für Schleichwerbung anfällig / Erneut rügt Presserat drei Zeitschriften
(Bonn) - Am 11., 12. und 13. März 2008 tagten die beiden Beschwerdeausschüsse des Deutschen Presserats sowie der Beschwerdeausschuss zum Redaktionsdatenschutz in Bonn.
Trennungsgebot
Gerügt wurde die Zeitschrift FÜR SIE wegen eines Verstoßes gegen den in Ziffer 7 Pressekodex definierten Grundsatz der klaren Trennung von Werbung und Redaktion. Die Zeitschrift hatte 2006 unter ihren Lesern 1000 Raumsprays einer Marke verlost. In einem Artikel in der Ausgabe 10/2007 wurden dann die Beurteilungen von vier Leserinnen veröffentlicht. Diese waren alle sehr positiv und bedienten sich Superlativen wie z. B. tolle, frische, leichte Duftwelt und persönliche Wellnessoase. Der Beschwerdeausschuss erkannte hier Schleichwerbung durch die Art der Darstellung und die Hervorhebung eines einzelnen Produktes aus einer Palette ähnlicher Erzeugnisse.
Ziffer 7 Trennung von Werbung und Redaktion
Die Verantwortung der Presse gegenüber der Öffentlichkeit gebietet, dass redaktionelle Veröffentlichungen nicht durch private oder geschäftliche Interessen Dritter oder durch persönliche wirtschaftliche Interessen der Journalistinnen und Journalisten beeinflusst werden. Verleger und Redakteure wehren derartige Versuche ab und achten auf eine klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken. Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.
Ebenfalls wegen Schleichwerbung gerügt wurde die Zeitschrift GONG. Sie hatte in acht Beiträgen über diverse medizinische Themen berichtet und dabei jeweils ein bestimmtes Präparat genannt. Diese Produktnennungen beurteilte der Beschwerdeausschuss als Schleichwerbung, da die Präparate keine Alleinstellungsmerkmale aufwiesen, die ihre Hervorhebung rechtfertigen würden.
Richtlinie 7.2 - Schleichwerbung
Redaktionelle Veröffentlichungen, die auf Unternehmen, ihre Erzeugnisse, Leistungen oder Veranstaltungen hinweisen, dürfen nicht die Grenze zur Schleichwerbung überschreiten. Eine Überschreitung liegt insbesondere nahe, wenn die Veröffentlichung über ein begründetes öffentliches Interesse oder das Informationsinteresse der Leser hinausgeht oder von dritter Seite bezahlt bzw. durch geldwerte Vorteile belohnt wird.
Die Glaubwürdigkeit der Presse als Informationsquelle gebietet besondere Sorgfalt beim Umgang mit PR-Material.
Die Zeitschrift IN erhielt eine Rüge aufgrund eines Artikels über eine Soap-Darstellerin, die die Redaktion auf einer Shopping-Tour begleitet hatte. In diesem Zusammenhang wurden an zwei Stellen die Vorzüge des Handytarifs eines Anbieters genannt, mit dem die Schauspielerin telefoniert. Für die Vorstellung dieses Tarifes sah der Beschwerdeausschuss keinen Anlass. Die positive Darstellung stellt Schleichwerbung dar.
Sorgfaltspflicht
Eine nicht-öffentliche Rüge erhielt die MARBURGER NEUE ZEITUNG. Sie hatte in einer Collage Schlagzeilen aus den vergangenen zehn Jahren veröffentlicht. Darunter waren auch zwei Schlagzeilen über den Verdacht gegen ein Behindertenheim, dort betreute Kinder misshandelt zu haben. Dabei soll auch ein Betreuter zu Tode gekommen sein. Staatsanwaltliche Ermittlungen dazu wurden später eingestellt. Zu einem Strafverfahren kam es nicht. Darüber hatte auch die Zeitung seinerzeit berichtet. In der Rückschau wird die für das Heim entlastende Information jedoch nicht erwähnt. Dies wertete der Beschwerdeausschuss als einen groben Sorgfaltsverstoß nach Ziffer 2 des Pressekodex. Die soziale Einrichtung wird hierdurch erneut mit den damaligen Vorwürfen in Zusammenhang gebracht. Damit wird das Vertrauen der Bewohner und Angehörigen in die Einrichtung belastet.
Ziffer 2 Sorgfalt
Recherche ist unverzichtbares Instrument journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen. [
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Statistik
Insgesamt wurden in den drei Beschwerdeausschüssen 88 Beschwerden behandelt. Dabei wurden neben den vier Rügen 13 Missbilligungen und 19 Hinweise ausgesprochen. In 32 Fällen wurden die Beschwerden als unbegründet erachtet. Fünf Fälle waren begründet, auf eine Maßnahme wurde jedoch verzichtet, da die Redaktion ihren Fehler jeweils selbst berichtigt hatte. In einigen Fällen gab es mehrere Beschwerdeführer gegen gleiche Veröffentlichungen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Presserat
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