Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Senkung des Spitzensteuersatzes auf 25 Prozent nicht durch Ausweitung der Bemessungsgrundlage zu finanzieren

(Berlin) - Der aktuelle Wochenbericht des DIW Berlin 36/2005 zeigt, dass die Abschaffung der wesentlichen Steuervergünstigungen und Abzugsbeträge nicht ausreicht, eine durchgreifende Senkung des Spitzensteuersatzes auf 25 Prozent auszugleichen. Der Bericht zeigt ferner, dass die Bedeutung der Steuervereinfachung in der öffentlichen Diskussion überschätzt wird. Ein deutlich vereinfachtes Steuersystem ist nicht notwendigerweise effizient und auch nicht gerecht.

Der Wochenbericht des DIW Berlin schätzt, dass die Bemessungsgrundlage durch Abschaffung von Steuervergünstigungen und Abzugsbeträgen um knapp 12 Prozent verbreitert werden kann. Unter Einbeziehung einer stärkeren Erfassung der Unternehmensgewinne wären es knapp 14,5 Prozent. Entsprechende Steuertarifsenkungen könnten damit finanziert werden. Bei den Hochverdienern in den obersten Einkommensklassen sind diese potentiellen Finanzierungsvolumina aber nicht ausreichend, um durchgreifende Senkungen des Spitzensteuersatzes auf 25 Prozent auszugleichen. Dies würde zu erheblichen Steuerausfällen und der ungleicheren Einkommensverteilung führen.

Auf die 10 Prozent Steuerpflichtigen mit den höchsten Einkommen in Deutschland entfallen über 51 Prozent des Steueraufkommens, auf die 1 Prozent Einkommensreichsten gut 20 Prozent und auf die 0,1 Prozent der Steuerpflichtigen ganz an der Spitze - das sind 29.000 Steuerpflichtige - noch 8,3 Prozent des Aufkommens. In Relation zum Bruttoeinkommen ergibt sich ein deutlich progressiver Belastungsverlauf, d. h. die effektiven Steuerbelastungen steigen mit zunehmendem Einkommen. Anders als in vielen Debatten mitunter behauptet wird, zahlen die "Reichen" in erheblichem Umfang Einkommensteuer und leisten zur Finanzierung staatlicher Aufgaben einen hohen Beitrag.

Die Analyse des DIW Berlin zeigt, dass die effektiven Durchschnittsbelastungen bezogen auf das Bruttoeinkommen deutlich geringer sind als die Steuersätze. Im Durchschnitt beträgt der effektive Einkommenssteuersatz, also der Steuersatz, den die Haushalte bezogen auf ihr Bruttoeinkommen tatsächlich zahlen, nur 15 Prozent. Bei den reichsten 30.000 Hauhalten beträgt er im Schnitt gerade mal 30 Prozent.

Größere "Selbstfinanzierungseffekte" durch steigende Beschäftigung und stärkeres Wachstum sind auch von den radikalen Steuerreformkonzepten mittelfristig nicht zu erwarten. Die vom DIW Berlin geschätzten Arbeitsangebotswirkungen sind zwar spürbar, fallen aber in Relation zu den erheblichen Steuerausfällen gering aus. Deutliche Veränderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen können sich zudem kurz- bis mittelfristig eher negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken, soweit sie mit teilweisen Entwertungen von Investitionen (z. B. bei Immobilien) und sonstigen Anpassungskosten verbunden sind oder die Abschaffung von Steuervergünstigungen und Subventionen einzelne Branchen trifft.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5, 14195 Berlin Telefon: 030/89789-0, Telefax: 030/89789-200

NEWS TEILEN: