Pressemitteilung | Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA)

Seltene Erkrankungen im Visier der Sparpolitik

(Berlin) - Der Entwurf des GKV-Finanzierungsgesetzes sieht vor, die seit mehr als zehn Jahren geltenden Rahmenbedingungen für den Marktzugang von Medikamenten durch das AMNOG-Verfahren tiefgreifend zu verändern. Damit würde dieses Verfahren für viele Orphan Drugs - also Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen - plötzlich zu einer unüberwindbaren Hürde. Denn die Standard-Methodik der Arzneimittelnutzenbewertung im AMNOG-Verfahren ist auf große Patient:innengruppen ausgelegt, die es bei seltenen Erkrankungen nicht gibt. So liefen bei einem Absenken der Umsatzschwelle, ab der Orphan Drugs diese Standardbewertung durchlaufen müssen, auf 20 Millionen Euro viele Orphan Drugs Gefahr, ohne Anerkennung ihres Zusatznutzens zu bleiben, und damit ohne Grundlage für faire Preisverhandlungen. Auch weitere vorgesehene Veränderungen im AMNOG-Verfahren werden Orphan Drugs massiv treffen.

Das sieht vfa-Präsident Han Steutel als falschen Weg an: "Bei den Orphan Drugs wirken die geplanten Änderungen im AMNOG-Verfahren kumulativ und werden zu Lasten der Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen gehen. Das hieße Sparen auf Kosten von Menschen, die ohnehin in der medizinischen Versorgung benachteiligt sind. Es wäre auch das falsche Signal an die Pharma- und Biotechunternehmen. Denn gerade jetzt werden für viele seltene Krankheiten wesentlich bessere Behandlungen entwickelt, unter anderem durch die Möglichkeiten der Gen- und Zelltherapie. Deutschland sollte sich daher besser darauf konzentrieren, diesen Fortschritt den Betroffenen zugänglich zu machen."

Zusammen mit der Boston Consulting Group hat vfa bio, die Interessengruppe für Biotechnologie im vfa, dafür Empfehlungen ausgearbeitet. Zu diesen zählen beispielsweise:

 Anpassung der Methodik der Nutzenbewertung für Medikamente an die Besonderheiten der seltenen Erkrankungen, insbesondere die geringe Zahl von Patient:innen
 Förderung von Registern mit Behandlungsdaten von Patient:innen mit seltenen Erkrankungen und Nutzung von Versorgungsdaten
 Förderung digitaler Lösungen zur Beschleunigung der Diagnosestellung, sodass Patient:innen schneller eine wirksame Therapie erhalten
 Zügiger Ausbau der Versorgung Deutschlands mit zertifizierten medizinischen Zentren für seltene Erkrankungen

Die Empfehlungen sind erläutert im kürzlich erschienenen Report "Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2022" von der Boston Consulting Group und vfa bio. Dort finden sich auch Beispiele für Projekte zur Entwicklung neuer biopharmazeutischer Medikamente gegen seltene Erkrankungen unterschiedlicher Art (schon heute sind rund 30 Prozent der Orphan Drugs Biopharmazeutika). Zudem geht der Report auf die wirtschaftliche Lage des Branchensegments in Deutschland ein. Er kann unter www.vfa-bio.de/publikationen als pdf heruntergeladen oder kostenfrei bestellt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) Dr. Rolf Hömke, Wirtschaftspresse Hausvogteiplatz 13, 10117 Berlin Telefon: (030) 206040, Fax: (030) 20604222

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