Pressemitteilung | Philologen-Verband Nordrhein-Westfalen

Schulministerin attackiert Gymnasien / Unverschämte pauschale Unterstellungen belasten die Zusammenarbeit

(Düsseldorf) - So schnell hat sich noch keine Schulministerin mit den mehr als 40.000 Lehrerinnen und Lehrern an nordrhein-westfälischen Gymnasien angelegt.

In einem Interview der Rheinischen Post vom 21. Juli 2010 fordert sie die Gymnasien auf "die Verantwortung für jedes aufgenommene Kind (zu) übernehmen". Die Gymnasien ruhten sich "auf ihren Lorbeeren" aus, arbeiteten "noch mit dem Instrument des Sitzenbleibens und gäben "zu viele Kinder durch Abschulen an andere Schulformen" ab. Bereits mehrfach hatte Schulministerin Sylvia Löhrmann den Gymnasien unterstellt, sich von ihrer "sozialen Verantwortung" abzukoppeln.

"Dieses Pauschalurteil ist ein plumpes, populistisches Vorurteil! Gerade die Gymnasien in Deutschland haben ihre Schülerzahl in den letzten Jahrzehnten verachtfacht. Ihre sozialintegrative Arbeit und ihre hohe fachwissenschaftliche Kompetenz wird von allen Bildungsforschern anerkannt. Die Gymnasien sind, wie der Hamburger Volksentscheid deutlich dokumentiert, in der Bevölkerung angesehen und beliebt. Allein in Nordrhein-Westfalen sind die Gymnasien mit ca. 600.000 Schülerinnen und Schülern die nachgefragteste Schulform unter den weiterführenden Schulen"., so Peter Silbernagel, Vorsitzender des Philologen-Verbandes.

"Wenn die Ministerin ohne jede Not sich nun fünf Tage nach Amtsübernahme mit den Gymnasien anlegt, dann muss die Nervosität wegen des Volksentscheids in Hamburg auch in NRW extrem groß sein. Das ist nachvollziehbar, da zwar der Weg in NRW hin zu längerem gemeinsamen Lernen strategisch anders angelegt ist, letztlich die Zielvorgabe aber deckungsgleich ist mit der geplanten Schulreform in Hamburg. Der Philologen-Verband bedauert sehr, dass mit den Pauschalunterstellungen noch vor Beginn der immer wieder beschworenen Konsenssuche die Tür zum Dialog von Seiten der neuen Schulministerin zugeschlagen wurde".

Die im Interview kritisierte Nachhilfe für Schülerinnen und Schüler ist kein Phänomen des Gymnasiums, sondern betrifft alle Schulformen. Die Ministerin sollte sich daher dazu bekennen, nicht nur die aufgrund von Pensionierung freiwerdenden Lehrerstellen in NRW wieder zu besetzen, sondern endlich zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, damit die pädagogischen Rahmenbedingungen eine spürbare Verbesserung erfahren.

Zudem beklagt die Ministerin die Sitzenbleiberquote an den Gymnasien, obgleich diese mit 1,6 Prozent (inkl. SEK II) die niedrigste im Vergleich zu allen weiterführenden Schulen ist (vgl. Gesamtschule: 1,9 Prozent!). Die den Gymnasien immer wieder unterstellte "Abschulungsmentalität" ist in der Schulwirklichkeit nicht gegeben (im Schuljahr 2009/10 wechselten vom Gymnasium zur Hauptschule 0,07 Prozent, zur Realschule 1,34 Prozent und zur Gesamtschule 0,21 Prozent der Schülerinnen und Schüler).

"Unsere Kolleginnen und Kollegen an Gymnasien sind entsetzt darüber, dass die neue Schulministerin unverhohlen zum Angriff auf die Gymnasien bläst. Das wird die Stimmung in den Schulen nach den Sommerferien außerordentlich belasten", so Peter Silbernagel.

Quelle und Kontaktadresse:
Philologen-Verband Nordrhein-Westfalen Pressestelle Graf-Adolf-Str. 84, 40210 Düsseldorf Telefon: (0211) 177440, Telefax: (0211) 161973

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