Schulleiterinnen und -leiter zeigen die Rote Karte / BLLV-Präsident Wenzel und Fachgruppenleiterin Runkel fordern beim Schulleitertag mehr Leitungszeit / Resolution macht auf desolate Situation aufmerksam
(Nürnberg) - Die Arbeitsbedingungen der rund 5500 Schulleiterinnen und -leiter an Bayerns Schulen sind miserabel. Eine ganze Berufsgruppe bewegt sich ständig in dem Konfliktfeld zwischen Anspruch und Wirklichkeit, Vision und Desillusion. Schulleiter/innen wollen ihre Aufgaben so gut wie möglich erfüllen, stellen aber fest, dass sie scheitern müssen, weil die Zeit für die Fülle der Aufgaben nicht reicht.
Das kann nicht mehr lange gut gehen, erklärte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, anlässlich des Bayerischen Schulleitertages am Samstag (12. Juli 2008) in Nürnberg. Sie wollen endlich ihre Forderungen nach mehr Leitungszeit, anspruchsvoller finanzieller Anerkennung und entsprechender Aus- und Fortbildung erfüllt sehen. Vor allem aber muss die ausufernde Bürokratisierung gestoppt werden. Einerseits spricht die Politik dauernd davon, Schulen mehr Autonomie zu geben, andererseits jagt ein kultusministerielles Schreiben das andere. Die Leiterin der BLLV-Fachgruppe Schulleitung, Ingrid Runkel, kündigte an, auf dem Schulleitertag eine Resolution verabschieden zu wollen, die auf die desolate Situation bayerischer Schulleitung aufmerksam machen soll. Wir werden nicht länger schweigen. Wenzel und Runkel wiesen darauf hin, dass es bereits massive Nachwuchsprobleme gibt: Dringend erforderliche schul- und bildungspolitische Maßnahmen laufen somit ins Leere, denn ohne Schulleitung sind sämtliche Schulreformen zum Scheitern verurteilt.
Die eingeforderten neuen Führungsaufgaben sind unter den bestehenden Arbeitsbedingungen nicht zu leisten, erklärte Runkel. Schulleiterinnen und -leiter führen Schulen innovativ und gestalten das Schulleben attraktiv. Sie sind perfekte Manager eines mittelgroßen Betriebes, in dem sie für Personalführung, Marketing, Qualitätssicherung, Controlling und Effizienzsteigerung zuständig sind. Daneben sind sie überzeugte Pädagogen. Trotzdem sind die Arbeitsbedingungen denkbar schlecht: So verfügen Schulleiterinnen und -leiter an Grund- und Hauptschulen über nicht annähernd ausreichend Leitungszeit.
Runkel bezeichnete es als unerträglich, dass Schulreformen ohne Analyse der personellen und finanziellen Auswirkungen und Mehrkosten beschlossen werden. Jedes Unternehmen hätte bei einer solchen Unternehmenspolitik längst Konkurs angemeldet. Wir mutieren zum Manager mit Beurteilungsfunktion ohne die notwendigen Ressourcen. Die Fachgruppenleiterin verwies darauf, dass die Anforderungen an Schulleiterinnen und -leiter in der Grundschule aufgrund des stark gestiegenen Übertrittsdrucks und der hohen Erwartungen der Eltern erheblich gestiegen sind. In der Hauptschule erfordert die komplexe und schwierige Hauptschulreform enorme Zusatzleistungen. Dazu kommt eine absurde Bürokratisierung, klagte sie. Das alles wird von der Schulpolitik nicht berücksichtigt.
Viele Schulleiterinnen und -leiter sind verbittert und enttäuscht über die mangelnde Unterstützung seitens der Politik, kritisierte Wenzel.
Die Folge ist, dass sich kaum noch Nachwuchskräfte finden und viele Schulen bald Probleme haben werden, entsprechende Führungskräfte zu finden. Wer lässt sich schon gerne ausbeuten. Besonders hart trifft es Leiter/innen sogenannter Brennpunktschulen. Wenzel: Sie sind verantwortlich für mehrere hundert Schüler/innen und sehen sich oftmals extremen Belastungen ausgesetzt. Auch hier ist das Kernproblem die mangelnde Leitungszeit: Die Schulleiterinnen und -leiter sind regelmäßig mit sozialen Problemen konfrontiert, sie intervenieren in Konfliktfälle und bemühen sich, Eskalationen zu vermeiden. Zusätzlich abzuleistender Unterricht ist kaum noch zu erbringen. Schulleiter/innen sind daher gezwungen, täglich an die Grenze ihrer persönlichen Belastbarkeit zu gehen. Umgekehrt verfügen Schulleiter/innen kleinerer Schulen nicht einmal über eine Verwaltungskraft, die ihnen Büroaufgaben abnimmt.
Der BLLV-Präsident forderte erneut, die Kompetenzen von Schulleiterinnen und -leitern zu stärken. Schulleiter/innen brauchen darüber hinaus ein eigenständiges Berufsbild und Qualifikationsprofil, spezifische Aus- und Fortbildungen, eine Senkung des Unterrichtsdeputats sowie deutlich bessere Gestaltungsbedingungen.
Die Resolution finden Sie auf der Homepage des BLLV unter: www.bllv.de.
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. im VBE (BLLV)
Andrea Schwarz, Pressereferentin
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