Pressemitteilung | Deutscher Hochschulverband (DHV)

Schiedermair: „Quittung für eine gegen die Universitätsprofessoren gerichtete Politik“

(Bonn) - Der wachsende Unmut der deutschen Professoren gegen die von der Bundesregierung geplante Dienstrechtsreform für Hochschullehrer hat neue Formen angenommen. In einer vierseitigen Anzeige, die in der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ erschienen ist, bekunden über 3.700 Hochschullehrer öffentlich ihren Protest gegen die Pläne von Bundesbildungsministerin Bulmahn. Unter der Überschrift „Schützt die Universitäten vor der Abwanderung ihrer Spitzenkräfte" fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler die Bundesregierung auf, die beabsichtigte Dienstrechtsreform in ihrer vorliegenden Form zurückzuziehen.

„Dies ist in der hochschulpolitischen Geschichte Deutschlands ein einmaliger Vorgang. Nie zuvor haben sich innerhalb von fünf Wochen so viele Hochschullehrer zu einem gemeinsa-men Protest zusammengefunden“, erklärte der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, der Kölner Völkerrechtler Hartmut Schiedermair. Der Deutsche Hochschulverband hatte die Protestaktion organisiert.

„Die Tatsache, daß sich eine überwältigende Zahl von Hochschullehrern öffentlich gegen Frau Bulmahns Pläne bekennt, ist in ihrer Aussage eindeutig“, kommentierte Schiedermair die Aktion: „Die Professoren in unserem Land sind nicht länger bereit, stillschweigend zuzusehen, wie die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der deutschen Universitäten von der Politik unter wohlfeilen Parolen leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Die Professoren haben sich an die Öffentlichkeit gewandt - aus Sorge um die Zukunft der deutschen Universität und des wissenschaftlichen Nachwuchses.“

„Frau Ministerin Bulmahn erhält jetzt die Quittung dafür, daß sie über die Köpfe der Betroffenen hinweg gehandelt hat und den Hochschullehrern eine unsinnige Reform aufzwingen will. Gegen den nahezu einhelligen Widerstand der Betroffenen kann aber keine Reform wirklich gelingen. Es ist daher höchste Zeit, daß die Hochschullehrer mit ihren Vorschlägen gehört werden. Wenn das nicht geschieht, werden wir in fünf Wochen die Aktion mit weiteren Unterzeichnern als Protest wiederholen.“ Die Flut der Unterschriften reiße nicht ab.

Schiedermair wies darauf hin, daß der Deutsche Hochschulverband als Berufsvertretung der Universitätsprofessoren und des wissenschaftlichen Nachwuchses zwar mit der Bundesregierung in der Zielsetzung einer Reform für die Hochschulen weitgehend einig sei. Die Univer-sitäten müßten international wettbewerbsfähig sein und in die Lage versetzt werden, die besten Köpfe für akademische Forschung und Lehre zu gewinnen und dauerhaft zu binden. Diesem Ziel habe sich auch das Dienst- und Besoldungsrecht unterzuordnen. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs müßten daher attraktive berufliche Perspektiven geboten werden; er müsse darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, früher als bisher eigenverantwortlich zu forschen und zu lehren. „Die Vorschläge der Bundesregierung“, betonte Schiedermair, „sind aber nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen. Sie werden die Universitäten nicht stärken, sondern schwächen. Dies betrifft sowohl die geplante neue Besoldungsstruktur als auch die geplante flächendeckende Einführung von Juniorprofessuren zu Lasten der bestehenden Assistentenstellen.“

Eine Vergütung von 6.500 DM für eine Juniorprofessur sei völlig unattraktiv: „Der exzellente wissenschaftliche Nachwuchs wird mit einem solchen Angebot angesichts doppelt so hoher Verdienstmöglichkeiten außerhalb der Hochschulen nicht für die Universität zu gewinnen sein. Ein Gehalt in dieser Höhe ist auch angesichts des überdurchschnittlich schwierigen und langwierigen Qualifikationsweges der jungen Hochschullehrer nicht angemessen. Es ist unverständlich, wie die deutschen Universitäten mit diesem Angebot im globalen Wettbe-werb um die besten Köpfe bestehen sollen,“ erklärte Schiedermair.

Schiedermair unterstrich, daß die Pläne der Bundesregierung nicht allein vom Deutschen Hochschulverband Kritik erfahren hätten. Vielmehr hätten sich eine Vielzahl von Fakultätentagen, der Allgemeine Fakultätentag, mehrere Fachgesellschaften, der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, Vergütungsexperten der Unternehmensberatung Kienbaum und zuletzt - im Hinblick auf die von der Politik geforderte Kostenneutralität der Dienstrechtsreform - auch die Hochschulrektorenkonferenz kritisch geäußert. An einigen Hochschulstandorten hätten sich auch Protestinitiativen des wissenschaftlichen Nachwuchses gegen die Umgestaltungspläne gebildet.

Der Deutsche Hochschulverband ist die bundesweite Berufsvertretung der deutschen Universitätsprofessoren und des wissenschaftlichen Nachwuchses mit zur Zeit über 18.000 Mitgliedern.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Hochschulverband (DHV) Rheinallee 18 53173 Bonn Telefon: 0228/364002 Telefax: 0228/353403

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