Russland / Nichtregierungsorganisationen / Neues Gesetz bedroht Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft
(Berlin) - Das geplante Gesetz zur Kontrolle von in- und ausländischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bedroht die Unabhängigkeit zivilgesellschaftlicher Organisationen in Russland. Darauf hat amnesty international (ai) anlässlich der bevorstehenden Verabschiedung des Gesetzes durch das russische Parlament hingewiesen. Der Gesetzentwurf markiert eine weitere Etappe auf dem Weg zu einer von oben gelenkten Gesellschaft, sagte Peter Franck, Russland-Experte der deutschen ai-Sektion. Der Gesetzentwurf sieht vor, die Arbeit und die Finanzierung von NGOs künftig stärker zu kontrollieren. Er war am 23. November 2005 vom russischen Parlament in erster Lesung mit breiter Mehrheit verabschiedet worden und soll am 9. Dezember 2005 in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden.
Geplant sind eine Reihe von schwerwiegenden Einschränkungen. NGOs müssten sich neu registrieren lassen. Die Registrierung kann ihnen nach dem Entwurf unter vagen Voraussetzungen verweigert werden, etwa wenn Handlungen ihrer Gründers im Widerspruch zu Gesetzen stehen. Behördenvertreter hätten das Recht, alle Versammlungen von NGOs zu besuchen. Selbst informelle NGO-Koalitionen wären anmeldepflichtig.
Es ist auch zu befürchten, dass Zweigstellen ausländischer politischer Stiftungen ihre Arbeit nur fortsetzen können, wenn sie sich als gesellschaftliche Organisationen russischen Rechts gründen und registrieren lassen. Außerdem müssten auch ausländischen NGOs mit Sitz in Russland auf Aufforderung der Behörden Rechenschaft über ihre Tätigkeit und Finanzierung ablegen. Damit entspricht das Gesetz der Linie von Präsident Putin, so Franck. Der russische Präsident hat sich wiederholt kritisch über vom Ausland finanzierte NGOs geäußert, die angeblich nicht den Interessen des Landes dienten.
Die neue Bundesregierung muss ihren russischen Partnern bilateral wie im Rahmen der EU unmissverständlich klarmachen, dass Russland die unabhängige Arbeit von Nichtregierungsorganisationen wie Memorial und den Soldatenmüttern braucht, um sich zu einem demokratischen und der Einhaltung der Menschenrechte verpflichteten Staat zu entwickeln, sagte Franck.
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