Pressemitteilung | k.A.

Rückzahlung der Provision bei Kaufvertragsanfechtung

(Hannover) - In Abänderung einer vorausgegangenen Entscheidung des Landgerichts Ulm wurde dem Verkäufer eines hochwertigen Einfamilienwohnhauses die zunächst an den Makler bezahlte Provision von Euro 45.220,00 zur Rückerstattung zuerkannt.

Der Makler hatte dem Verkäufer zwei Kaufinteressenten aus Berlin vermittelt. Der Kaufpreis belief sich auf Euro 1.900.000,00. Die Käufer ließen sich im Kaufvertrag keine Rangvormerkung für eine Grundschuldbestellung zur Kaufpreisfinanzierung eintragen, da dies nicht nötig sei.

Im Anschluss an den Kaufvertrag bezahlte der Verkäufer dem Makler die Provision. Der Verkäufer überließ den Käufern den Besitz am Grundstück zu dem vertraglich vereinbarten Termin, obwohl die Käufer ihrer Zahlungspflicht bis dahin nicht nachgekommen waren.

Nach einigen Schutzbehauptungen über Verzögerung der Transferierung angeblich vorhandener Barmittel aus dem Ausland trugen die Käufer dann eine Reihe von größtenteils vorgeschobenen Mängeln vor, worauf der Verkäufer nach Nachfristsetzung durch Schreiben seiner Anwälte den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären ließ, nachdem keinerlei Zahlung erfolgte.

Die Käufer zogen dann nach knapp zweimonatiger Nutzung wieder aus dem Objekt aus. Einer der Käufer ist mittlerweile insolvent, gegen die beiden Käufer läuft ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen Betrugs.

Es stellte sich heraus, dass beide Käufer mehr oder weniger mittellos waren, den Kauf aber in der aufgrund der Prophezeiung einer Wahrsagerin begründeten Aussicht auf einen Lottogewinn in Millionenhöhe abgeschlossen hatten.

Das Landgericht Ulm hatte die auf Rückzahlung der Provision gerichtete Klage der Verkäuferin gegen den Beklagten mit zwei Argumenten abgewiesen: Zum einen sei ein arglistiges Verhalten der Käufer angesichts ihrer Hoffnung auf einen Vermögenszuwachs durch Lottogewinn nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Zum anderen habe aber das Rücktrittsschreiben des Anwalts der Verkäuferseite keinen Hinweis auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder auch nur den Vorwurf einer Täuschungshandlung enthalten.

Ganz anderer Meinung war hierzu das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart:
Es stellte zunächst den gedanklichen Fehler des Landgerichts richtig, in dem es das Verhalten der Käufer sehr wohl als Arglist beurteilte. Denn es gehöre zur Hinweispflicht des Käufers, den Verkäufer darüber aufzuklären, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sei, den vereinbarten Kaufpreis zu entrichten. Denn der Käufer sei sich zumindest der Situation bewusst, dass selbst bei eigener Hoffnung auf einen zufälligen Vermögenszuwachs in näherer Zukunft der Verkäufer einer Immobilie nicht zu einem Vertragsabschluss bereit sei, wenn die einzige Finanzierungschance auf Käuferseite aus einem Lottogewinn mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:140 Mio. bestehe. Dass sich auch die Käufer hierüber bewusst gewesen waren, schloss das OLG aus dem Verhalten unmittelbar nach dem Fälligkeitstermin, als die Beklagten noch Ausflüchte für die nicht fristgerechte Zahlung des Kaufpreises bzw. ungerechtfertigte Mängelrügen vortrugen.

Die weitere Argumentation des Landgerichts Ulm widerlegt das genannte Urteil in Anlehnung an die bereits bestehende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Besteht nämlich wegen des selben vom Verkäufer arglistig verschwiegenen Mangels neben den kaufrechtlichen Gewährleistungsvorschriften ein Anfechtungsrecht und realisiert der Vollzug der Wandelung daher zugleich das aus der selben Fehlerquelle stammende alternative Recht, den Kaufvertrag durch Anfechtung "ex tunc" zu beseitigen, so entfällt der Provisionsanspruch des Maklers (so der Bundesgerichtshof in NJW 2005, 3778).

Es ist auch nicht erforderlich, dass die das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung begründenden Umstände in der Erklärung über die Geltendmachung des Gewährleistungs- oder des Rücktrittrechts ausdrücklich angeführt sind.

Es reicht vielmehr aus, dass das Anfechtungsrecht alternativ zum tatsächlich geltend gemachten Recht besteht und aus derselben Fehlerquelle stammt.

Nicht gelten lassen hat das OLG Stuttgart, wie der Vorstandsvorsitzende des IVD Nord-West Michael Bruns weiter berichtet, den Einwand des Maklers, er habe den Verkäufer darauf hingewiesen, er solle sich hinsichtlich der Kaufabwicklung fachkundiger Beratung bedienen, und sich insbesondere über die Finanzierung des Kaufpreises seitens der Kaufinteressenten informieren.

Unstreitig hatte der Verkäufer eine solche Überprüfung nicht vorgenommen.

Das OLG Stuttgart hat aber diese Argumentation des Maklers als nicht erheblich für den Wegfall des Provisionsanspruches angesehen mit der Begründung, dass dann, wenn der Verkäufer wie vom beklagten Makler gefordert die Bonität der Käufer vor Abschluss des Kaufvertrags eingehend geprüft hätte, dieser zum Ergebnis gekommen wäre, dass die Realisierung des Kaufpreisanspruches nicht nur gefährdet, sondern nahezu ausgeschlossen wäre und bei einer solchen Erkenntnis vom Abschluss des Kaufvertrags überhaupt abgesehen hätte, mit der Konsequenz, dass ein Provisionsanspruch des Maklers dann erst recht nicht entstanden wäre.

Außerdem diene die Überprüfung der Fähigkeit eines Käufers, den vertraglich geschuldeten Kaufpreis aufbringen zu können, ausschließlich dem Interesse des Verkäufers, sie diene nicht dem Zweck, den Provisionsanspruch des Maklers zu erhalten. Auch wenn das Maklerrecht dem Makler keine Verpflichtung zur Bonitätsprüfung eines Kaufinteressenten auferlegt, wenn er diese Verpflichtung nicht ausschließlich übernommen hat, gibt die Entscheidung des Stuttgarter Oberlandesgerichts zu denken: IVD Nord-West-Vorstandsvorsitzender Michael Bruns rät daher, auch ohne eine diesbezügliche Verpflichtung des Maklers, generell über die allgemein zugänglichen Quellen Auskünfte über die wirtschaftliche Situation von Kauf- oder Mietinteressenten einzuholen und sich vor Abschluss eines Kaufvertrags eine schriftliche Finanzierungsbestätigung der jeweiligen Bank oder einen Eigenkapitalnachweis vorlegen zu lassen.

( Entscheidung des OLG Stuttgart, Beschluss vom 07.12.2011, Az. 3 U 135/11 )

Quelle und Kontaktadresse:
Immobilienverband Deutschland IVD Nord-West der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V. Ralph Marschner, Geschäftsführer Emmichplatz 3, 30175 Hannover Telefon: (0511) 261848-0, Telefax: (0511) 261848-20

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