Pressemitteilung | Allianz Verpackung und Umwelt (AVU)

Roland Berger-Studie: Zwangspfand schwächt Mehrweg und erhöht Kosten

(Berlin) - Ein Zwangspfand auf nicht-wiederbefüllbare Getränkeflaschen und Dosen würde jedes Jahr zu volkswirtschaftlichen Belastungen von etwa 1,5 Milliarden Mark führen - fast dreimal so viel wie die bisher übliche Sammlung und Verwertung dieser Verpackungen. Gleichwohl würde das Zwangspfand voraussichtlich nicht dazu führen, dass die Verbraucher mehr Mehrwegflaschen kaufen, sondern im Gegenteil das Marktwachstum von Einweg beschleunigen. Dieses Fazit zog Roland Berger, geschäftsführender Partner des Beratungsunternehmens Roland Berger Strategy Consultants, das gemeinsam mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) und der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) eine umfassende Untersuchung der Folgen eines Zwangspfands durchgeführt hat.

In die Analyse einbezogen waren Handelsunternehmen, Getränkehersteller, Getränkefachgroßhändler, Anbieter von Rücknahmesystemen und Entsorger. Zur Abschätzung des künftigen Verbraucherverhaltens wurden zudem 2.500 Konsumenten durch die GfK vertieft befragt. Roland Berger: "Wir haben einen breit angelegten Untersuchungsrahmen gewählt und extrem vorsichtige Annahmen getroffen, um zu belastbaren Ergebnissen zu kommen."

Danach müssten bei einem Zwangspfand etwa 50.000 Einzelhandelsgeschäfte mit einem oder mehreren Rücknahmeautomaten für Getränkeverpackungen ausgestattet werden. Mindestens weitere 50.000 kleinere Verkaufsstellen - darunter Kioske, Tankstellen, Imbissrestaurants und Lebensmittel-fachgeschäfte – müssten Einwegverpackungen von Hand zurücknehmen und unbeschädigt zu zentralen Rücknahmezentren zurückliefern. Die Kosten für die
Anschaffung von Automaten und Behältern sowie für bauliche Maßnahmen und die Einrichtung des bundesweiten Clearing- und
Finanzierungssystems würden sich auf etwa 2,6 Milliarden Mark belaufen. Zusätzlich würden in den ersten Wochen der Pfandeinführung etwa 700 Millionen Mark Pfandgeld beim Verbraucher abgeschöpft, die - bei gleichbleibender Einwegmenge - auf Dauer gebunden blieben.

Wegen des im Verhältnis zum Warenwert hohen Pfandaufschlags von 50 Pfennig seien erhebliche Anstrengungen erforderlich, um das Zwangspfandsystem gegen Betrug und Trittbrettfahrerei zu schützen, wie etwa die Einlösung aus dem Ausland pfandfrei eingeführter Einwegverpackungen.

Deshalb müssten die für den deutschen Markt vorgesehenen Getränkeverpackungen künftig mit einer fälschungssicheren, automaten-lesbaren Kennzeichnung versehen werden. Beim Import kleinerer Getränkemengen aus dem Ausland seien dabei Behinderungen des freien Warenverkehrs kaum zu vermeiden.

Die Gutachter erwarten, dass sich nach der Einführung des Zwangspfands der Trend zu Einwegverpackungen beschleunigt fortsetzt. Bei Einführung eines Zwangspfands werde die Mehrwegquote bis 2005 voraussichtlich auf 61,2 Prozent sinken. Besonders für die größeren Handelsunternehmen wäre es betriebswirtschaftlich folgerichtig, verstärkt Einweg zu listen, um das aufwendige Rücknahmesystem besser auszulasten und durch Einschränkung des Mehrwegangebots Verkaufsfläche zu gewinnen. Auch die Erfahrungen aus Schweden zeigten, dass wegen der hohen Fixkosten des Systems die Erhöhung der Einwegmenge der Schlüssel zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wäre. Eine Verminderung des Einwegangebots sei dagegen allenfalls bei kleinen Handelsbetrieben zu erwarten, die die Markttrends aber nur unwesentlich beeinflussen könnten. Die Verbraucher würden sich nach Umstellung auf das Zwangspfand wie vorher an Produktpreis, bedarfsgerechtem Gebindeangebot und Marke orientieren. Einweg werde in diesen Bereichen seine kaufentscheidenden Stärken aus Verbrauchersicht weitgehend behalten.

Prof. Dr. Werner Delfmann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt (AGVU), erklärte: "Die Untersuchung hat wesentliche Grundlagen der Anforderungen und Wirkungen eines Zwangspfandsystems geklärt. Wir haben uns konstruktiv mit der geplanten Vorschrift auseinandergesetzt. Es hat sich erwiesen, dass selbst unter Annahme denkbar günstiger Rahmenbedingungen, die eine große Zahl faktischer Umsetzungsprobleme weitestgehend außer Betracht lässt, keine ökologische Lenkungswirkung und erhebliche Mehrkosten für Verbraucher und Wirtschaft zu erwarten wären. Die Beratung über eine Änderung der Verpackungsverordnung steht trotz der Absichtserklärung des Umwelt- und des Wirtschaftsministers erst am Anfang. Durch die Untersuchung liegen nun Fakten auf dem Tisch, die eine rationale politische Entscheidung ermöglichen."

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft Verpackung und Umwelt e.V. (AGVU) Bonner Talweg 64 53113 Bonn Telefon: 0228/949290 Telefax: 0228/949294

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