Pressemitteilung | Sozialverband VdK Deutschland e. V.

Resolution des Sozialverbandes VdK Deutschland, seiner Landes-, Kreis- und Ortsverbände / Forderungen zur Sozialpolitik

(Berlin) - Die Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich ist trotz der großen Wirtschaftskraft unseres Landes weiter vorangeschritten. Um eine soziale Balance zu schaffen, ist ein Kurswechsel in der Sozialpolitik dringend notwendig. Derzeit wird der Kurs für die Bundespolitik der nächsten 4 Jahre festgelegt. Wir appellieren an die zukünftigen Koalitionspartner, soziale Themen zu einem Schwerpunkt des neuen Koalitionsvertrags zu machen. Denn wir wissen, dass die soziale Sicherheit den Menschen in unserem Land ein großes Anliegen ist. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit unserer sozialen Sicherungssysteme darf nicht weiter schwinden. Das Motto "Soziale Spaltung stoppen!" des Sozialverbands VdK Deutschland ist daher ein klares Signal für einen Kurswechsel. Wir brauchen eine Politik, die Verteilungs- und Gerechtigkeitsfragen sowie offene Fragen zur Zukunft des Renten-, Pflege- und Gesundheitssystems zügig anpackt.

Der VdK ist mit über 1,8 Millionen Mitgliedern der größte Sozialverband in Deutschland und ein wichtiger Streiter für soziale Gerechtigkeit - sei es im Kampf gegen Altersarmut, gegen die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung, gegen die wachsende Einkommensungleichheit oder gegen eine unsolidarische Gesundheitspolitik.

Nachfolgende sozialpolitische Forderungen müssen aus unserer Sicht unbedingt in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden:

Die Rente muss zum Leben reichen!

Immer noch bremsen Kürzungsfaktoren und hohe Abschläge die Alterseinkommen spürbar aus. Es darf nicht sein, dass die Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher seit Jahren immer weiter abgehängt werden und damit viele Menschen im Alter in die Armutsfalle laufen. Deshalb fordern wir, dass die Talfahrt des Rentenniveaus endlich gestoppt und das Rentenniveau perspektivisch auf 50 Prozent angehoben wird. Um der großen Armutsgefährdung von Erwerbsminderungsrentnerinnen und Erwerbsminderungsrentner entgegenzuwirken, müssen die Rentenabschläge von 10,8 Prozent gestrichen werden - für Neu- und Bestandsrentner. Durch diese Maßnahmen werden Ausgaben für die Grundsicherung im Alter eingespart. Ein zentrales Anliegen muss die vollständige Angleichung der Mütterrenten sein. Gleichzeitig muss es für Leistungen der gesetzlichen Rente, wie beispielsweise die Mütterrente, einen Freibetrag bei der Grundsicherung von 200 Euro geben (wie bei der betrieblichen und privaten Altersvorsorge), damit diese Leistungen bei den Bedürftigen wirklich ankommen.

Außerdem brauchen wir eine neu ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik, damit alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihrer Arbeit und später von ihrer Rente leben können. Gute Arbeit und faire Löhne sorgen dafür, Altersarmut zu vermeiden.

Gesundheit muss für alle bezahlbar sein!

Von der zukünftigen Gesundheitspolitik erwarten wir eine zügige Entlastung der Versicherten. Konkret müssen die einseitigen Belastungen der Versicherten, insbesondere durch Zuzahlungen und Zusatzbeiträge, abgeschafft und die gesetzliche Krankenversicherung wieder paritätisch finanziert werden. Denn zurzeit werden alle Kostensteigerungen alleine von den Arbeitnehmern und Rentnern über den Zusatzbeitrag finanziert. Vor allem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen sowie Rentnerinnen und Rentner sind von den steigenden Gesundheitsausgaben betroffen. Gesundheit darf nicht zu einem Gut werden, das sich immer weniger Menschen leisten können. Es müssen wieder mehr Leistungen von den Krankenkassen finanziert und nicht von den finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen abhängig gemacht werden. Daher müssen notwendige nicht-verschreibungspflichtige Arzneien wieder in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen werden. Auch für Hilfsmittel und Zahnersatz werden die Patienten deutlich zur Kasse gebeten. Das Abkassieren bei Hilfsmitteln muss ein Ende haben und Zahnersatz bezahlbar gemacht werden. Zudem muss sich die medizinische Versorgung viel stärker am Patientennutzen orientieren. Daher fordern wird, dass die Vernetzung und Koordination zwischen verschiedenen Gesundheitsanbietern verbessert wird und die Finanzierung für die Integrierte Versorgung dauerhaft gesichert wird. So kann beispielsweise für chronisch Kranke, behinderte, alte und pflegebedürftige Menschen ein nahtloser Übergang von der stationären Behandlung über die Rehabilitation in die ärztliche, fachärztliche und pflegerische Anschlussbehandlung sichergestellt werden.

Pflege muss bezahlbar sein!

Zuletzt konnten mit den Pflegestärkungsgesetzen I, II und III wesentliche Verbesserungen für Pflegebedürftige erreicht werden. Trotzdem bleibt nach unserer Ansicht noch viel zu tun, um die Zukunft der Pflege in Deutschland sicherzustellen. Vor allem im Bereich der stationären Pflege sehen wir großen Handlungsbedarf. Dort überfordert die Höhe der Zuzahlungen z. B. für Investitionskosten die Pflegebedürftigen und deren Angehörige. Viele Menschen kommen dadurch in immer größere finanzielle Schwierigkeiten oder werden zu Grundsicherungsempfängern. Pflege darf kein Armutsrisiko sein - auch nicht für die Angehörigen: Wenn durch den Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung Kosten entstehen, die das Einkommen des Pflegebedürftigen übersteigen, darf es bei der Hilfe zur Pflege keinen Rückgriff auf das Einkommen der Kinder geben. Hier muss analog zur Grundsicherung im Alter eine Freibetragsgrenze von 100.000 Euro im Jahr eingeführt werden.

Behinderung darf kein Nachteil sein!

In Sachen Inklusion fehlen weiterhin noch wichtige Bausteine für das gleichberechtigte Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung. Das betrifft vor allem die Barrierefreiheit. Wir fordern, dass die privaten Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, also etwa Gaststätten, Hotels, Supermärkte, Arztpraxen oder Internetportale zur Barrierefreiheit verpflichtet werden. Darüber hinaus muss es für Menschen mit Behinderung mehr Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten am regulären Arbeitsmarkt geben. Und das gemeinsame Lernen muss endlich vorangebracht werden.

Armut muss nachhaltig bekämpft werden!

Armut ist ein wachsendes Problem in Deutschland. Besonders betroffen sind Kinder, alleinerziehende und ältere Menschen. Aber auch Langzeitarbeitslosigkeit ist hierzulande eine der zentralen Ursachen anhaltender Armut. Wir brauchen keine neuen Programme, sondern einen Rechtsanspruch auf öffentlich geförderte Beschäftigung. Zudem müssen Minijobs sowie Zeit- und Leiharbeit eingedämmt werden.

Wir brauchen zudem mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Mittel für den sozialen Wohnungsbau. Um Armut in allen Altersgruppen nachhaltig zu bekämpfen und vorzubeugen, fordern wir Maßnahmen in verschiedenen Politikfeldern. Erst durch das Zusammenwirken von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, von Bildungs-, Familien-, Gesundheits- und Wohnungspolitik kann Armut in unserem Land nachhaltig bekämpft werden.

Die Steuerpolitik muss deutlich gerechter werden!

Um eine soziale Balance zu schaffen und die gesetzlichen Sozialversicherungen zu stärken, ist eine Kehrtwende in der Steuerpolitik notwendig. Wir appellieren an die künftigen Koalitionspartner, Geld für dringend nötige Leistungsverbesserungen und Zukunftsinvestitionen, etwa in gute Bildung, die Bekämpfung von Armut und Langzeitarbeitslosigkeit, die Unterstützung von Familien und Pflegebedürftigen und in Renten, die zum Leben reichen, aufzubringen. Machbar ist dies durch eine gerechtere Steuerpolitik. Dazu gehören die Abschaffung der Abgeltungssteuer, höhere Spitzensteuersätze, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie eine Reform der Erbschaftsteuer.

Der Sozialverband VdK Deutschland ist parteipolitisch neutral. Er sieht sich in der Verantwortung einen Beitrag zu leisten, damit der soziale Frieden in Deutschland gewahrt bzw. wieder hergestellt wird. Als größter Sozialverband werden wir weiterhin die Rolle einer wichtigen außerparlamentarischen Interessenvertretung übernehmen. Wir bieten allen politischen Verantwortlichen für die Planung der Sozialpolitik für die nächsten Jahre eine konstruktive Zusammenarbeit an.

Quelle und Kontaktadresse:
Sozialverband VdK Deutschland e. V. Cornelia Jurmann, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Linienstr. 131, 10115 Berlin Telefon: (030) 72629-0400, Fax: (030) 72629-0499

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