Rentenwahrheit erfordert echte Reform
(Berlin) - Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat Bundeskanzler Gerhard Schröder aufgefordert, "endlich die ganze Wahrheit über den dramatischen Verfall des Rentenniveaus offen und öffentlich einzugestehen und daraus die politischen Konsequenzen zu ziehen". Die könnten nur heißen: "Entweder gibt es endlich eine Reform, die alle Alterssicherungssysteme und damit alle Bürger umfasst und ein auskömmliches Leben im Alter garantiert, oder der Kanzler und seine Regierung müssen für den sozial unvertretbaren Rentenabbau und eine neue rasch wachsende Altersarmut in Deutschland die volle Verantwortung übernehmen," betonte SoVD-Präsident Adolf Bauer.
Der SoVD bezieht sich auf Berechnungen des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), wonach wegen der beschlossenen und geplanten Einschnitte bei der Sozialrente sowie der Rentensteuer ein Neurentner des Jahres 2030 nach 45 Beitragsjahren nur noch ein Nettorentenniveau von 52,2 Prozent gegenüber heute 70 Prozent erreicht. Das entspricht einer Kürzung um 25 Prozent. Da aber kaum ein Rentner noch 45 Beitragsjahre erreicht und die große Mehrzahl der tatsächlich gezahlten Renten deswegen heute wie in Zukunft deutlich unter diesem rechnerischen Niveau liegt, "wird die Bundesregierung die Sozialrente zu einem Almosen verkommen lassen - und das trotz weiter steigender Rentenbeiträge auf Rekordhöhe", kritisierte Bauer.
Als "skandalös" bezeichnete es der SoVD-Präsident, dass sich die Bundesregierung bisher geweigert habe, die Entwicklung des Nettorentenniveaus zu beziffern. Sie behaupte, dass dies wegen der geplanten Rentensteuer keine Aussagekraft mehr habe und auch nicht generell berechnet werden könnte. Die Zahlen des VDR zeigten jetzt, dass das ein "reiner Vorwand zur Verschleierung der unsozialen Auswirkungen der rot-grünen Rentenkürzungspolitik" gewesen sei, betonte Bauer. Die geplante Streichung der gesetzlichen Vorschrift, wonach das Nettorentenniveau nicht unter 67 Prozent absinken darf, sei deshalb zwar aus Sicht der Regierung logisch, könne aber auf keinen Fall akzeptiert werden. Die Menschen brauchten Sicherheit fürs Alter - auch, um entscheiden zu können, ob und wie hoch sie privat vorsorgen müssten.
Tatsächlich komme es ja noch viel schlimmer, weil auch zusätzliche Betriebsrenten durch die Rentensteuer und die drastisch angehobenen darauf anfallenden Sozialbeiträge um bis zu einem Drittel reduziert würden, kritisierte der SoVD-Präsident. Unter allen diesen Umständen seien immer weniger Bürger bereit, "Maxi-Beiträge für Mini-Renten" zu zahlen. Damit diskreditiere die Bundesregierung die Rentenversicherung, die über ein Jahrhundert lang Garant für ein menschenwürdiges Leben im Alter gewesen sei.
"Der Sozialverband Deutschland fordert deshalb einen radikalen Kurswechsel in der Alterssicherungspolitik", betonte Bauer. Benötigt werde eine echte Strukturreform, die alle Alterssicherungssysteme und alle Bürger einbeziehe. Die Reform müsse allen Beschäftigten einen ausreichenden Lebensstandard im Alter garantieren. Wenn das nicht alleine mehr durch die Sozialrente erreicht werden solle und könne, dann müsse auf anderen Wegen sichergestellt werden, dass die Alterseinkommen auch langfristig deutlich über der Sozialhilfe liegen und ein Nettoniveau von mindestens 70 Prozent erreichen. Der SoVD jedenfalls werde es nicht hinnehmen, dass die Grundsicherung und damit die Sozialhilfe - langfristig zum Regelfall im Alter werde. Das aber wäre das Ergebnis aus der Kombination von geplanter Rentenreform und Rentensteuer.
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