Pressemitteilung | k.A.

Rentenversicherung: Finanzsituation deutlich verschlechert

(Bad Homburg) - Mit dem anhaltend schwachen Beitragseingang hat sich die Liquiditätslage der Rentenversicherung weiter verschlechtert. Diese Einschätzung traf der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, Dr.Erich Standfest, auf der Mitgliederversammlung des Verbandes am 21.10.2003 in Bad Homburg. In den ersten neun Monaten dieses Jahres seien in der Rentenversicherung die Beitragseingänge nur um rund 0,5 Prozent gestiegen und lägen damit um 2 Prozentpunkte unterhalb des Wertes, der für dieses Jahr erwartet worden war.

Auf der Basis der aktuellen Beitragseinnahmen und der vorläufigen wirtschaftlichen Eckdaten errechneten sich zum Ende dieses Jahres eine Schwankungsreserve von 6,5 Mrd. Euro bzw. 0,42 Monatsausgaben. Insgesamt werde damit die Schwankungsreserve um rund 1,3 Mrd. Euro unter dem (unteren) Zielwert einer halben Monatsausgabe liegen. Die verfügbare Liquidität werde Ende Oktober voraussichtlich 3,4 Mrd. Euro betragen. Gleichwohl wird ein Vorziehen von Teilen der Vorschüsse auf den Bundeszuschuss nach dem derzeitigen Stand in diesem Jahr nicht notwendig werden, prognostizierte Standfest.

Kurzfristige Maßnahmen zur Stabilisierung der Rentenfinanzen

Zu der geplanten alleinigen Finanzierung des Pflegeversicherungsbeitrags durch die Rentner wies Standfest darauf hin, dass sich hierdurch nach den niedrigen Anpassungen der letzten Jahre im Jahr 2004 eine Minderung des Zahlbetrages für die Rentner ergäbe. Sie betrage für einen Standardrentner rund 10 Euro bzw. monatlich 0,85 Prozent der Rente. Faktisch würden damit die Rentner auf die Zahlbeträge des 1. Halbjahres 2003 verwiesen. Ob und inwieweit die Beitragsentlastungen in der gesetzlichen Krankenversicherung auch schon 2004 zu einer Entlastung führen, sei gegenwärtig noch offen. Hinzu komme nach Stanfest ein weiteres: Auch in 2005 und 2006 werden die Rentenanpassungen infolge der gebremsten Lohn- und Beitragsentwicklung zusammen mit den ohnehin wirksamen Anpassungsdämpfungen durch die Riester-Reform eher niedrig ausfallen. Sie werden gegen Null tendieren, da bereits in dieser Zeit der sog. Nachhaltigkeitsfaktor wirksam werden soll. Dies würde ü ber einen längeren Zeitraum den Ausschluss der Rentner von der Inflationssicherung bedeuten.

Im Zusammenhang mit der geplanten weiteren Absenkung der Schwankungsreserve auf 0,2 Monatsausgaben sagte Standfest: Die mit dieser Maßnahme einhergehenden Risiken für den Bundeshaushalt sowie für die Akzeptanz der Rentenversicherung sind beträchtlich: Selbst wenn die prognostizierten wirtschaftlichen Annahmen eintreffen, würde die Rentenversicherung im Jahr 2004 schon etwa ab Jahresmitte, ab 2005 sogar noch früher auf einen vorgezogenen Bundeszuschuss angewiesen sein. Das Problem würde noch verschärft, wenn die tatsächliche von der prognostizierten wirtschaftlichen Entwicklung wenn auch nur geringfügig abweicht. Hinzu kommt nach Standfests Worten: Der Effekt des Abschmelzens der Schwankungsreserve wirkt sich nicht nachhaltig senkend auf den Beitragssatz aus, sondern wäre auf das Jahr 2004 beschränkt.


Langfristige Stabilisierungsmaßnahmen

Standfest setzte sich ausführlich auch mit den Vorschlägen zur langfristigen Stabilisierung der Rentenfinanzen auseinander. Die Bundesregierung habe sich auf ihrer Klausurtagung am vergangenen Sonntag darauf verständigt, den Vorschlag sowohl der Rürup-Kommission wie auch der Herzog-Kommission aufzugreifen, und angekündigt, die bestehende Rentenanpassungsformel um einen Nachhaltigkeitsfaktor zu ergänzen. Er wies in diesem Zusammenhang auf die damit verbundene weitere Dämpfung der Rentenanpassung hin.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung der Bundesregierung, noch keinen Beschluss zur Anhebung der Regelaltersrente zu fassen, machte er deutlich, dass bei einer derart gravierenden Entscheidung dem Vertrauensschutz der davon Betroffenen durch eine lange Übergangszeit ausreichend Rechnung getragen werden muss. Auch im Zusammenhang mit der geplanten Anhebung der Altersgrenze für die frühestmögliche Inanspruchnahme der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder Altersteilzeitarbeit sei dem Vertrauensschutz für rentennahe Jahrgänge eine hohe Priorität einzuräumen.

Standfest wies ferner auf die Einwände gegen den Vorschlag der Herzog-Kommission hin, Versicherten einen abschlagsfreien Rentenzugang nach 45 Versicherungsjahren zu verschaffen. Es käme dann im Hinblick auf die Rentenhöhe nicht mehr darauf an, in welcher Höhe der Versicherte Beiträge zahlt, sondern darauf, wie sich die Beiträge über das Berufsleben verteilen. Damit erhielten gleiche Beiträge eine unterschiedliche Wertigkeit. Nachteilig würde sich die Regelung vor allem für Frauen auswirken, die in deutlich geringerer Zahl als Männer auf 45 Versicherungsjahre kommen.

Grundsätzlich positiv bewertete Standfest den Vorschlag der Herzog-Kommission, die eigenständige Sicherung der Frauen weiter zu stärken und parallel dazu in einem auf lange Frist angelegten Prozess die Hinterbliebenenrente zurückzuführen. Sollte sich der Gesetzgeber zu einer Ausweitung der Kindererziehungszeiten entschließen, muss die Finanzierung dieser erweiterten Leistungen ebenso wie die Finanzierung der derzeit eingeräumten Kindererziehungszeiten über Steuern erfolgen, so Standfest. Entschieden lehnte Standfest den Vorschlag der CSU ab, für Kinder bis zwölf Jahren einen Beitragszuschuss einzuführen, der über höhere Beiträge der kinderlosen Rentenversicherten ausgeglichen werden soll.

Rentenbesteuerung

Standfest befasste sich auch mit den Eckpunkten zur Rentenbesteuerung, auf die sich Bundeskabinett und Fraktionsspitzen am letzten Wochenende verständigt haben. Das in den Eckpunkten favorisierte Prinzip der nachgelagerten Besteuerung entspreche den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes an eine verfassungskonforme N Euroegelung der Besteuerung von Renten und Pensionen. Der Verband habe bereits in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass das vorgeschlagene Stufenmodell zur Freistellung der Beiträge und zur Vollbesteuerung der Renten in vielen Fällen zu einer Doppelbesteuerung führt. Wolle die Bundesregierung dieses Ergebnis vermeiden, so werde sie nicht umhin kommen, entweder die Beiträge wesentlich früher voll freizustellen oder die Renten erst deutlich später voll zu besteuern. Es muss eine Übergangsregelung gefunden werden, die das Doppelbesteuerungsverbot beachtet und damit einer verfassungsrechtlichen Überprüfung in jedem Fall standhält, sagte Standfest.


Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe

Im Zusammenhang mit der von der Bundesregierung geplanten Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II äußerte Standfest Bedenken hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen auf die Rentenversicherung. Die aus der N Euroegelung resultierenden zusätzlichen Leistungsverpflichtungen der Rentenversicherung würden durch die vorgesehenen Beitragszahlungen der künftigen Bundesagentur für Arbeit nur unzureichend abgedeckt. Konkret wäre bei Umsetzung des Vorschlags das Beitragsvolumen gegenüber heute nur um rund 300 Millionen höher. Dem stünden jedoch rund 1,3 Millionen neue versicherungspflichtige aus dem Sozialhilfebezug kommende Personen gegenüber, die hinsichtlich ihres Risikoprofils kaum dem Durchschnitt der Versicherten entsprechen dürften. Deshalb sollten für Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II nicht Beitragszeiten sondern rentensteigernde Anrechnungszeiten berücksichtigt werden. Zur Finanzierung der daraus entstehenden neuen Leistungsansprüche wäre eine gesonderte Beitragszahlung durch die Bundesagentur erforderlich, damit nicht die Versichertengemeinschaft für die zusätzlichen Kosten aufkommen muss, so Standfest.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. Eysseneckstr. 55, 60322 Frankfurt Telefon: 069/15220, Telefax: 069/1522320

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