Rentenbeitragssatz in den nächsten Jahren stabil
(Frankfurt am Main) - Der Rentenbeitragssatz wird sich auch in den nächsten Jahren um die 19 Prozent bewegen, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR), Jürgen Husmann, auf der Mitgliederversammlung seiner Organisation am 9. Mai vor den Delegierten der 27 Rentenversicherungsträger. Nach den Berechnungen des VDR, denen die bisher bekannten Eckpunkte der Bundesregierung für eine Rentenstrukturreform zu Grunde lagen, kann der derzeitige Beitragssatz von 19,3 Prozent auch im nächsten Jahr beibehalten werden. Für das Jahr 2002 rechnet der VDR nach den Annahmen der Bundesregierung zur Wirtschaftsentwicklung mit einer Absenkung auf 19,1 Prozent sowie für das darauf folgende Jahr mit einer geringfügigen Erhöhung auf 19,2 Prozent.
Die Berechnungen basieren auf dem von der Bundesregierung in ihren neuesten Annahmen zur Wirtschaftsentwicklung erwarteten Beschäftigtenzuwachs um 650.000 Personen bis 2003 sowie mit einem gleichzeitigen Rückgang der Arbeitslosigkeit um 800.000 Personen im selben Zeitraum.
Nach Husmanns Worten hat der VDR auch noch Modellrechnungen auf der Basis des derzeit geltenden Rechts angestellt, die für die nächsten Jahre noch jeweils niedrigere Beitragssätze ergeben hätten. Allerdings beinhaltet das geltende Recht noch den von der alten Bundesregierung eingeführten demografischen Faktor bei den Rentenanpassungen ab dem Jahre 2002 sowie die ebenfalls noch im Rentenreformgesetz 1999 vorgesehene Reform der Erwerbsminderungsrenten, die von der neuen Regierung bis Ende dieses Jahres ausgesetzt war. Der VDR ist sich jedoch bewusst, dass es nach der jetzigen politischen Diskussion nicht bei dem geltenden Recht bleiben wird.
Zur Rentenbesteuerung: Auswirkungen auch auf die
Rentenanpassungen
Zu der in der letzten Zeit im Hinblick auf die noch in diesem Jahr erwartete Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Rentenbesteuerung erneut aufgeflammte Diskussion um die steuerliche Behandlung von Beiträgen und Leistungen der Altersvorsorge erklärte Husmann unter anderem folgendes: "Sollten die Beiträge zur Altersvorsorge steuerlich freigestellt werden, muss das auch unverzichtbar für die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gelten." Denn viele Versicherte zahlen heute bereits Rentenbeiträge zu einem großen Teil aus versteuertem Einkommen. Husmann betonte, dass eine entsprechende Neuregelung im Steuerrecht ausreichend lange
Übergangsregelungen für die Versicherten der Rentenversicherung vorsehen müsste, die in der Vergangenheit Beiträge aus versteuertem Einkommen gezahlt haben. Er betonte, dass auch bei einer vollen nachgelagerten Besteuerung künftig wegen der steuerlichen Freibeträge Rentenbeträge unterhalb von rund 1.125 DM monatlich steuerfrei bleiben würden, wenn keine weiteren Einkünfte bezogen werden.
Husmann wies auf den engen Zusammenhang zwischen Steuerreform und Rentenreform hin. Eine stärkere steuerliche Freistellung der Beiträge und eine stärkere Besteuerung der Renten hätten wegen der Nettoformel jeweils eine höhere Anpassung der Renten zur Folge. Dies wiederum würde den Beitragssatz und den Bundeszuschuss steigen lassen. Deshalb hängt die Frage der Besteuerung der Renten sehr eng mit der Frage zusammen, wie die Anpassungsformel künftig ausgestaltet werden soll. Dabei geht es auch um Verteilungswirkungen: Käme der Wechsel zur nachgelagerten Besteuerung - eventuell refinanziert durch eine höhere Verbrauchssteuer - und bliebe es bei der Nettoanpassung, dann wären alle Versicherten von den höheren Beiträgen und der höheren Mehrwertsteuer betroffen, während nur die Versicherten mit höherem Einkommen von der völligen Steuerfreistellung der Beiträge profitieren würden. All dies wird Bundesverfassungsgericht und Gesetzgeber vor schwierige Entscheidungen stellen.
Auswirkungen der Inflationsanpassung geringer als ursprünglich erwartet
Zu der in der Öffentlichkeit heftig diskutierten Rentenanpassung nach der Inflationsrate in diesem und im nächsten Jahr erklärte Husmann, die für den einzelnen Rentner hierdurch eintretende Rentenminderung gegenüber einer Nettoanpassung werde deutlich geringer ausfallen, als noch im letzten Jahr erwartet. Grund hierfür sind die in den letzten Monaten deutlich nach unten korrigierten Erwartungen zur Entwicklung der Nettolöhne und gehälter. Bei der noch im letzten Oktober erwarteten Steigerung der Nettoverdienste um etwas über drei Prozent wäre bei einem Standardrentner nach 45 Arbeitsjahren die Rente wegen der Inflationsanpassung um 53 DM in den alten und um 45 DM in den neuen Bundesländern niedriger gewesen als im Vergleich zur Nettoanpassung. Nach den jetzigen Zahlen zur Nettolohnentwicklung im letzten Jahr hätte sich nach der Nettoanpassungsformel für dieses Jahr eine Erhöhung von nur noch 1,4 Prozent in den alten und um 2,2 Prozent in den neuen Bundesländern ergeben. Dies bedeutet für den Standardrentner eine gegenüber der Nettoanpassung um knapp 18 DM im Monat niedrigere Rentenerhöhung im Westen und um knapp 30 DM im Osten.
Die Preissteigerungsrate für das Jahr 2000, die für die Rentenanpassung im nächsten Jahr maßgebend sein wird, wird derzeit von der Bundesregierung auf 1,5 Prozent eingeschätzt.
Rentenversicherung warnt vor Überregulierung im Reha-Bereich
Zu dem vom Bundesarbeitsministerium vorgelegten Rohentwurf eines 9. Buches des Sozialgesetzbuches für die Zusammenfassung des bisher noch in verschiedenen Gesetzen kodifizierten Rehabilitations- und Schwerbehindertenrechts kritisierte Husmann die darin vorgesehene Regelungsdichte. Er sieht darin Tendenzen zu einer Überregulierung. Ziel einer größeren Versicherten- und Betroffenennähe müsse vor allem eine stärkere Dienstleistungsorientierung der Reha-Träger sein, nicht aber unbedingt ein Mehr an Vorschriften. Notwendig sei es deshalb, flexible Handlungsspielräume zu erhalten bzw. auszubauen und gleichzeitig klare Verantwortlichkeiten zu definieren.
Nur durch die Wahrnehmung der jeweiligen Verantwortlichkeiten und den unmittelbaren Kontakt zu den Betroffenen sind letztlich Verbesserungen in den Reha-Prozessen zu erreichen. Die Rentenversicherung wird deshalb in der weiteren Diskussion um das SGB IX diese Zielsetzung unterstützen und weiterhin dazu beitragen, dass entsprechende konstruktive und problemadäquate Lösungen zustande kommen.
Den Vorschlag der Krankenkassen, die Anspruchsvoraussetzungen für Reha-Leistungen in der Renten- und Krankenversicherung aneinander anzugleichen, lehnt Husmann ab. Die dadurch entstehende Nivellierung zwischen den Trägerbereichen würde den Bezug der Reha-Leistungen der Rentenversicherung zur Erwerbsfähigkeit entfallen lassen. Damit wäre der Reha-Auftrag der Rentenversicherung in Frage gestellt. Im übrigen beruhe der Erfolg der Rehabilitation auf der Zielorientierung und Spezialisierung des Leistungsspektrums, bei der gerade die berufliche Leistungsfähigkeit im Mittelpunkt stehe. Auf diese Kernaufgabe könne die Rehabilitation nicht verzichten, ohne den Auftrag "Reha vor Rente" zu gefährden.
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