Pressemitteilung | k.A.

Reform in der Behindertenpolitik: SoVD sieht Nachbesserungsbedarf

(Bonn/Berlin) - Der Sozialverband Deutschland (SoVD) fordert Nachbesserungen bei der Reform der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), um dem Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes in der täglichen Praxis Geltung zu verschaffen.

„Der Gesetzentwurf der Koalition beinhaltet richtige Reformansätze, bleibt jedoch deutlich hinter den Wahlversprechen von SPD und Grünen zurück,“ betonte SoVD-Präsidiumsmitglied Sven Picker zwei Tage vor Beginn der Anhörung im Bundestag. Zwar handele es sich um einen Fortschritt für Behinderte. Er falle aber zu zaghaft aus. Der SoVD nehme nicht widerspruchslos hin, dass die konsequente Umsetzung des Benachteiligungsverbots auch im SGB IX ganz offensichtlich am Veto der Finanzminister von Bund und Ländern zu scheitern drohe.

Als „zentraler Punkt“ des Gesetzentwurfs bezeichnete Sozialexperte Picker, dass Behinderten kein umfassender Rechtsanspruch auf soziale Rehabilitation eingeräumt werde. Sie müssten nach wie vor „um jede Hilfe beim Sozialamt betteln und kämpfen“, weil diese Leistungen - anders als bei der medizinischen und arbeitsmarktpolitischen Integration - nach wie vor erst nach Bedürftigkeitsprüfung gewährt würden. Das sei unwürdig und treffe u. a. behinderte Frauen, die Haus- und Familienarbeit leisteten, sowie Gehörlose, die einen Gebärdendolmetscher im täglichen Leben benötigten. So stehe ihnen im Gegensatz zu erwerbstätigen Schwerbehinderten keine persönliche Assistenz zu, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Eine selbstbestimmte Lebensführung und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben werde vielen schwerbehinderten Menschen deshalb immer noch verwehrt.

Der SoVD befürwortet zwar die geplante flächendeckende Einrichtung von örtlichen Servicestellen, in denen alle Reha-Träger zusammenarbeiten und Behinderte umfassend beraten und unterstützen sollen. Dies könne jedoch nur funktionieren, wenn diese Sevicestellen auch tatsächlich trägerübergreifende Beratungs- und Entscheidungskompetenzen erhielten. Zu einer solchen Beratung, bei der die behinderten Menschen alle erforderlichen Auskünfte sozusagen „aus einer Hand“ erhalten, seien die Reha-Träger aber nach wie vor nicht bereit. Anspruch des Gesetzes und Wirklichkeit in der Praxis dürften hier jedoch nicht auseinander fallen, so dass bei falscher Beratung oder Verzögerung der Leistungsgewährung Sanktionen erforderlich seien. In diesem Zusammenhang forderte Picker endlich die Schaffung eines flächendeckenden Netzes für wohnortnahe ambulante Rehabilitation. Der Beratung vor Ort müssten ortsnahe, flexible Rehabilitationsangebote folgen, die den familiären und beruflichen Problemen behinderter Menschen Rechnung tragen.

Quelle und Kontaktadresse:
Sozialverband Deutschland e.V. (ehemals Reichsbund) Beethovenallee 56-58 53173 Bonn Telefon: 0228/9564-0 Telefax: 0228/9564-145 SoVD-Bundesverband Hans-Jürgen Leutloff Abteilung Sozialpolitik Kurfürstenstr. 131 10785 Berlin Telefon: 030/26391040/41 Telefax: 030/26391055

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