Pressemitteilung | Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)

Reform des EZB-Rates bei EU-Erweiterung

(Berlin) - Die Erweiterung der EU um bis zu zehn Länder könnte bereits im Jahre 2004 erfolgen. Die EU-Beitrittskandidaten werden wenige Jahre später automatisch auch dem Euroraum beitreten, wenn sie die im Maastricht-Vertrag festgelegten Kriterien erfüllen. Das DIW Berlin weist in seinem aktuellen Wochenbericht 15/2002 darauf hin, dass die Europäische Zentralbank (EZB) dann mit den derzeit geltenden Entscheidungsstrukturen nicht mehr in der Lage ist, zügig auf die geldpolitischen Erfordernisse im Euroraum zu reagieren. Da im EZB-Rat faktisch dem Einstimmigkeitsprinzip gefolgt wird, würde das Missverhältnis zwischen Stimmrecht und der letztlich hinter diesem Stimmrecht stehenden Bevölkerungszahl oder Wirtschaftskraft weiter zunehmen.

Das DIW Berlin plädiert deshalb für eine grundlegende Reform des EZB-Rats: Danach sind die sieben größten Länder mit jeweils einem Repräsentanten vertreten, die kleineren Länder bilden Gruppen mit jeweils einem Repräsentanten, der mit jährlicher Rotation wechselt. Die Entscheidung hierfür sollte vor 2004 fallen, da sie nach einer Erweiterung der EU politisch noch schwieriger durchzusetzen wäre. Das DIW Berlin stellt in seinem Bericht auch fest, dass durch den Beitritt von Ländern mit nachholender Entwicklung keine Beeinträchtigung der Geldpolitik der EZB zu erwarten ist. Das Gewicht der EU-Beitrittskandidaten im Verbraucherpreisindex des Euroraums ist für eine nennenswerte Beeinflussung zu gering.

Der Vorschlag des DIW Berlin für die Zusammensetzung des EZB-Rates sieht vor, dass die kleineren Länder Gruppen bilden, die sich dem ökonomischen Gewicht nach etwa entsprechen. Als Indikatoren dafür könnte man jeweils zur Hälfte die Bevölkerungszahl und das Bruttoinlandsprodukt heranziehen. Die Gruppen delegieren jeweils einen Vertreter in den EZB-Rat. Um eine starke nationale Orientierung der Repräsentanten zu verhindern, schlägt das DIW Berlin eine jährliche Rotation der Gruppenvertreter vor.

Begrenzt man die Gesamtzahl der Mitglieder des EZB-Rates auf 19 und behält die jetzige Struktur des Direktoriums mit sechs Mitgliedern bei, ergibt sich für den Rat folgende Struktur:

- Die sieben großen Länder Deutschland, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und die Niederlande entsenden jeweils ihren nationalen Zentralbankpräsidenten

- Die regionalorientierten Gruppen (Schweden/Dänemark/Finnland, Belgien/Irland/Luxemburg, Griechenland/Zypern/Malta, Österreich/Portugal/Slowenien, Tschechische Republik/Ungarn/Slowakei, Litauen/Lettland/Estland) entsenden in jährlicher Rotation jeweils einen Repräsentanten

- Die vier mit Abstand gewichtigsten Länder (Deutschland, Vereinigtes Königreich, Frankreich und Italien) haben ein permanentes Vorschlagsrecht für ein Mitglied des sechsköpfigen Direktoriums.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Königin-Luise-Str. 5 14195 Berlin Telefon: 030/897890 Telefax: 030/89789200

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