Reform der Netzfinanzierung: Wege zu einer fairen Verteilung der Stromnetzkosten
(Berlin) - Eine neue Untersuchung des FÖS im Auftrag von CAN Europe zeigt, dass eine grundlegende Reform der Netzfinanzierung und der Tarifstrukturen unverzichtbar ist, um die steigenden Stromnetzkosten in Europa und Deutschland zu kontrollieren. Gleichzeitig kann damit die Energiewende vorangebracht werden.
Die Modernisierung und der Ausbau europäischer Stromnetze sind unverzichtbar, um die Energiewende voranzubringen, die Versorgung zu sichern und den steigenden Strombedarf zu decken. Eine neue Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) zu den erforderlichen Netzinvestitionen und Verbraucherschutz-anliegen in Europa, erstellt im Auftrag von Climate Action Network (CAN) Europe, warnt: Ohne eine Reform der Netzfinanzierung drohen höhere Netzentgelte, die vor allem einkommensschwache Haushalte belasten.
Netzentgelte machen schon jetzt einen großen Teil der Stromkosten in Europa aus. Besonders in Osteuropa sind sie im Verhältnis zum Einkommen hoch – in Bulgarien etwa ist die Belastung fast fünfmal so groß wie in Dänemark. In Deutschland liegt sie im unteren europäischen Mittelfeld.
Systemreform statt Subventionen
Marie Wettingfeld, wissenschaftliche Referentin beim FÖS und Hauptautorin der Studie, erklärt: „Pauschale Senkungen der Netzentgelte durch staatliche Zuschüsse lösen das Problem nicht. Sie verschieben nur erhebliche Kosten in den Steuertopf, ohne die Ursachen anzugehen. Stattdessen braucht es eine grundlegende Reform der Netzfinanzierung und der Netzentgeltregeln, um die Kosten in den Griff zu bekommen und die Energiewende effizient umzusetzen. “
Die Studie identifiziert verschiedene Finanzierungsoptionen: Mit einem öffentlichen Infrastrukturfonds, dessen Anteile am Finanzmarkt vermarktet werden, können öffentliche Mittel gehebelt und die Finanzierungskosten gesenkt werden. Dafür braucht es auch eine klare Trennung zu Aktivitätsbereichen, bei denen ausschließlich private Investitionen angestrebt werden, um Innovationen und schnellere Umsetzungen zu erreichen, z.B. bei der Nutzung von Flexibilitäten. Die Autor*innen empfehlen eine ausgewogene Kombination verschiedener Finanzierungsquellen, angepasst an die jeweiligen nationalen Rahmenbedingungen.
Staatliche Beteiligung als Stabilitätsfaktor
Auch die Eigentumsverhältnisse an den Netzbetreibern sind ein wichtiger Faktor. Carolin Schenuit, geschäftsführende Vorständin des FÖS, betont: „Eine stärkere staatliche Beteiligung an den Stromnetzbetreibern wäre im Interesse der Verbraucher. Durch die Beteiligung steigt die Kreditwürdigkeit und die Finanzierungskosten sinken. Klare und dauerhafte Beteiligungsstrukturen können langfristig für stabile und bezahlbare Netzentgelte sorgen. Damit das möglich wird, muss die Beteiligung kombiniert werden mit klaren regulatorischen Vorgaben und einer Reform der Anreizregulierung der Netzbetreiber.“
Flexible Tarife für faire Kostenverteilung
Auch die Tarifgestaltung spielt eine Schlüsselrolle. Die Studie zeigt, dass es keine Patentlösung für alle Länder gibt, sondern eine Kombination verschiedener Modelle nötig ist. Zeitabhängige Tarife könnten Lastspitzen senken und die Integration erneuerbarer Energien erleichtern. Der flächendeckende Einsatz von Smart Metern ist Voraussetzung dafür, differenzierte und faire Tarife zu ermöglichen.
Die Ergebnisse der Studie machen deutlich: Eine nachhaltige, bezahlbare und stabile Stromnetzinfrastruktur erfordert Reformeinsatz auf mehreren Ebenen. Dazu gehören eine kluge, langfristige Finanzierungsstrategie, mehr planvolle und dauerhafte staatliche Beteiligung und eine Entgeltreform für gerechtere Tarife. Die Politik muss jetzt handeln, um die Energiewende sozialverträglich und effizient zu gestalten.
Quelle und Kontaktadresse:
Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft e.V. (FÖS), Schwedenstr. 15a, 13357 Berlin, Telefon: 030 7623991-30