Reform der EU-Zuckermarktordnung: Wettbewerb einführen
(Berlin) - Zucker ist eine der letzten Bastionen unreformierter Agrarbereiche und nimmt seit Jahren gegenüber anderen pflanzlichen Produkten in der Agrarpolitik der EU eine sachlich unbegründete Sonderstellung ein. Künstlich überhöhte Binnenmarktpreise verhindern Wettbewerb und halten ungesunde Produktionsstrukturen aufrecht. Um endlich Wettbewerb im Zuckersektor zu schaffen, ist es nach Auffassung der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (WAFG) dringend nötig, den überhöhten Zuckerinterventionspreis sowie die hohen EU-Importzölle deutlich zu senken. Dies käme den Endverbrauchern zum Beispiel beim Kauf von Getränken unmittelbar zugute. Denn derzeit zahlen europäische Verbraucher durch die Zuckermarktordnung pro Jahr rund 6,3 Mrd. Euro zuviel für Zucker.
Hintergrund: Als einzige Marktordnung gewährt die EU-Zuckermarktordnung nicht nur der Landwirtschaft, sondern gleichzeitig auch der nachgelagerten Zuckerindustrie einen hohen Schutz. Dieser - durch die Marktordnung bedingte - "organisierte Nichtwettbewerb" wird seit langem von der WTO, der OECD und dem Europäischen Rechnungshof scharf kritisiert. Neben der von der WAFG geforderten Preissenkung bei der staatlichen Zucker-Subvention sowie bei den Zöllen könnte auch die Implementierung des Quotenhandels in die EU-Zuckermarktordnung helfen, Wettbewerb im Zuckersektor zu schaffen. Zu diesem Ergebnis kommt ein wissenschaftliches Gutachten des renommierten Göttinger Agrarökonomen Prof. Dr. Erich Schmidt, der Vorschläge für eine grundlegende Reform der EU-Zuckermarktordnung vorgelegt hat.
Bislang werden die Zuckerquoten von der EU auf die Mitgliedsländer und von diesen auf die Zuckerindustrie verteilt. Diese wiederum verteilt die Quoten auf die Rübenbauern. Hierdurch haben die Rübenbauern kein Wahlrecht, wem sie ihre Rüben verkaufen wollen. Landwirte mit an sich geeigneten Anbauflächen erhalten von den Zuckerherstellern möglicherweise keine Lieferrechte. Auch kommen in aller Regel nur überdurchschnittlich große landwirtschaftliche Betriebe in den Genuss einer Zuckerquote. Es entsteht eine Art "geschlossene Gesellschaft", die die Wanderung der Produktion in die besten Anbaugebiete und zu den besten Betrieben unter Wettbewerbsbedingungen verhindert. Dadurch, dass viele Rübenbauer Anteilseigner bei der Zuckerindustrie sind, wird der Wettbewerb zusätzlich eingeschränkt.
Schmidt schlägt deshalb vor, die Quoten künftig direkt den Landwirten zuzuordnen, um so ihre Verhandlungsposition gegenüber der Zuckerindustrie zu verbessern und eine Übervorteilung der Rübenbauern zu verhindern. Der dann zweifellos auflebende Beschaffungswettbewerb zwischen den Zuckerherstellern würde nach Ansicht der WAFG auch dazu beitragen, die regionalen Monopole der Zuckerindustrie aufzubrechen und grenzüberschreitenden Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu ermöglichen.
Quelle und Kontaktadresse:
Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke e.V. (wafg)
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