"Rechtsradikalismus ist auch Ergebnis des Versagens von Eliten"
(Berlin) - Anlässlich der Eröffnung der Jahrestagung der Vertrauensdozenten der Konrad-Adenauer-Stiftung in Trier sprach heute KAS-Generalsekretär Wilhelm Staudacher über die Bedeutung von Eliten für die Demokratie und beklagte den Mangel an Führungskräften mit "ethischem Profil". Wörtlich sagte er:
"Deutsche Eliten kümmern sich zu wenig um die Demokratie. Ihre Bereitschaft, Verantwortung in der Demokratie und für die res publica zu übernehmen, ist oft unterentwickelt. Sie kümmern sich nicht selten um die eigene Karriere, eigene Besitzstände und private Selbstverwirklichung. Zu wenige sind bereit, öffentliche Aufgaben zu übernehmen. Viele haben aus Weimar nichts gelernt.
Von den deutschen Führungseliten wünsche ich mir, daß sie sich nicht nur gegen etwas aufraffen, z. B. jetzt in einer zeitweiligen Aufwallung gegen den Rechtsextremismus, sondern sich engagieren für etwas - z. B. dauerhafte Übernahme von Verantwortung in den Institutionen der Demokratie.
Insbesondere die intellektuellen Eliten in Deutschland verschaffen sich jetzt in der sicheren Mehrheit gegen den Rechtsradikalismus das gute moralische Gefühl des "Widerstandes". Die meisten versagen sich aber dem mühevollen Geschäft der Arbeit für die Demokratie durch die Übernahme öffentlicher Ämter. Manche von denen, die jetzt für Zivilcourage eintreten, tun sich z. B. schwer, das Engagement der DDR anzuerkennen, und rauben damit späteren Generationen die Vorbilder für Zivilcourage.
Der damit einhergehende Werteverlust, die abnehmende Bindung an ein christliches Menschenbild, die einseitige Orientierung an Profit und Karriere schaffen Freiräume für das Aufkommen demokratiefeindlicher und extremistischer Störungen. Der Rechtsradikalismus in Deutschland ist in diesem Sinne zumindest auch ein Elitenproblem.
Die Führungseliten versagen auch als Vorbilder. So wie sie selbst sind, wirken sie auch auf die Jugend. Demokratie braucht Vorbilder, die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung, Dienst am Gemeinwesen, aktiven Einsatz für die Demokratie. Diese Fähigkeiten müssen insbesondere von Führungskräften in Staat, Gesellschaft und Wissenschaft verlangt werden.
Wir brauchen - wie es Bundespräsident Roman Herzog 1996 forderte - Führungskräfte "mit ethischem Profil", die sich "unkorrumpierbar zeigen gegenüber dem kurzfristigen Zeitgeist. Wir brauchen Menschen, deren Solidarität auch diejenigen umfasst, die für sie nicht nützlich werden können und deren Vernunft nicht nur von kalter Rationalität und Effizienzorientierung geprägt ist. Wir brauchen keine Privilegien- und Profitelite, sondern eine Verantwortungs- und Leistungselite.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat es sich seit vielen Jahren zur Aufgabe gemacht, einen Beitrag zur Förderung zukünftiger akademisch gebildeter Führungskräfte aus dem In- und Ausland zu leisten, die neben hoher Intelligenz, Leistungsbereitschaft, Kreativität, Flexibilität, interdisziplinärer Denkfähigkeit und Urteilskraft auch über persönliche Integrität und die Bereitschaft zu einem gemeinwohlorientierten Engagement innerhalb und außerhalb ihres Berufes verfügen. Wir legen Wert auf Merkmale der Persönlichkeit wie Aufgeschlossenheit, Zivilcourage, Toleranz gegenüber Andersdenkenden sowie Fähigkeit zu Dialog und Kooperation. Deshalb ist neben überdurchschnittlichen Studienleistungen auch das gesellschaftspolitische und gemeinwohlorientierte Engagement Voraussetzung für die Aufnahme in die Begabtenförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Wir betrachten dabei die "ideellen Förderung" in studienbegleitenden Seminaren als Herzstück und Kernkompetenz unserer Arbeit mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten.
Inzwischen hat die Konrad-Adenauer-Stiftung über 6000 Stipendiaten gefördert, davon über 1000 aus dem Ausland. Viele von ihnen nehmen wichtige Führungsfunktionen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik wahr. Darauf sind wir stolz. Aber wir sehen darin auch zugleich die Verpflichtung, unsere Arbeit in der Begabtenförderung weiter zu verbessern. Unsere Förderbedingungen sind jedem Interessierten über das Internet (www.kas.de) zugänglich. Bewerbungen sind uns stets willkommen."
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