Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

Rechtsextreme Gewalt in Potsdam kein Einzelfall / DAV-Stiftung unterstützt Opfer politisch motivierter Gewalttaten

(Berlin) - Der schreckliche Überfall in Potsdam ist kein Einzelfall, teilt der Deutsche Anwaltverein (DAV) mit. Auf Grund der großen Anzahl von politisch motivierten Gewalttaten gegen Personen in unserem Land hat der DAV bereits im Jahr 2001 die „DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt“ ins Leben gerufen. Zweck der Stiftung ist es, Opfer rechtsextremistischer oder sonst politisch motivierter Gewalt zügig die Wahrung ihrer Rechte durch anwaltlichen Beistand zu ermöglichen. Dabei unterstützt die Stiftung die Opfer durch Übernahme der Anwaltskosten. Die Fälle, die die Stiftung erreichen, reichen von Beleidigung bis hin zu Tötungsdelikten. Allein im Jahre 2005 wurden in rund 50 Fällen 30.000 Euro an Unterstützungsgeldern ausgeschüttet.

„Kein Opfer muss sich Sorgen machen, ob er sich anwaltlichen Beistand leisten kann“, betont Rechtsanwalt Hartmut Kilger, Präsident des DAV. Opfer dürften in der Konfrontation mit dem Täter vor Gericht nicht allein gelassen werden. Die mögliche Beiordnung von Rechtsanwälten mit Übernahme der Kosten seitens des Staates erfolge aber immer seltener. „Bei der anwaltlichen Tätigkeit geht es aber nicht nur um die Vertretung im Bereich der Nebenklage, sondern auch um die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche. Auch beschleunigt oftmals die Tätigkeit von Anwälten die Ermittlungsverfahren“, so Kilger weiter. Der rechtsextreme Hintergrund von manchen Taten werde in manchen Gegenden „nicht so gern gesehen“.

Problematisch erscheint auch, dass die Täter jünger werden und auch Mädchen und Frauen - wie wohl auch jetzt in Potsdam - zunehmend Gewalt anwenden. In einem Fall war die Angreiferin zum Zeitpunkt der Tat erst 13 Jahre alt. Das Opfer wurde beschimpft, bespuckt und getreten.

Opfer können sich direkt an die Stiftung bzw. den DAV wenden. In der Regel allerdings wendet sich der Anwalt eines Opfers an die Stiftung. Wer keinen Anwalt oder keine Anwältin kennt, dem hilft der DAV. Nach Überprüfung, ob es sich um eine politisch motivierte Gewalttat handelt und das Opfer bedürftig ist, erhält der Anwalt einen Kostenvorschuss von 300,- Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Nach Abwicklung und Durchführung des anwaltlichen Auftrages kann er seine Kostenrechnung einreichen. Die mögliche Durchsetzung der Kosten bei den Tätern ist auf Grund der finanziellen Situation meist erfolglos.

Beispielsfälle:

- Ausländerfeindlichkeit spielt eine große Rolle in den Fällen, die an die Stiftung herangetragen werden: Ein Asylbewerber wurde von zwei Männern angegriffen. Durch einen Tritt in den Rücken fiel er in einen Teich und wurde durch Faustschläge ins Gesicht und in den Magen daran gehindert, aus dem Wasser herauszukommen. Das Opfer erlitt eine Platzwunde, zahlreiche Prellungen und Schürfwunden.

- Die Beiordnung eines Anwalts führt in zwei Fällen erst dazu, dass das Verfahren eröffnet wurde. Die Anklage wurde nicht zugelassen, Staatsanwaltschaft und Anwälte der beiden Opfer gingen dagegen erfolgreich vor. Ohne diese Rechtsvertretung wäre es nicht zu einem Prozess gekommen.

- Wenn den Opfern nicht mehr geholfen werden kann, unterstützt die Stiftung wenigstens deren Angehörige. So die Nebenklage in einem besonders grausamen Fall. Den bedürftigen Eltern eines Jungen, der aus rechtsextremistischen Gründen zu Tode gequält und anschließend in eine Jauchegrube geworfen wurde, konnte insofern Beistand geleistet werden.

- Die Stiftung versucht ferner, gegen Rechtsextremismus und Gewalt im Wege einer Stärkung der Zivilcourage vorzugehen: Ein Mann wollte einem S-Bahn-Aufseher zu Hilfe kommen und wurde daraufhin selbst Opfer. Der Täter trug eine Jacke mit dem Szenekode gewaltbereiter Rechtsradikaler. Am Tattag war eine große bundesweite NPD-Demonstration geplant, das Opfer hatte an einer Gegenveranstaltung teilgenommen. Ihm wurde mit einem Flaschenhals eine Augenverletzung und tiefe Schnitt im Gesicht zugefügt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Swen Walentowski, Pressesprecher Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Telefax: (030) 726152190

(bl)

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