Rechnung zum Dosenpfand über 375 Millionen Euro an Handel und Eichel / Verbraucher sollen Behörden einschalten: Die Abzocke muss ein Ende haben
(Berlin) - Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat dem Einzelhandel und Bundesfinanzminister Eichel am 29. September in Berlin die Rechnung für die zu Unrecht einbehaltenen Pfandmillionen präsentiert. Endlich ist die Übergangsfrist und die Phase der Ausreden vorbei, so vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller in Berlin. Nun müssten die noch offenen Rechnungen beglichen und die Abzocke endlich ein Ende haben. Seit Januar 2003 haben die Geschäfte hervorragend an nicht eingelösten Pfandgeldern verdient: Nach konservativen Schätzungen belaufen sich die Pfandgewinne innerhalb der neunmonatigen Übergangsfrist auf 375 Millionen Euro. Dabei hat auch der Staat kräftig mitkassiert. Die Einnahmen durch die abgeführte Mehrwertsteuer betragen rund 51 Millionen Euro.
Der vzbv kündigte an, ab 1. Oktober stichprobenartig einzelne Unternehmen zu überprüfen und abzumahnen, falls sie ihrer Pflicht nicht nachkommen, auch nicht bei ihnen gekaufte Verpackungen zurückzunehmen. Zugleich rief der vzbv die Verbraucher auf, die zuständigen Landesbehörden zu informieren, wenn ein Geschäft die Annahme einer pfandpflichtigen Einwegverpackung verweigert. Ausgenommen sind laut Verpackungsverordnung lediglich Geschäfte, die die betreffende Verpackung nicht im Angebot haben, sowie Läden von unter 200 Quadratmetern. Zuständig für die Überwachung und Einhaltung der Verpackungsverordnung sind die für Abfallwirtschaft zuständigen Behörden der Länder. Diese können bei Verstößen ein Ordnungsgeld von bis zu 50.000 Euro verhängen.
Der vzbv forderte Bundesumweltminister Trittin auf, die Verpackungsverordnung ohne weitere Verzögerungen umzusetzen und den Handel zur flächendeckenden Rücknahme von pfandpflichtigen Einwegverpackungen zu verpflichten. Nicht nur unsere Geduld mit dem Handel ist am Ende, auch die Schonzeit für Minister Trittin, so Müller. Schließlich habe nicht nur der Handel mit seiner unverschämten Hinhaltetaktik die chaotische Lage verursacht, sondern auch der Minister mit der ungerechtfertigten Duldung der Übergangsfrist. Zu einem Katz-und-Maus-Spiel gehörten immer zwei Parteien. Leider sei das Dosenchaos bisher allein zu Lasten des Verbrauchers gegangen.
Zudem fordert der vzbv die Bundesregierung auf, das Ausweichen der Anbieter auf so genannte Insellösungen zu unterbinden. Nach derzeitiger Rechtslage ist ein Händler nicht zur Rücknahme von Verpackungen verpflichtet, die in Form oder Größe von handelsüblichen Verpackungen abweichen. Es kann nicht angehen, dass sich Handelsunternehmen durch geringfügige Formanpassungen der Rücknahmepflicht entziehen, so Edda Müller. Hier müsse es klare Regelungen und Definitionen geben. Ansonsten bestünde die Gefahr einer unübersichtlichen Vielzahl von Inseln. Statt die Insellösungen weiter zu dulden, müsse die Bundesregierung diese Hintertür schließen, damit das Wirrwarr für die Verbraucher nicht noch größer wird. Gelegenheit dazu bietet sich bei der anstehenden Novellierung der Verpackungsordnung. Doch bevor darüber entschieden werde, müsse das aktuelle Chaos beseitigt und ein für die Verbraucher befriedigender Zustand herbeigeführt werden. Dies sehen wir im Moment noch nicht, so Müller.
Die Stiftung Initiative Mehrweg sieht in dem Entwurf der Novelle der Verpackungsverordnung die Gefahr einer weiteren Destabilisierung der bestehenden Mehrwegsysteme. Die vorliegende Novelle ist nicht ausgegoren und trägt dazu bei, die umweltpolitischen Ziele der Verpackungsverordnung zu torpedieren, so der Geschäftsführer der Initiative, Staatssekretär a. D. Clemens Stroetmann. Er fordert den Bundesrat auf, dem Entwurf in dieser Form die Zustimmung zu verweigern. Die Stiftung Initiative befürchtet, dass es durch die geplante Einführung einer Adelsfamilie so genannter ökologisch vorteilhafter Einweggetränkeverpackungen zu einer dramatischen Verschiebung von bisher in Mehrwegverpackungen abgefüllten Getränken in die Kartonverpackung kommen könnte. Dies ist nach gegenwärtigem Sachstand ökologisch nicht zu begründen und stellt eine staatlich verordnete Wettbewerbsverzerrung zu Lasten anderer Verpackungsmaterialien dar, so Stroetmann. Eine Novelle, die zentrale Punkte nicht berücksichtige, werde den ökologischen Zielen nicht gerecht, führe ökonomisch zu Wettbewerbsverzerrungen und erschwere dem Verbraucher die richtige Entscheidung beim Kauf von Getränken.
Auch die Verbraucher können ihren Beitrag für eine rasche Umsetzung der Verpackungsverordnung leisten. Sie können sich bei einer verweigerten Annahme von Verpackungen an die für den Vollzug der Verpackungsverordnung zuständige Behörde wenden. Um dies zu erleichtern, hat der vzbv in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen einen Beschwerde-Musterbrief erarbeitet. Der Musterbrief kann über den vzbv und über die Websites der meisten Verbraucherzentralen abgerufen werden.
Quelle und Kontaktadresse:
vzbv Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
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