Raumfahrt: Durch überproportionale Kürzungen verliert Deutschland Anschluss / 200 bis 250 Arbeitplätze insbesondere im Mittelstand gefährdet
(Berlin) - Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) sieht die deutsche Raumfahrt an einem Scheideweg. Durch die vom Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am Donnerstag beschlossenen überproportionalen Kürzungen im Raumfahrtbudget des Bundesforschungsministeriums stehen deutsche Kernkompetenzen und 200 bis 250 Arbeitsplätze insbesondere im Mittelstand zur Disposition, sagte BDLI-Präsidialgeschäftsführer Hans-Joachim Gante.
Der Vorsitzende des BDLI-Forums Raumfahrt und Vorstand Astrium-Raumfahrtinfrastruktur, Josef Kind, erklärte: Wenn die Kürzungen des deutschen Forschungsetats fast ausschließlich auf Kosten der Raumfahrt gehen, ist dies ein falsches politisches Signal in der aktuellen Krise der deutschen und europäischen Raumfahrt. Dies gilt umso mehr, als Amerika gerade sein Raumfahrtbudget hochfährt. Wir haben zudem bisher geglaubt, die Forschungspolitik insgesamt würde als politische Schwerpunktaufgabe für eine deutsche Wissensgesellschaft verstanden werden.
Nach den gestrigen Haushaltsentscheidungen des Deutschen Bundestages stehen der Raumfahrt im Jahr 2003 insgesamt 42 Mio. Euro weniger zur Verfügung. Der deutsche ESA-Beitrag wurde um 20 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr gekürzt. 50 Mio. Euro wurden zudem gesperrt. Die Aufhebung dieser Sperre bedarf der Zustimmung des Haushaltsausschusses.
In dem für die Technologievorbereitung bedeutsamen nationalen Raumfahrtprogramm wurde sogar noch mehr als vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Dezember selbst vorgeschlagen gestrichen. Im Vergleich zu 2002 stehen hier in diesem gerade auch für den Mittelstand existentiellen Programm unter Berücksichtigung der Haushaltsvorbelastungen aus dem Jahr 2002 insgesamt rund 22 Mio. Euro weniger zur Verfügung.
Reiner Klett, Geschäftsführender Gesellschafter des mittelständischen Raumfahrtunternehmens Kayser-Threde aus München unterstrich: Werden die öffentlichen Mittel für die Raumfahrt nach den Erfolgen der ESA-Ministerratskonferenz unter dem deutschem Vorsitz weiter gekürzt bzw. Kürzungen fortgeschrieben, verabschiedet sich Deutschland aus dem Kreis der führenden europäischen Raumfahrtnationen.
Schwerwiegende Folgen für die deutschen Raumfahrtunternehmen befürchtet Klett. So müssten bereits begonnene Zukunftsprojekte abgebrochen werden und das Konzept einer öffentlich-privaten Partnerschaft (PPP) in Frage gestellt werden. Die Industrie habe im Vertrauen auf Planungssicherheit in erheblichem Masse Eigenmittel investiert, welche nun verloren gingen.
Zudem sei die Gesamtsituation der europäischen Raumfahrt derzeit sehr kritisch, betonte Gante. Seit dem Einbruch des kommerziellen Telekommunikationsgeschäfts, das sich sowohl bei Satelliten-Geschäften als auch Trägerraketen auswirke, sei die Raumfahrtindustrie in Deutschland mit ihren knapp 5.900 Beschäftigten in einer sehr schweren Krise. Der zweifelsohne notwendige harte Umstrukturierungsprozess werde unter weitere Belastungen gestellt.
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