Rassistischer Angriff auf syrischen Moderator
(Berlin) - In einer schockierenden Szene ging vergangene Woche in Istanbul ein türkischer Studiogast auf einen Moderator des syrischen Fernsehsenders Orient News los und beleidigte ihn rassistisch. Reporter ohne Grenzen (RSF) verurteilt den Angriff auf den Journalisten. Noch entsetzlicher ist die Tatsache, dass die türkische Polizei im Anschluss das Opfer, nämlich den Moderator Ahmad Rihawi, und den Direktor des Senders, Alaa Farhat, festgenommen hat.
Bei dem aggressiven Studiogast handelte es sich um den Politikwissenschaftler Oktay Yilmaz. Als der Moderator ihm eine Frage zur Gewalt der türkischen Polizei gegen syrische Geflüchtete an der Grenze der Türkei zu Syrien stellte, reagierte der Gast mit einem Schwall rassistischer Beleidigungen gegen den Moderator. Die Szene, die Yilmaz lostrat, endete damit, dass er aufsprang, Rihawis Notizzettel zerriss und dessen Wasserglas umstieß. "Mit welchem Recht greifen Sie die Türkei und ihr Volk an?", schimpfte er dabei.
Obwohl der Angriff live zu sehen war und der Moderator durchweg ruhig blieb und sich professionell verhielt, folgte die türkische Polizei dem Wunsch des Angreifers: Sie nahm die Medienschaffenden fest. Es dauerte ganze 48 Stunden, bis sie wieder entlassen wurden. Eine Klage gegen sie war abgewiesen worden.
"Der rassistische Angriff auf den Moderator Ahmad Rihawi ist verwerflich genug, aber dass danach ausgerechnet das Opfer und dessen Vorgesetzter festgenommen wurden, toppt wirklich alles", sagt RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. "Diese Festnahme ist pressefeindlich und rassistisch zugleich", so Mihr weiter. "Natürlich sind wir froh, dass die beiden Medienschaffenden inzwischen wieder frei sind, doch sie hätten gar nicht erst eingesperrt werden dürfen", kritisiert der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen.
Grund für die Festnahme war eine Beschwerde des Angreifers, die er einreichte, nachdem er das Orient News-Studio verlassen hatte. Laut Quellen von RSF warf Yilmaz dem Journalisten darin vor, den Staat beleidigt zu haben. Nach ihrer Festnahme wurden Rihawi und Farhat zunächst zur Einwanderungsbehörde und von dort zum Polizeipräsidium Istanbul gebracht.
Noch am Tag ihrer Entlassung dankten Rihawi und Farhat in einer Live-Sendung allen, die sie unterstützt haben: "Diese juristischen Kämpfe, dieser Rassismus und diese Knebelversuche sind nicht neu", sagte Rihawi, der sich in eine syrische Flagge gehüllt hatte. "Aber wir werden nicht aufhören, darüber zu berichten, was die Menschen sagen."
Der Sender Orient News forderte, dass Yilmaz für seinen "verbalen und physischen Angriff auf Ahmad Rihawi" zur Rechenschaft gezogen wird. Orient News ist eine Mediengruppe im Besitz des syrischen Geschäftsmanns, Journalisten und Oppositionellen Ghassan Abud mit Sitz in Dubai, die Nachrichtendienste für den Nahen Osten mit Schwerpunkt Syrien anbietet.
Der Angriff fällt in eine Zeit wachsenden Rassismus' gegen syrische Menschen in der Türkei. Der Hass und die Gewalt wird von Teilen der Politik aktiv geschürt und geht oft Hand in Hand mit der Ablehnung von Demokratie und Pressefreiheit. Während aufgrund der Verknüpfung von Rassismus und Pressefeindlichkeit traditionell besonders kurdische Journalist*innen verfolgt werden, trifft es neuerdings auch syrische Journalist*innen: Erst im Januar war zwei syrischen Kollegen mit Ausweisung gedroht worden. Einer von ihnen wurde nach seiner Verhaftung durch die türkischen Behörden schließlich ausgewiesen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 149 von 180 Ländern.
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