Pressemitteilung | Automobilclub von Deutschland e.V. (AvD)

Punktereform: Der AvD warnt vor "Abzocke" der Autofahrer / Keine Anhebung der Geldbußen durch die Punktereform / AvD ist für Neuordnung der Eintragungsfristen nach Rechtskraft der Entscheidungen / Ziel muss die Vereinfachung des Systems sein

(Frankfurt am Main) - Die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) geplante Reform des Mehrfachtäterpunktesystems zu einem "Fahreignungs-Bewertungssystem", dessen Konzept bereits im Frühjahr vorgestellt wurde, wird an entscheidenden Punkten abgeändert. Morgen findet im Bundesverkehrsministerium (BMVBS) eine Anhörung mit den Verbänden zur "Punktereform" statt. Der AvD wird hier seine Meinung und Kritikpunkte darlegen, um die Autofahrer u.a. vor gravierenden Bußgelderhöhungen zu schützen.

Die bisherige Verwarnungsgeldobergrenze soll von 35 Euro auf 65 Euro erhöht werden. Bußgelder ab einem Betrag von 70 Euro sollen in das neue Fahreignungsregister eingetragen und mit Punkten bewertet werden. Als Begründung für die neue Verwarngeldhöhe von 65 Euro wird die Beibehaltung des Verwarngeldniveaus in den letzten 25 Jahren angeführt. Weiterhin ist auch die Verfahrensvereinfachung bei zu verringerndem Verwaltungsaufwand für Gerichte und Behörden zur Entlastung der Justiz eines der Ziele.

Zudem sieht der Entwurf des BMVBS vor, einige niedriger sanktionierte Tatbestände, die als verkehrssicherheitsrelevant eingestuft werden, auf mindestens 70 Euro anzuheben, um sie noch im Register erfassen zu können. Dazu gehören etwa Verstöße gegen Winterreifen- und Kindersicherungspflicht, Handyverbot, Vorfahrtsmissachtung und vieles anderes mehr - insgesamt eine Liste von 26 Tatbeständen. Darüber hinaus sollen Bußgelder für mindestens 16 Tatbestände, die, weil künftig ohne Punkte, nicht mehr ins Register eingetragen werden sollen, "kompensatorisch" deutlich erhöht werden. So soll etwa die Einfahrt in eine Umweltzone trotz fehlender oder nicht genügender Plakette statt mit 40 Euro künftig mit 80 Euro Bußgeld geahndet werden.

Der AvD lehnt die Anhebung der Geldbußen im Rahmen der Neuregelung des Punktesystems ausdrücklich ab. Der in vielen Fällen vorgenommenen Anhebung um mindestens 50 Prozent steht keine erkennbare Rechtfertigung gegenüber. Die Verkehrssicherheit hat sich mit Blick auf tendenziell sinkende Zahlen von Einträgen von Verkehrsübertretungen im Register durch die Beibehaltung des Bußgeldniveaus nicht verschlechtert. Der AvD fordert das BMVBS insoweit auf, sich an seine Versprechung, die Erhöhung von Bußgeldern sei nicht Gegenstand der Neuregelung des Punktessystems, zu halten. Es besteht die Gefahr, dass die gewollte verbesserte Regelbefolgung durch ein transparentes Punktesystem durch die Erhöhung der Bußgelder von den Kraftfahrern als "Abzocke" angesehen und damit konterkariert wird.

Der AvD kritisiert, dass darüber hinaus im Entwurf von der geplanten strikten Vereinfachung der Eintragungsgrundsätze Abstand genommen wird. Es soll nun doch eine einjährige Überliegefrist an die jeweilige Tilgungsfrist anschließen, um noch Verstöße eintragen zu können, die in die Tilgungsfrist fallen, aber erst nach Ablauf der Frist gemeldet werden. Diese Verfahrensweise wird mit der dem "Schutz der Justiz" begründet, um keiner Rechtsmitteleinlegung der Betroffenen zum Zwecke des Verfalls von Eintragungen im Register Vorschub zu leisten. Dazu kommt die erhebliche Ausweitung der Dauer der Tilgungsfrist für besonders verkehrssicherheitsrelevante Ordnungswidrigkeiten auf fünf Jahre.

Der AvD ist der Meinung, dass ein Teil derjenigen Regelungen erhalten bleibt, welche die Berechnung des jeweils aktuellen Punktestands bisher sehr kompliziert gemacht haben. Die geplante Vereinfachung des Punktesystems durch Verzicht auf das Beibehalten von älteren Punkteeinträgen ("Tilgungshemmung") muss mit der Eintragung der Entscheidungen nach Rechtskraft ohne zusätzliche Bedingung ergänzt werden. Der Entwurf des BMVBS ist deshalb ein Rückschritt. Nach den bisherigen Begründungen des Gesetzgebers sollte die erwünschte Vereinfachung und Transparenz des Systems u. a. durch die Abschaffung der "Überliegefrist" herbeigeführt werden. Die Erwartungen der Behörden auf Verminderung der Einspruchsverfahren werden sich nach bisherigen Erfahrungen des AvD mit dem bestehenden System auch künftig nicht erfüllen, da Betroffene mit hohen Punkteeinträgen auf jeden Fall die aufschiebende Wirkung eines Einspruchs im Bußgeldverfahren nutzen, um das Hinzukommen neuer Punkte zu hindern versuchen. Die Betroffenen haben sich trotz anwaltlicher Hinweise auf die einjährige Überliegefrist auch bisher nicht von dieser Vorgehensweise abhalten lassen. Der AvD begrüßt aber ausdrücklich das Vorhaben, jeden Punkteeintrag nach Ablauf seiner eigenen Tilgungsfrist im Register zu löschen, ohne dass neue Verstöße die Löschung bereits vorhandener Punkte hindern.

Die geplante Neuordnung ist in Hinblick auf seit Jahren sinkende Zahlen von Verkehrsübertretungen und dementsprechend niedrigeren Eintragungszahlen strikt auf das Ziel Vereinfachung auszurichten und muss nach Meinung des AvD das Verhältnis von Aufwand zu Nutzen berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund sollten sich die Anpassungen auf diejenigen Maßnahmen beschränken, die tatsächlich geeignet sind, die mit der Reform verfolgten Ziele zu erreichen. Experimente gilt es zu vermeiden. Inwieweit die Pläne des BMVBS, die Punktebewertung komplett neu zu strukturieren und von dem bisherigen System Abstand zu nehmen, sinnvoll sind und vor allem der damit verbundene Aufwand in einem vernünftigen Verhältnis zu dem erreichbaren Nutzen steht, ist nach Ansicht des AvD noch nicht ausreichend belegt. Aber nur dann darf das bestehende Register als ein im Kern bewährtes System verändert werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Automobilclub von Deutschland e.V. (AvD) Pressestelle Lyoner Str. 16, 60528 Frankfurt am Main Telefon: (069) 66060, Telefax: (069) 6606260

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