Psychiatrien haben zu wenig Personal - auch bei Psychotherapie / DPtV fordert Erhöhung der Minutenwerte in Kliniken
(Berlin) - "Mehr als die Hälfte aller psychiatrischen Kliniken in Deutschland verfehlen die Personal-Mindestvorgaben. Das zeigt der Quartalsbericht des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG). Im Bereich der Psychotherapie sieht die Realität in Kliniken sogar noch schlimmer aus", sagt Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der Deutschen PsychotherapeutenVereinigung (DPtV). "Die Richtlinie zur Personalbemessung in der Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) regelt, wieviel Behandlungszeit durch Psychotherapeut*innen den Patient*innen in der Klinik zur Verfügung steht. Diese Minutenwerte sind jedoch so niedrig angesetzt, dass die defizitäre psychotherapeutische Versorgungssituation im IQTIG-Bericht gar nicht als Mangel auftaucht. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) muss die Werte erhöhen."
Nur 49 Minuten in der Woche
"In der Psychiatrischen Regelversorgung haben Psychologische Psychotherapeut*innen nur 49 Minuten Kapazität pro Patient*in (inklusive Dokumentation, Fallbesprechungen, Visiten, ...). Damit sind diese Werte für Kliniken derzeit sogar niedriger als für die ambulante Behandlung. Das widerspricht fachlichen Standards und jeglicher Logik", sagt Psychotherapeut Hentschel. "Patientinnen in Kliniken benötigen üblicherweise deutlich mehr. Mehr ärztliche Minuten, mehr pflegerische Minuten und entsprechend mehr psychotherapeutische Minuten." Es sei fatal für die Klinik-Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, dass der zuständige G-BA bereits zwei Chancen auf eine Nachbesserung nicht genutzt habe.
Weiterbildung-Finanzierung sichern
"In Zukunft könnte sich diese Lage sogar noch verschlimmern, weil noch mehr Fachkräfte fehlen werden. Denn der Gesetzgeber hat die Finanzierung der Berufsqualifikation von Fachpsychotherapeut*innen nicht geregelt. Das hat zur Folge, dass es in Zukunft bei weitem nicht ausreichend Weiterbildungsplätze in Kliniken für Psychotherapeut*innen geben wird. Der Berufsstand hat dafür gesorgt, dass es aktuell noch ausreichend Nachwuchs gibt. Aber nicht mehr lange", warnt die Stv. Bundesvorsitzende Dr. Christina Jochim. "Um die Versorgung auch in Zukunft zu sichern, muss der Gesetzgeber die Finanzierung der fachpsychotherapeutischen Weiterbildung klar regeln. Entsprechende Vorschläge liegen auf dem Tisch. Nur durch die Finanzierung der Weiterbildung von Psychotherapeut*innen kann die Politik langfristig die Gesundheit und Stabilität der Gesellschaft verbessern, was positive wirtschaftliche und soziale Effekte nach sich zieht. Doch vor allem reduziert es viel persönliches Leid bei den Betroffenen."
Quelle und Kontaktadresse:
DPtV e.V. - Deutsche PsychotherapeutenVereinigung
Hans Stromsdörfer, Pressesprecher
Am Karlsbad 15, 10785 Berlin
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