Psyche, Probleme, Prävention und Praxis
(München) - Mens sana in corpore sano - ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Diesen Wunsch äußerte bereits der römische Dichter Juvenal, 2000 Jahre später ist dieser Ansatz in der modernen Gesellschaft wichtiger als je zuvor. Dennoch werden psychische Probleme in der Arbeitswelt 2023 oft tabuisiert.
Genau darauf wollte der BDS Bayern in Kooperation mit der AOK Bayern am 26.04. bei der Veranstaltung "Gesunder Geist, gesunder Körper: Eine Reise zur psychischen Gesundheit" in der Alten Brauerei Stegen in Inning am Ammersee hinweisen - mit großem Erfolg. Das Publikum im Saal zeigte sich von den Vorträgen und Diskussionen ebenso begeistert wie die geschätzten 2000 Zuschauer im Livestream. Nicht zuletzt dank der ebenso charmanten wie schlagfertigen Moderatorin Marion Gehlert sowie dreier außergewöhnlicher Speaker.
Nachdem sich der BDS Bayern und die AOK Bayern im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements im letzten Jahr der ergonomischen Ausrichtung der Arbeitsplätze sowie der nachhaltigen Optimierung der Arbeitsabläufe widmeten, erweitert sich die Betrachtungsweise 2023 auf die psychische Ebene. Zu Beginn begrüßte TV-München-Chefredakteurin Marion Gehlert vor knapp 100 Gästen die Präsidentin des BDS Bayern, Gabriele Sehorz auf der Bühne. Diese macht deutlich, dass psychische Belastungen nachweisbare Auswirkungen auf die Arbeitsleistung haben, sowohl bei Unternehmern, als auch bei den Mitarbeitern. "Dann können wir alle unser Potential nicht hundertprozentig abrufen." Martin Felber, Direktor der AOK München, betonte im Anschluss die deutschlandweite Einzigartigkeit der Kooperation. "Wir stoßen durch die Zusammenarbeit mit dem BDS Bayern in betriebliche Bereiche vor, zu denen wir sonst keinen Zugang hätten." Laut den erhobenen AOK-Daten erlebte Deutschland in den letzten zehn Jahren eine ständige Steigerung der psychischen Erkrankungen. Allein im letzten Halbjahr stieg die Anzahl der psychischen Erkrankungen um elf Prozent, gleiches gilt für die Dauer. "Vor diesem Hintergrund ist diese Veranstaltung derart wichtig", so Felber. Dem pflichtete der Geschäftsführer von BDS Mehrwert, Jan Vogel, uneingeschränkt bei: "Ziel der Veranstaltung ist es, durch Information die Scheu nahmen, sich diesem Thema zu stellen. Wenn wir uns als Unternehmer in diesem Punkt nicht verändern, werden wir verändert - und zwar in dem Sinne, dass wir keine Bewerber mehr bekommen."
Erster Redner auf der Bühne war Prof. Dietrich Grönemeyer, seines Zeichens Autor mehrerer Bestseller-Bücher (u.a. "Medizin verändern"), gern gesehener Gast in Talkshows und "Vater der Mikrotherapie". Sein Vortrag zeigte sowohl die Möglichkeiten des Unternehmers als auch jene der Mitarbeiter auf, um psychischen Problemen präventiv zu begegnen. "Vorsorgen ist immer besser und billiger als heilen!" Im Zuge dessen appellierte er, sein Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. "60 Prozent meines Wohlbefindens liegen nachgewiesenermaßen in meinem eigenen Tun." Stressfolgen wie u.a. hoher Blutdruck, Rückenschmerzen, Diabetes, Burnout und Depression können vermieden werden, "wenn eine wertschätzende Unternehmenskultur gepflegt wird", so Professor Grönemeyer. Eine negative Work-Life-Balance schade nicht nur dem persönlichen, sondern letztlich auch dem unternehmerischen Erfolg. Eine der Kernforderungen in dieser ebenso unterhaltsamen wie informativen Rede: "Vergessen Sie das Lächeln nicht!"
Anschließend begrüßte Moderatorin Marion Gehlert die Skisprung-Legende und ehemaligen Sieger der Vierschanzentournee, Sven Hannawald, auf der Bühne zum Interview. 2005 musste er seine Laufbahn aufgrund eines Burnouts beenden. In einem beeindruckend offenen Gespräch offenbarte Hannawald die psychischen Themen, die ihn durch die Karriere begleitet hatten - und partiell bis heute begleiten. "Ich habe irgendwann gemerkt, dass etwas nicht stimmt", so Hannawald, der sich laut eigener Aussage selbst stets den größten Leistungsdruck auferlegte. "Meine physischen Werte waren super. Erst der letzte Arzt, den ich konsultierte, konnte mir weiterhelfen: Er diagnostizierte einen Burnout und wies mich sofort in eine Klinik ein. Ich merkte, wie verzweifelt mein Körper nach Abstand, Ruhe und Seelenfrieden schrie." Diese Vollbremsung war für Sven Hannawald eine glückliche Fügung. Mittlerweile ist als Skisprung-Experte für die ARD tätig und im Rahmen der Betrieblichen Gesundheit deutschlandweit als anerkannter Seminarleiter und Speaker aktiv. Zugleich weiß er aber immer noch um seine Anfälligkeiten: "Ich bin Perfektionist. Entweder mache ich etwas richtig oder gar nicht. Der Unterschied ist, dass ich mir heute feste Auszeiten gebe."
Als letzter Redner betrat Diplom-Psychologe Udo Schüppel, der auch für den BDS Bayern im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements tätig ist, die Bühne und gab den Zuschauern einen tiefen Einblick in seine Praxisarbeit und wies auf die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten im Unternehmen hin, um kurzfristige Wirkungen zu erzielen, aber nachhaltig die Lebensqualität aller Beteiligten zu heben. "Ohne gutes Team kein guter Umsatz!" Hierbei betonte Schüppel auch die gravierenden Veränderungen der Gesellschaft, die heute weitaus bunter und eigenständiger ausfällt. Zudem empfahl er den Begriff "Work-Life-Balance" durch "Balance" zu ersetzen, welcher die privaten, beruflichen und alle anderen Lebensbereiche abdeckt. Auch die Tabuisierung psychischer Probleme war Inhalt seines detailreichen und dennoch belebenden Vortrags. Hier müsse dringend etwas geschehen. Abschließend betonte er die Vorzüge für das Unternehmen, wenn es möglichen psychischen Problemfeldern proaktiv und präventiv begegnen würde: "Es ist eine unglaublich starke Mitarbeiterbindung möglich!"
Nach einer ebenso geselligen wie entspannten Mittagspause stellten sich Prof. Dietrich Grönemeyer, Sven Hannawald und Udo Schüppel an der Seite von Jan Vogel und Sandra Böhm, Beraterin im Betrieblichen Gesundheitsmanagement bei der AOK Bayern, den Fragen des Livepublikums sowie der Livestream-User, welche ihre Anliegen online einsenden konnten. Das Spektrum reichte von politischen über soziale bis hin zu privaten Bereichen. Was sind die Folgen der geplanten Gesundheitsreform für die Krankenhäuser und deren Mitarbeitern? Was tun, wenn man einen eigenen Burnout befürchtet - offen artikulieren oder sich nur Vertrauenspersonen wenden? Wie soll ich mit einem Narzissten in meinem näheren Arbeitsumfeld umgehen? Zwei Stunden lang widmete sich das hochrangig besetzte Podium den Fragen der Zuschauer und wurde am Ende mit großem Applaus verabschiedet. Oder wie es Jan Vogel zum Ende von "Gesunder Geist, gesunder Körper: Eine Reise zur psychischen Gesundheit" formulierte:
"Das war eine perfekte Veranstaltung! Danke an die AOK Bayern, danke an die großartigen Referenten und alle Beteiligten - und natürlich danke an unsere Zuschauer in Präsenz sowie im Livestream!" Und so endete ein gelungener Tag im Sinne der psychischen Gesundheit.
Quelle und Kontaktadresse:
Bund der Selbständigen (BdS) - Gewerbeverband Bayern e.V. - Hauptgeschäftsstelle
Stefan Julinek, Referent Politik und Kommunikation
Schwanthalerstr. 110, 80339 München
Telefon: (089) 540560, Fax: (089) 5026493