Protest gegen Angriff auf EU-Durchsetzungsrichtlinie / IG BAU warnt vor drohender Prozessflut bei Arbeitsgerichten
(Frankfurt am Main) - Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) warnt vor einem Raubbau des Schutzes für entsandte Arbeiter und vor einer drohenden Prozesslawine bei den Arbeitsgerichten. Hintergrund sind Vorschläge, die EU-Entsenderichtlinie zu ändern. Baugewerkschaften aus ganz Europa demonstrieren heute (für die Red. 12. Juni 2013) dagegen vor dem Europäischen Parlament (EP) in Straßburg. Sie sehen in dem Änderungspaket, über das der Beschäftigungsausschuss des EP am 20. Juni 2013 abstimmt, einen Angriff auf die Arbeitnehmerrechte und einen fairen Wettbewerb. So sollen Kontrollen von Entsendefirmen stark eingeschränkt werden. "Die EU-Kommission will Lohndumping legalisieren. Ausbeutung und Sozialdumping kann nach den Vorschlägen fast nicht mehr verfolgt werden. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit würde in Deutschland praktisch handlungsunfähig. Alles läuft darauf hinaus, dass dann nur noch die Regeln des Herkunftslandes gelten - und die sind in der Regel schlechter als die in Deutschland", sagte der stellvertretende IG BAU-Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers, der gleichzeitig Präsident des ständigen Bauausschusses der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) ist. "Das Vorhaben der EU-Kommission vernichtet den regulären Wettbewerb in Deutschland, viele Betriebe und tausende von Arbeitsplätzen. Die Bundeskanzlerin trägt hier Verantwortung. Sie muss endlich intervenieren. Die Idee ist nicht neu. Die hatte schon der Ex-EU-Kommissar Frits Bolkestein. Er ist damit gescheitert und auch jetzt werden wir diese Zumutungen zu Fall bringen."
Die Vorschläge sehen zudem vor, dass der Generalunternehmer nicht mehr für Verstöße seiner Subunternehmer haftet. Arbeiter von Subunternehmen sollen dieses verklagen, wenn sie etwa um ihren Lohn geprellt werden. "Es gehört bei den nicht wenigen unseriösen Entsendefirmen zum Geschäftsmodell, die letzte Lohnzahlung grundlos einzubehalten", sagte Schäfers. Bisher können sich Arbeiter das Geld vom Generalunternehmer holen, der den Subunternehmer beauftragt hat. Wird die Entsenderichtlinie aber wie geplant geändert, muss sich der Arbeiter auf eine Kette von Klagen einstellen, die genauso lang ist wie die der Subunternehmer. Das heißt er muss erst die Firma auf Lohn verklagen, bei der er beschäftigt war. Weil sich betrügerische Firmen aber regelmäßig in die Pleite flüchten, geht er leer aus. Um an sein Geld zu kommen, soll er laut Änderung dann den nächsten Subunternehmer verklagen und so fort bis er nach Jahren endlich bei dem meist zahlungsfähigen Generalunternehmer angekommen ist. "Sollte sich dieser Irrwitz durchsetzen, kann sich der Staat schon mal nach vielen neuen Arbeitsrechtlern umsehen. Dann kommen auf die Gerichte so viele Prozesse zu, dass die bisherigen Arbeitsrichter in der Klageflut untergehen. Schließlich gibt es bei den Subunternehmer-Ketten oft mehr als zehn beteiligte Firmen. Wenn diese für jeden nicht gezahlten Lohn jedes Mal alle hintereinander verklagt werden müssen, kann das nur im Chaos enden. Für die betroffenen Arbeiter bedeutet dieser Vorschlag einen Stoß in die materielle Not. Die meisten leben von der Hand in den Mund. Sie können es sich nicht leisten, jahrelang auf ihr Geld zu warten", sagte Schäfers.
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