"Prognosen sind keine Fakten" / Allianz pro Schiene kritisiert fehlenden Gestaltungswillen bei Verkehrsminister Volker Wissing
(Berlin) - Die Allianz pro Schiene wirft Bundesverkehrsminister Volker Wissing vor, ein "fatalistischer Minister ohne verkehrspolitischen Gestaltungsanspruch" zu sein. Der Vorsitzende des gemeinnützigen Verkehrsbündnisses, Martin Burkert, sagte am Montag in Berlin: "Prognosen sind keine Fakten. Wer sich als Minister hinter Prognosen versteckt, um den überfälligen Wandel in der Verkehrspolitik auszusitzen, hat ein problematisches Berufsverständnis."
Wissing hatte vergangenen Freitag eine von seinem Ministerium beauftragte Verkehrsprognose für das Jahr 2051 als Begründung für seine aktuellen Pläne zum Bau weiterer Autobahnen herangezogen. Er richte seine Verkehrspolitik an "tatsächlichen Begebenheiten" aus und betreibe "faktenbasierte Politik", so der FDP-Minister mit Verweis auf die "Gleitende Langfrist-Verkehrsprognose".
Als "ungeheuerlich" bezeichnete Burkert die Aussage Wissings, er orientiere sich im Güterverkehr nicht "an politischem Wunschdenken". Burkert: "Das ist eine nicht hinnehmbare Absage an das in der Koalitionsvereinbarung verankerte Ziel, den Marktanteil der Güterbahnen zu steigern. Die vom Bundesverkehrsminister ins Feld geführte Studie enthält als Randbedingungen keinerlei Verkehrswendemaßnahmen und geht von einem sinkenden Marktanteil der Güterbahnen im Vergleich zu heute aus. Das interpretiert der Verkehrsminister offensichtlich als Einladung zum Nichtstun."
In dieses Bild des "uninspirierten Weiter-So im Hause Wissing" passt für das Allianz pro Schiene-Vorstandsmitglied Hans Leister auch die Aussage des Verkehrsstaatssekretärs Michael Theurer, der Deutschlandtakt werde erst "in den nächsten 50 Jahren als Jahrhundertprojekt" umgesetzt. "Wissings Amtsvorgänger Scheuer hat noch suggeriert, der Deutschlandtakt komme bis 2030 und nun heißt es: in 50 Jahren", kritisierte Leister, der auch Co-Vorsitzender einer gemeinsam mit dem Ministerium gebildeten Deutschlandtakt-Arbeitsgruppe ist. "Die 181 aus dem Deutschlandtakt abgeleiteten Infrastrukturmaßnahmen müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden, bis Mitte der 2030er Jahre, und nicht erst bis 2070", forderte Leister. Wie das schneller als bislang gehen kann, habe die Beschleunigungskommission Schiene aufgezeigt. "Aber auch diese Empfehlungen sind im Bundesverkehrsministerium seit Monaten in der Warteschleife."
Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege forderte von Wissing "endlich belastbare Deutschlandtakt-Fakten". Wenn der Deutschlandtakt bei dem "Bummeltempo der Regierung" nicht mehr in diesem Jahrzehnt in Gänze umzusetzen sei, dann müsse der Minister sagen, bis wann der Deutschlandtakt komme und auch "einen verbindlichen Etappen-Umsetzungsplan" vorlegen. Diese Etappen mit konkreten Verbesserungen für die Kunden und zusätzlichen Infrastrukturkapazitäten "müssen vom Parlament beschlossen und mit Geld hinterlegt werden".
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