Produktion im Maschinenbau 2024 deutlich schwächer als erwartet
(Frankfurt am Main) - Die Produktion im Maschinen- und Anlagenbau in Deutschland hat in den ersten sieben Monaten des laufenden Jahres mit einem realen Minus von 6,8 Prozent die Erwartungen deutlich verfehlt. "Die Konjunktur verlief in diesem Zeitraum eher enttäuschend. Zwar hatten wir noch nicht mit einer moderaten Erholung gerechnet, wohl aber mit einer nachhaltigen Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Diese blieb aus; mehr noch: Der Auftragseingang und auch zahlreiche Geschäftsklimaindikatoren mussten signifikante Rückschläge hinnehmen", sagt VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers. Daher reduzieren die VDMA-Volkswirte ihre Produktionsprognose für das laufende Jahr von bisher minus 4 auf minus 8 Prozent zum Vorjahr.
Laut ifo-Institut lag die Auslastung der Maschinenkapazitäten in den Unternehmen im Juli bei 79,4 Prozent - ein Wert, der signifikant unter der mittleren Bandbreite (84,4 bis 89,1 Prozent) und damit auch deutlich unterhalb der sogenannten Komfortzone liegt. Annähernd die Hälfte der Maschinenbaufirmen (44 Prozent) hatten im Juli zu große technische Produktionskapazitäten. Lediglich 5 Prozent der Firmen berichteten von Kapazitätsengpässen. Unternehmen mit aktuell zu großen Personalkapazitäten kompensieren dies zumeist durch den Abbau von Arbeitszeitkonten sowie verstärkt Kurzarbeit. Die Zahl der Beschäftigten wird so weitgehend stabil gehalten. Fast die Hälfte (47 Prozent) der Unternehmen klagte über Produktionsbehinderungen durch Auftragsmangel. "Der Auftragseingang lag in den ersten sieben Monaten des Jahres real 11 Prozent unter seinem Vorjahreswert. Während sich bis einschließlich April noch eine Talsohle sowohl der Auslands-, als auch der Inlandsbestellungen abzeichnete, änderte sich das Bild ab Mai wieder zum Schlechteren", erläutert der VDMA-Chefvolkswirt.
Klarer wirtschaftspolitischer Kurs fehlt vielerorts
Mit einer spürbaren Besserung der Lage ist aktuell nicht zu rechnen. Die Weltwirtschaft ist geprägt von Verunsicherung, Kriegen und Handelsdisputen.
In Europa ist der künftige wirtschaftspolitische Kurs sowohl der EU als auch vieler Mitgliedsstaaten nach den jüngsten Wahlen unklar. Das gilt nicht minder für Deutschland. Zudem hält sich die Inflation in einigen Ländern hartnäckiger als erwartet, mit der Folge, dass Zinssenkungen auf wichtigen Märkten wie den USA oder in der EU langsamer als erwartet erfolgen. In den USA, dem wichtigsten Exportmarkt der deutschen Maschinenbauindustrie, deutet sich eine Schwächeperiode an, in der China aus anderen Gründen bereits seit längerem steckt. Im ersten Halbjahr 2024 sanken die Maschinenexporte aus Deutschland denn auch um nominal 4,8 Prozent auf 100,6 Milliarden Euro.
Zinssenkungen machen Hoffnung
"Hoffnung macht beim Blick voraus, dass die Inflation nahezu weltweit weiter zurückgehen wird. Erste Zentralbanken haben bereits den Zinssenkungszyklus eingeläutet, andere werden folgen. Es besteht also die berechtige Chance darauf, dass zum Jahresende und im Verlauf des Jahres 2025 positive geldpolitische Impulse für den Konjunkturverlauf gesetzt werden", sagt Dr. Wiechers. "Darüber hinaus sollte in vielen Ländern der private Konsum endlich von den gestiegenen Reallöhnen profitieren. Das sollte sich mittelbar und zeitverzögert positiv auf die Investitionsgüterkonjunktur auswirken". Schwer einschätzbar ist dagegen, wie sich Handelspolitik und staatliche Finanzen rund um den Globus weiter entwickeln werden. "Zweifelsfrei als Risiken einzustufen sind Handelsbeschränkungen im Allgemeinen, ein verschärfter Handelskrieg der USA mit China, der auch Europa erfasst, die weitere Eskalation des Russland-Ukraine-Kriegs sowie ein anhaltender militärischer Konflikt im Nahen Osten mit Ausweitung auf weitere Länder", betont der VDMA-Chefvolkswirt.
"Unter der Annahme, dass der Auftragseingang gegen Ende dieses Jahres seine Talsohle erreichen wird, müssen wir uns für die nachlaufende Produktion mindestens für die erste Hälfte 2025 noch auf Minusraten zum Vorjahr einstellen. Zudem starten wir mit einem sogenannten statistischen Unterhang ins neue Jahr, brauchen also im Jahresverlauf Wachstum, um nur das Vorjahresergebnis zu erreichen. Das ist ehrgeizig. Daher schätzen wir, dass die reale Produktion im Maschinen- und Anlagenbau im Jahr 2025 nochmals 2 Prozent unter dem Vorjahr liegen wird. Nominal könnte es auf eine Stagnation hinauslaufen."
Standort Deutschland braucht endlich wieder mehr Dynamik
Auch im Maschinen- und Anlagenbau wächst die Sorge um die schwindende Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland. "Wir brauchen dringend mehr Wachstumsdynamik und mehr unternehmerische Freiheit. Maßnahmen wie das Wachstumschancengesetz weisen in die richtige Richtung, aber sie sind zu kleinteilig und werden vor allem viel zu zögernd umgesetzt", bemängelt der VDMA-Chefvolkswirt. "Es muss in Deutschland wieder Freude machen, unternehmerisch tätig zu sein. Dazu gehören ein wettbewerbsfähiges Steuersystem, eine moderne Infrastruktur sowie ein flexiblerer Arbeitsmarkt."
Quelle und Kontaktadresse:
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