Pro und Contra Methadon als Krebsmedikament: Ohne weitere klinische Studien ist der Einsatz bei Patienten nicht vertretbar
(Berlin) - Im April dieses Jahres wurde erstmals in der ARD über den möglichen Einsatz von Methadon als Krebsmedikament berichtet. Dieser Bericht und nachfolgende Beiträge in unterschiedlichen Medien haben zu hohen Erwartungen bei Patientinnen und Patienten mit Krebserkrankungen und ihren Angehörigen geführt. Im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie fand die Debatte "Methadon als Tumortherapeutikum? Pro und Contra" mit über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt.
Dr. rer. nat. Claudia Friesen vom Universitätsklinikum Ulm vertrat die Pro-Position und stellte ihre Forschungsergebnisse von In-Vitro-Versuchen vor, in deren Rahmen sie durch die Gabe von Methadon eine Wirkverstärkung des antitumoralen Effektes bei gleichzeitiger Gabe von Chemotherapie beobachten konnte. Darüber hinaus präsentierte Friesen Bilder und Krankheitsverläufe von einzelnen Patientinnen und Patienten, bei denen es unter der Gabe von Methadon zusammen mit Chemotherapie zu einer Krebsrückbildung gekommen sei. Sie informierte das Auditorium, dass weitere klinische Studien in Planung seien.
Die Contra-Position nahm Priv.-Doz. Dr. med. Ulrich Schuler vom Universitäts PalliativCentrum am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden ein. Mit Blick auf die von Friesen angeführten Fallbeispiele machte Schuler deutlich, dass u. a. aufgrund der geringen Fallzahlen und einer fehlenden Objektivierung durch externe Kontrollen eine zuverlässige Interpretation der Befunde nicht möglich sei. Neben der fehlenden Dokumentation wies Schuler auf belastende, auch gefährliche Nebenwirkungen von Methadon hin. Seine Zusammenfassung war, dass die Übertragung von In-Vitro-Effekten auf die Situation im Menschen vor dem Hintergrund fehlender klinischer randomisierter Daten wissenschaftlich und ethisch nicht zulässig sei.
In der Diskussion wurde von den Ärztinnen und Ärzten vor allem beklagt, dass durch die ungeprüften Behauptungen zur Methadon-Therapie bei den Patientinnen und Patienten große Hoffnungen geweckt wurden, die sich durch die aktuelle Evidenzlage und die praktischen Erfahrungen nicht rechtfertigen lassen.
Zum Ende der Debatte wurde abgestimmt: Ist Methadon zur Wirkverstärkung einer Chemotherapie geeignet? Nahezu einstimmig votierten die über 1.000 Teilnehmer mit Nein. Beim derzeitigen Wissensstand ist ein Einsatz von Methadon als Krebsmedikament nicht gerechtfertigt.
Sinnvoll sind kontrollierte klinische Studien unter Beteiligung der Fachgesellschaft, die auch den derzeitigen Fortschritt in anderen Bereichen der medikamentösen Tumortherapie berücksichtigen.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO)
Pressestelle
Alexanderplatz 1, 10178 Berlin
Telefon: (030) 27876089-0, Fax: (030) 27876089-18
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- DGHO schreibt erstmals Irene-Boll-Preis aus
- Hämatologie und Medizinische Onkologie 2024: Innovationen gemeinsam gestalten. Herausforderungen gemeinsam begegnen
- Hämatologie und Medizinische Onkologie 2024: Von Chancen und Herausforderungen künstlicher Intelligenz über gesundheitspolitische Fragen bis zu innovativen Therapieansätzen