Primärbaustoffsteuern / Ressourcensteuern: Finger weg von der Luftnummer!
(Köln) - Insgesamt acht Milliarden Euro Unterstützung will die Bundesregierung per Nachtragshaushalt verfügbar machen, um Betroffenen in den Überschwemmungsgebieten rasch zu helfen. Ohne diesen national aufgebauten Solidaritätsfonds ließen sich ansonsten die Wiederaufbau- und Reparaturarbeiten nicht in der gebotenen Geschwindigkeit realisieren. Gebraucht werden über den normalen Auftragsrahmen hinaus dafür auch erhebliche Mengen mineralische Roh- und Baustoffe. In diesem Kontext wirkt es wie ein doppelter Treppenwitz, dass auf der anderen Seite die Nutzung von Primärbaustoffen fiskalpolitisch begrenzt werden soll. Wer mit offenen Augen durchs Leben geht, wird spätestens jetzt erkennen, dass in Fragen des individuellen und öffentlichen Baubedarfs eine soziale Schieflage manifestiert werden soll. Schließlich wird der Nutzer nach diesen Plänen für das gleiche Geld deutlich weniger Haus, Weg, Deich, Straße oder Schienenweg bekommen, falls - wie gerade vom Ökoinstitut vorgeschlagen - eine Steuer von zwei Euro pro gelieferter Tonne Primärbaustoff fällig würden.
Sich zur Ressourceneffizienz zu bekennen und danach zu arbeiten, ist zeitgemäß. Trotzdem braucht ein Auto noch immer vier Räder, das Fahrrad einen stabilen Rahmen und ein Bauwerk bemessungs- und normgerechte Baustoffmengen. Es sei denn, man will eben nicht bauen. Das aber wäre nicht nur unter dem Eindruck der katastrophalen Hochwasserschäden und der schon länger in der Diskussion befindlichen maroden Brücken und Straßen schlichtweg untragbar - denn es muss gebaut werden, auch wenn es "nur" und ausschließlich um Ertüchtigung und Erhaltung ginge.
Das Ökoinstitut als beratendes Gremium der Bundesregierung baut ebenfalls. Ziel seines luftigen Gedankengebäudes ist die Einführung einer Primärbaustoffsteuer. Dazu wurde auf der Ressourceneffizienzplattform "PolRess" seine Implementationsanalyse veröffentlicht. Unter anderem begründen die Verfasser ihren Ansatz so: "Die Primärbaustoffsteuer ist ein fiskalpolitisches Instrument, das als Lenkungssteuer einen Anreiz setzen soll, den Verbrauch von Primärbaustoffen insgesamt zu begrenzen. Eine Primärbaustoffsteuer würde den Abbau von Primärrohstoffen erfassen und so durch deren Preissteigerung einen Anreiz dafür setzen, einerseits die Primärrohstoffvorkommen zu schonen und andererseits vermehrt Recyclingbaustoffe zu verwenden. Um eine möglichst große Wirkung zu erzielen wird vorgeschlagen, die Steuer auf die Entnahme der wichtigsten Primärbaustoffe (Baumaterialien) Sand, Kies, Naturstein, Lehm, Schiefer, Gips, Kalkstein und Dolomit zu erheben. Dabei sollte sich die Steuerhöhe im Bereich von zwei Euro pro Tonne bewegen."
An den Fakten vorbei argumentiert
Welche Lenkungswirkung soll eine Primärbaustoffsteuer im Sinne des Einsatzes von Sekundärbaustoffen aber entfalten, wenn heute bereits etwa 90 Prozent der mineralischen Bauschutt- und Abbruchmassen wiederverwertet werden? Aus den noch übrigen 10 Prozent der meist minderwertigen und zum Teil wegen diverser Belastungen zu entsorgenden Materialien können keine nennenswerten Mengen an Recyclingbaustoffen mehr gewonnen werden. Lediglich untergeordnete Einsatzbereiche könnten von einem Bruchteil dieser Mengen noch profitieren. Das deutsche Ressourceneffizienzprogramm "ProgRess" hat in 2012 bereits bilanziert, dass mineralische Primärbaurohstoffe auch bei größten Anstrengungen lediglich zu rund 11,5 Prozent durch Recyclingmaterial substituiert werden können. Eine wesentliche Steigerung ist in naher Zukunft nicht möglich, da letztlich das absehbare Aufkommen an Abbruchmassen die gebotenen Möglichkeiten limitiert.
RA Christian Haeser, Geschäftsführer beim Bundesverband Mineralische Rohstoffe, MIRO, stellt dazu fest: "Die Debatte über Ressourcensteuern wird seit langem geführt. Der Bericht des Ökoinstituts enthält dazu keine neuen Erkenntnisse. Er wärmt nur alte Begehrlichkeiten wieder auf und erklärt, wie eine solche Steuer ausgestaltet werden soll, damit sie die allgemeine Haushaltskasse des Staates puffert. Da letztlich die öffentliche Hand aber mehr als 50 Prozent - je nach Betrachtungsweise sogar bis zu 80 Prozent - der öffentlichen Aufträge in ihrer Verantwortung hat, würde sie das Geld auch wieder ausgeben. Alle privaten Auftraggeber bis hin zum Bauherr, der sich für seine Familie ein Eigenheim leisten und seine Wege gestalten möchte, wären die Dummen. Sie müssen die Zeche für teure Baumaterialien aus der eigenen Kasse berappen. Letztlich entfalten derartige Steuern nicht nur keine Lenkungswirkung, sie verteuern auch das Bauen und vernachlässigen im Nachhaltigkeitsansatz sträflich den ökonomischen und den sozialen Aspekt!"
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