Pressemitteilung | Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB)

Pressekonferenz zur Vorstellung der Studie "Internet, Online-Banking, E-Commerce"

(Frankfurt) - Rede des stellvertretenden Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Dr. Wolfgang Arnold, in Frankfurt zur BdB-Studie: Online-Banking und E-Commerce.

ES GILT DAS GESPROCHENE WORT!


Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Nutzung des World Wide Web und anderer Medien zur Kommunikation und Information hat sich rasant entwickelt. Gleiches gilt für die Geschäftsabwicklung im Internet, dem E-Commerce. Wir stehen nicht mehr vor dem Einstieg in die Informationsgesellschaft, wir sind bereits mitten drin. Computer- und Telekommunikation sind keine Zukunftstechniken mehr, sondern zur Technik der Gegenwart geworden.

Diese Entwicklung und die hiermit verbundene Globalisierung war der Zündfunke für einen dramatischen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft. Die privaten Banken haben sich dieser Herausforderung gestellt, dies belegen auch die Ergebnisse von Umfragen, die der Bankenverband aktuell mit der Forschungsgruppe Wahlen Online durchgeführt hat.

Nach dieser Umfrage haben inzwischen 31 % der Deutschen über 18 Jahre Zugang zum Internet, weitere 16 % wollen sich demnächst einen solchen Zugang zulegen. Das Internet wird hauptsächlich zur Informationsbeschaffung genutzt. Preisvergleiche oder Börsennachrichten stehen dabei ganz oben an. Immerhin: Zwei von fünf der Internet-Nutzer kaufen bereits online ein. Jeder neunte Bundesbürger, aber bereits ca. 40 % der Internet-Nutzer betreiben Online-Banking. Bei den online befragten Internet-Nutzern sind es sogar 62 %.

Ein anderes wichtiges Ergebnis unserer Umfragen ist, dass es Ende 1999 bereits über 10 Millionen Online-Konten gab. 1995 waren es gerade einmal 1,4 Millionen. Die 20-Millionen-Schwelle dürfte in nur wenigen Jahren erreicht sein. Die privaten Banken waren 1999 mit nahezu fünf Millionen Online-Konten - etwas weniger als der Hälfte - eindeutiger Marktführer. Wir gehen davon aus, dass unsere Mitgliedsinstitute ihren Wettbewerbsvorsprung weiter ausbauen werden.

Das Potenzial, das sich durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken für die Banken und ihre Kunden erschließt, ist kaum absehbar. Die Auswirkungen auf die Produktpalette reichen von der Automatisierung und der Auslagerung von Standarddienstleistungen, beispielsweise des Zahlungsverkehrs, bis hin zum Angebot von völlig neuen Spezialdienstleistungen.

Wenn wir heute, kaum zehn Monate nach Vorlage unserer ersten Broschüre zum E-Commerce, Ihnen eine grundlegende Neufassung vorstellen, spiegelt das wider, dass kaum eine Branche so stark vom E-Commerce betroffen ist wie die Kreditwirtschaft. Es zeigt zudem, wie schnell und umfassend die Entwicklung vonstatten geht.

Die New Economy kann sich in Deutschland nur dann erfolgreich entfalten, wenn die nationalen und internationalen Rahmenbedingungen für sie sachgerecht und anpassungsfähig gestaltet sind. Die Politik steht hier vor grundlegend neuen Herausforderungen. Notwendige Weichenstellungen müssen jetzt erfolgen, will man den Wandel aktiv mitgestalten. So sind der elektronische Handel im Internet und insbesondere das Online-Banking auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. Dies betrifft die Rechts-, die Wirtschafts- und die Steuergesetzgebung - vor allem was den grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr anbelangt - gleichermaßen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die technische Sicherheit. Die Vertraulichkeit der Daten muss unbedingt gewährleistet sein. Es sind Mechanismen gegen Internetkriminalität und Hackerangriffe zu installieren. Wir brauchen höchstmögliche Sicherheitsstandards für Bank- und Handelsgeschäfte im Internet.

Die Bedeutung, die der Sicherheitsaspekt für das Online-Banking hat, zeigt auch das Ergebnis unserer Meinungsumfragen: So gaben 31 % der Befragten an, sie würden kein Online-Banking betreiben, weil es ihnen zu unsicher sei. Auf die Frage nach der Sicherheit von Online-Banking antworteten 41 % der Befragten, dass Online-Banking nicht so sicher sei, 18 % sagten, dass sie es für überhaupt nicht sicher hielten. Ein völlig anderes Bild ergibt sich bei den Befragten, die bereits Online-Banking betreiben: 86 % der "Online-Banker" halten Online-Banking für sehr sicher oder sicher, nur 11 % für nicht sicher, lediglich 2 % für überhaupt nicht sicher. Großen Bedenken und Ängsten in der Gesamtbevölkerung stehen damit wenig bis gar keine Sicherheitsbedenken in der Gruppe von Nutzern des Online-Banking gegenüber.

Ein deutlicher Unterschied besteht auch zwischen den telefonisch befragten und den online rekrutierten Internet-Nutzern: 51 % der repräsentativ erhobenen Nutzer halten das Online-Banking für sicher oder sehr sicher, bei den online befragten Internet-Nutzern sind es hingegen mehr als zwei Drittel, die keine Sicherheitsprobleme sehen. Dies ist eine Folge davon, dass jene, die sich für eine Online-Befragung zur Verfügung stellen, eine deutlich höhere Affinität zum Internet und zum Online-Banking haben als andere Vergleichsgruppen.

Sicherheit im Internet-Geschäftsverkehr garantiert der Einsatz digitaler Signaturen. Sie erst machen elektronische Nachrichten fälschungssicher. Wir bekräftigen deshalb unsere Forderung, das Signatur-Gesetz zu novellieren, um neben die händische Unterschrift eine rechtsverbindliche elektronische Schriftform zu stellen. Was im Gesetzentwurf noch fehlt, ist eine "verlässliche Zurechnungsregelung". Zwar kann der Empfänger einer Willenserklärung künftig auf die Authentizität und Integrität elektronisch signierter Erklärungen vertrauen. Es muss aber gesetzlich auch klargestellt werden, dass die Urheberschaft solcher Erklärungen nicht bestritten werden kann. Diese Lücke muss der Gesetzgeber schließen.

Die von der EU im Mai dieses Jahres verabschiedete Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr weist in die richtige Richtung. Sie regelt insbesondere die Verantwortlichkeit der Provider, die Anbieterkennzeichnung, die Preisangaben, die Onlinewerbung, den Abschluss elektronischer Verträge und beinhaltet Vorschriften zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Diese Richtlinie muss schnellstmöglich in allen EU-Ländern in nationales Recht umgesetzt werden, um einen einheitlichen europaweiten Rechtsrahmen zu haben.

In die falsche Richtung weist demgegenüber der kürzlich durch die EU-Kommission vorgelegte Richtlinienvorschlag zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Zu erwähnen ist hier die Absicht, dem Verbraucher das Recht einzuräumen, online geschlossene Verträge binnen zwei Wochen einseitig aufzulösen. Gegenüber konventionellen Vertriebsformen würde dies den Fernabsatz von Bankdienstleistungen benachteiligen. Die Vorteile des elektronischen Geschäftsverkehrs, nämlich Verträge zeitnah über große Entfernungen schließen zu können, würden konterkariert. Online getätigte Einlagengeschäfte wären praktisch unmöglich.

Von maßgeblicher Bedeutung für die Akzeptanz und die Durchsetzungsfähigkeit des E-Commerce ist die Frage der Besteuerung. Einigkeit besteht darin, dass eine Besteuerung soweit möglich auf der Grundlage der geltenden, allgemein anerkannten Prinzipien und Verfahren erfolgen sollte. Der Bundesverband deutscher Banken warnt nachdrücklich vor nationalen Alleingängen. Auch der vor einigen Monaten von der EU-Kommission vorgelegte Richtlinienentwurf zur Mehrwertsteuer, mit dem sowohl das Verbrauchsland-Prinzip als auch die Qualifikation der elektronisch erbrachten Wirtschaftsgüter als "Sonstige Leistungen" festgeschrieben werden sollen, birgt Fallstricke. Unklar bleibt, welche Leistungen von den darin vorgegebenen Besteuerungsgrundsätzen erfasst werden sollen. Abgrenzungsschwierigkeiten sind vorprogrammiert. Es muss konkretisiert werden, was gemeint ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

lassen Sie mich nun als einen weiteren Aspekt des E-Commerce, das Firmenkundengeschäft der Banken, beleuchten.

Die von privaten Banken getragene Gesellschaft für bankwissenschaftliche Forschung in Köln hat Herrn Prof. Picot, Direktor des Instituts für Organisation und des Seminars für Betriebswirtschaftliche Informations- und Kommunikationsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München, beauftragt, den Einfluss der neuen Informations- und Kommunikationstechniken speziell auf das Firmenkundengeschäft der privaten Banken zu untersuchen und mögliche strategische Handlungsoptionen aufzuzeigen.

Die wichtigsten Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

- Das Firmenkundengeschäft wird durch die neuen Informations- und Kommunikationstechniken mittelbar und unmittelbar beeinflusst.
- Der unmittelbare Einfluss zeigt sich daran, dass das Internet die Beschaffung von unternehmensrelevanten Informationen vereinfacht, beschleunigt und qualitativ verbessert. Die tradierte Arbeitsteilung und Zusammenarbeit der Unternehmen untereinander, wie zwischen den Unternehmen und den Banken, verändert sich ebenso wie die internen Ablauf- und Abwicklungsprozesse.
- Weitere direkte Auswirkungen sind die Senkung der Markteintrittsbarrieren, ein sich verschärfender Wettbewerb auf Grund erhöhter Transparenz und wachsendes Preis- und Kostenbewusstsein der Firmenkunden.
- Als mittelbare Auswirkung wird sich eine grundlegend neue Firmenkundenlandschaft herausbilden. Sie wird gekennzeichnet sein durch immer größere Unternehmenseinheiten zur Ausschöpfung von Economies of Scale und -Stichwort "Inhouse-Banken"- mit dem Ziel, Cash-Management und Kapitalbeschaffung weltweit in die eigenen Hände zu nehmen. Hinzu kommt eine Vielzahl von elektronisch vernetzten Kleinunternehmen und von innovativen Unternehmensgründern, vor allem im Bereich des Internets und E-Commerce.

Die sich bei den Firmenkunden abzeichnenden Entwicklungen - so die weiteren Ergebnisse der Picot-Studie - werden zu einem wesentlichen Wandel des Leistungs- und Produktspektrums der Banken führen:

- Mit Standardleistungen, z. B. Zahlungsverkehr, werden positive Deckungsbeiträge nur noch dann zu erzielen sein, wenn man sie auf breiter Technologie- und Marktbasis selbst zum Kerngeschäft macht.
- Die Tendenz zum Outsourcing wird zunehmen, weil die notwendige "kritische Masse" oft auch für Große nicht mehr erreichbar ist.
- Traditionelles Bankgeschäft, wie die Bereitstellung von Investitions-, Betriebsmittel- und Kontokorrentkrediten, wird für viele Firmenkunden auf Grund alternativer Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten an Bedeutung verlieren, wenngleich es einen hohen Stellenwert behält.

Die neuen Informations- und Kommunikationstechniken - so die Studie - eröffnen den Banken neue Chancen und Möglichkeiten im Firmenkundengeschäft:

- Risiken der Kunden lassen sich mit Hilfe eines informationstechnisch gestützten Risikomanagements, über das unsere Banken verfügen, transparenter machen. Auf dieser Basis können neue Möglichkeiten beim Handel mit Kreditrisiken erschlossen werden. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die verstärkte Nutzung von Kreditderivaten und Verbriefungen von Kreditforderungen, so genannte Asset Backed Securities-Transaktionen. Dadurch wird die Handelbarkeit von Krediten an mittelständische Unternehmen erreicht.
- Speziell im Bereich des E-Commerce werden die Banken völlig neue Dienstleistungen entwickeln; vor allem kompetenter Beratung kommt steigende Bedeutung zu. Die Palette reicht aber noch weiter: Und zwar von der Bereitstellung von Portalfunktionen und Plattformen für elektronische Märkte bis hin zum Angebot von hochspezialisierten Sicherheitsleistungen mit einer bankeigenen Zertifizierungsarchitektur.

Im Zuge dieses Entwicklungsprozesses wird jede Bank für sich ihre Rolle neu zu definieren haben. Das Spektrum der unternehmerischen Entscheidungen, die auf dem Weg dahin zu treffen sind, reicht von konsequenter Konzentration und Fokussierung auf selbstidentifiziertes Kerngeschäft, gegebenenfalls verbunden mit dem Outsourcing weniger ertragreicher Geschäftsfelder oder der Vernetzung mit kompetenten Partnern, bis hin zum Angebot von neu konfigurierten Leistungsbündeln in neu entwic kelten, extrem kundenorientierten Vertriebseinheiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nicht immer wird die Flexibilität, die die veränderten Rahmenbedingungen fordern, akzeptiert. Wer Wandel nicht als Chance begreift, sondern als Bedrohung ansieht, wer die Risiken in den Vordergrund stellt, statt sich selbst Erfolg zuzutrauen, der tendiert dazu, an überkommenen Strukturen festzuhalten. Ohne das Aufbrechen tradierter Strukturen wird in der wettbewerbsintensiven New Economy von heute kein wirtschaftlicher Erfolg zu erreichen sein. Darauf wird sich der Finanzsektor einzustellen haben.

Die privaten Banken sind hier um Längen voraus: Zu nennen sind hier zunächst die filiallosen Direktbanken, die ihre Geschäfte mit ihren Kunden ausschließlich per Internet, Telefon oder Fax abwickeln. Die meisten Häuser setzen auf einen Vertriebsmix, bei dem der direkte Kontakt, sei es in der Filiale oder in einem Bankshop, ebenso möglich ist, wie die Fernbeziehung. 60 bis 80 % der Kunden möchten sowohl persönliche Kommunikation in der Filiale als auch "rund um die Uhr Kommunikation" über Telekommunikationsmedien nutzen können. Die Filiale wird also nicht aussterben.

Lassen Sie mich abschließend einen weiteren wichtigen Aspekt betonen: Im Zusammenhang mit E-Commerce wird immer häufiger auch von M-Commerce gesprochen. Gemeint ist damit der mobile Zugang zu Kommunikationsnetzen und entsprechenden Dienstleistungen über verschiedene, mobile Endgeräte (z. B. Mobiltelefone o. ä.). Die Mobilfunkbetreiber wollen, dass auch der Bezahlvorgang über sie erfolgt.

Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass die Kreditinstitute ihre Zugangsschlüssel auf diese SIM-Karten aufbringen lassen würden, um den Zugriff zum Konto zu ermöglichen. Das Grundvertrauen des Kunden, dass ein Zugang zu seinem Konto keinem Dritten möglich ist, würde gestört. Die Abwicklung des Zahlungsverkehr ist und bleibt Kernkompetenz der Banken.

Deshalb bieten wir heute den Mobilfunkbetreibern an, unsere Kartenbasis von 70 Millionen Chipkarten für ihre Zwecke mit nutzen zu können. Derzeit werden etwa 85 % aller Mobilfunkneuverträge auf Basis von vorausbezahlten - so genannten Prepaid-Karten - abgewickelt. Die Kreditwirtschaft hat bereits 50 Millionen GeldKarten mit ensprechender Prepaid-Funktion auf dem Markt. Der Business-Case wäre für die Banken wie für die Mobilfunkbetreiber gegeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Ergebnisse unserer Meinungsumfragen zeigen, dass die Entwicklung im E-Commerce noch am Anfang steht. Das Potenzial im Online-Banking ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Unsere Banken haben sich frühzeitig auf die neuen Entwicklungen eingestellt. Sie haben weitreichende Erfahrungen gesammelt. Im Bereich des E-Commerce und des Internet-Bankings sind sie Marktführer.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband deutscher Banken e.V. (BdB) Burgstr. 28 10178 Berlin Telefon: 030/16630 Telefax: 030/16631399

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