Pressemitteilung | Deutscher Journalisten-Verband e.V. (DJV) - Bundesgeschäftsstelle

Pressefreiheit in Russland zunehmend bedroht

(Berlin) - Der Zustand der Pressefreiheit in Russland gibt nach Einschätzung des Deutschen-Journalisten-Verbandes (DJV) zunehmend Anlass zu großer Sorge. „Wir haben es mit immer mehr Beschränkungen und Einschnitten zu tun“, kritisierte Rolf Lautenbach, der Bundesvorsitzende des DJV, am 27. März 2002 in Berlin. Den letzten großen Schlag gegen die nationale Pressefreiheit habe die Regierung unter Präsident Wladimir Putin im Januar mit der Lizenzentziehung für die private Fernsehstation TW-6 geführt. „Darüber hinaus“, so Lautenbach weiter, „gibt es immer wieder einschränkende Maßnahmen, die Präsident Putins Bekenntnisse zum Erhalt der Meinungsfreiheit in seinem Land zunehmend als Worthülse erscheinen lassen.“ Skandalös sei die steigende Tendenz, Zeitungen durch sanktionäre Gerichtsurteile in den wirtschaftlichen Ruin zu treiben, wie dies aktuell im Fall der regierungskritischen Zeitung „Nowaja Gazeta“ passiere. Das Blatt ist in zwei Gerichtsverfahren wegen angeblicher Ehrverletzungen eines Richters und einer Bank zu Schadenersatzzahlungen in Höhe von 1,5 Millionen Dollar verurteilt worden – der gesamte Jahresumsatz der „Nowaja Gazeta“ beläuft sich Zeitungsberichten zufolge auf rund eine Million Dollar. „Wenn das Urteil nicht revidiert wird, kann die Zeitung ihren Betrieb einstellen“, sagte Lautenbach.

Als weiteres Beispiel nannte Lautenbach den Prozess gegen den taz-Korrespondenten Klaus-Helge Donath. Der Journalist muss sich vor dem Moskauer Bezirksgericht Gagarin wegen angeblicher Ehrverletzung eines Moskauer Studenten verantworten. In einem Artikel über den wachsenden Personenkult um Präsident Putin hatte Donath unter anderem über einen Studenten berichtet, der eine Ode an Putin verfasst hatte. Der Student klagte. Begründung: Die taz habe ihm in dem Artikel unterstellt, er sei für diese Arbeit von Putin bezahlt worden. Der Prozess soll am 19. April fortgesetzt werden. Klagen wegen angeblicher Verleumdungen und Ehrverletzungen sind nach Beobachtungen des DJV in Russland mittlerweile ein gängiges Mittel vor allem von Politikern geworden, kritischen Berichterstattern aus dem In- und Ausland einen Maulkorb zu verpassen.

Treffen von Schröder und Putin in Weimar

„Präsident Michail Gorbatschow hat im Jahr 1990 die Zensur der Presse in Russland abgeschafft. Damals gab es Anlass zur Hoffnung. Doch das hat sich zerschlagen. Nach der Schließung von TW-6 gibt es mittlerweile in Russland keinen überregionalen Fernsehsender mehr, der eigenständig berichtet“, sagte der DJV-Vorsitzende Lautenbach. Die Medienvielfalt in der russischen Förderation werde kleiner, man bewege sich immer weiter auf das Medienmonopol zu, das zu Zeiten der Sowjetunion geherrscht habe.

Der DJV-Vorsitzende forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder auf, bei seinem Treffen mit Präsident Wladimir Putin im Rahmen der deutsch-russischen Regierungskonsultationen am 9. und 10. April in Weimar das Thema Pressefreiheit in Russland deutlich zur Sprache zu bringen. Parallel zu den Konsultationen finde der zweite, auf Initiative von Schröder und Putin ins Leben gerufene „Petersburger Dialog“ statt. „Bei der Eröffnung dieses Forums vor einem Jahr hatte sich der Bundeskanzler im Beisein Putins für die Stärkung der Pressefreiheit in Russland eingesetzt. Wir sehen, was seitdem an Negativem passiert ist. Ich bin sehr gespannt, was wir bezüglich dieses Themas diesmal zu hören bekommen“, so Lautenbach. Er forderte Schröder auf, Präsident Putin unmissverständlich darauf zu drängen, die Pressefreiheit in seinem Land zu gewährleisten. Lautenbach: „Die Russische Förderation ist Mitglied des Europarates und als solches dazu verpflichtet, die von ihr unterzeichnete Europäische Menschenrechtskonvention und die darin garantierte Pressefreiheit einzuhalten.“

Quelle und Kontaktadresse:
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