Präventiver Restrukturierungsrahmen: Riesenchance nicht verpassen!
(Bonn) - In Deutschland wird gegenwärtig ein sehr praxisrelevanter Gesetzentwurf erarbeitet, der ein weiteres Instrument bietet, um Unternehmen erfolgreich restrukturieren zu können. Anlass ist die europäische Richtlinie 2019/1023 zum präventiven Restrukturierungsrahmen, die in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) sieht darin eine Riesenchance. Zugleich steigen die Befürchtungen bei den Restrukturierungsexperten, dass eine praxisnahe Lösung durch die zurzeit sehr konträren Forderungen maßgeblicher Interessengruppen komplett verwässert wird. Burkhard Jung, Vorsitzender BDU-Fachverband Sanierungs- und Insolvenzberatung: "Wir dürfen das neue Instrument auf keinen Fall zerreden.
Und was wir ebenfalls nicht brauchen, ist ein Minimalkompromiss. Der Gesetzgeber sollte im weiteren Verfahren besonders darauf achten, dass der präventive Restrukturierungsrahmen sehr frühzeitig und besonders auch im Mittelstand eingesetzt werden kann." In einem Positionspapier hat der BDU konkrete Umsetzungsvorschläge für das Gesetzesvorhaben und zu den wesentlichen Themenfeldern - Frühwarnsystem, Weg in den Restrukturierungsrahmen, Auswahl und Qualifikation des Restrukturierungsbeauftragten, Restrukturierungsplan und Umfang möglicher Restrukturierungsmaßnahmen - erarbeitet.
Wichtig ist für den BDU insgesamt, dass der zentrale Leitgedanke der EU-Richtlinie bei der Umsetzung in deutsches Recht berücksichtigt wird. Der präventive Restrukturierungsrahmen soll für den Erhalt von Unternehmen und Arbeitsplätzen sorgen. Deshalb sollte er auch von einem Insolvenzverfahren klar abgegrenzt sein und nicht allein die größtmögliche Gläubigerbefriedigung zum Ziel haben. Auch wenn es sinnvoll sei, die Rechte der Gläubiger in der Restrukturierung zu stärken, so der BDU.
- Regelung in einem eigenen Restrukturierungsgesetz; keinesfalls in der Insolvenzordnung.Die Restrukturierung muss ohne das Stigma der Insolvenz funktionieren.
- Aufbau eines wirksamen Frühwarnsystems, mit dessen Hilfe Unternehmer möglichst selbständig ein ausreichendes Maß an Klarheit über den Zustand ihres Unternehmens erhalten.
- Kein förmlicher Antrag zu Beginn des Verfahrens: Unternehmen und Gläubiger haben es selbst in der Hand, ihre typischerweise ganz ohne fixierten rechtlichen Rahmen begonnene Verhandlungen in einen präventiven Restrukturierungsrahmen zu überführen.
- Abschaffung der Überschuldung als zwingender Insolvenzantragsgrund. Die aktuelle Regelung verhindert, dass die Organe der zu sanierenden Gesellschaften im Vorfeld einer möglichen Insolvenz zielgerichtete Verhandlungen führen können, ohne sich in erhebliche Haftungsrisiken zu begeben.
- Einbindung spezialisierter Restrukturierungsgerichte und nur da, wo es unabdingbar notwendig ist, zum Beispiel bei Anordnung des Moratoriums und Bestätigung des Restrukturierungsplans.
- Einsetzung eines als Restrukturierer qualifizierten Restrukturierungsbeauftragten nur dort, wo es notwendig ist.
- Das Gesetzgebungsverfahren sollte sich von dem Vertrauen in die Fähigkeiten der eingebundenen Gläubiger leiten lassen. Deswegen: Vermeiden von "Gutachtenschlachten" zu Fragen wie: "Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz", "Wert des Unternehmens", "going concern und Zerschlagung" . Stattdessen: klare Vorgaben für den vorzulegenden Restrukturierungsplan, der keinesfalls die Nachsorge, also die Zeit nach der formellen Planannahme, vergessen darf.
- Keine zu frühe Beschränkung des Verfahrens allein auf sogenannte Finanzgläubiger. Die Richtlinie sieht diese Beschränkung nicht als zwingend.
Hintergrund
Das EU-Parlament hat am 28. März 2019 die Richtlinie zur Einführung des Restrukturierungsrahmens in allen Mitgliedsländern beschlossen. Die EU-Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. In Ausnahmefällen kann die Frist auf Antrag um ein Jahr verlängert werden. Die Regelungen des Restrukturierungsrahmens bieten eine breite Palette von Möglichkeiten. Die nationalen Gesetzgeber dürfen sich aus dem "bunten Strauß" möglicher Regelungen dasjenige heraussuchen, was für die eigenen Bedürfnisse am besten passt. Dies kann von einer frühen gerichtlichen Einbindung bis zu einem Verfahren ganz ohne gerichtliche Beteiligung reichen. Aufgabe des Gesetzgebers ist es, die unterschiedlichen Interessen von Arbeitnehmern, Gläubigern und Schuldnern sowie deren Stakeholdern gut auszutarieren.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Unternehmensberater e.V. BDU
Klaus Reiners, Pressesprecher
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