Politik muss Entsendegesetz konsequent ausweiten
(Berlin) - Der DGB-Bundesvorstand hat am Dienstag (1. April 2008) folgende Resolution zu Mindestlöhnen nach Entsendegesetz verabschiedet:
Der DGB-Bundesvorstand erklärt anlässlich des Stichtages 31. März 2008 zur Ausweitung des Entsendegesetzes, dass mit der Benennung der Branchen die Politik gefordert ist, dass Entsendegesetz zügig auszuweiten, wie in der Erklärung der Koalitionsparteien vom 18. Juni 2007 in Meseberg vereinbart. Mit dem seit 1996 bestehenden Entsendegesetz werden mittlerweile sieben Branchen erfasst zuletzt die Briefdienstleistungen , wodurch rund 1,9 Mio. Beschäftigte vor Lohndumping geschützt werden, weil tariflich Entgelte vereinbart wurden.
Die jetzt anstehende Ausweitung des Entsendegesetzes würde weitere 1,4 Mio. Beschäftigte erfassen. Leider war es in den vergangenen Wochen mit vielen Arbeitgebern nicht möglich, zu entsprechenden Übereinstimmungen für eine Beantragung zur Ausweitung zu kommen. Zur Tarifierung Existenz sichernder Entgelt waren die Arbeitgeber teilweise nicht bereit bzw. die von der Politik gesetzte Hürde von mindestens 50 Prozent Tarifbindung der Branche konnte nicht erfüllt werden. Ein solches Quorum ist lediglich politisch festgesetzt worden und ist keine Bedingung, die auf der Entsenderichtlinie basiert. Ohne ein solches gesetztes Quorum wären für weitere Branchen die Voraussetzungen gegeben, den Weg über das Entsendegesetz zu gehen, um damit die Basis für Existenz sichernde Löhn zu schaffen. Viele Arbeitgeber haben sich in dieser Frage verweigert und die Beschäftigten mit ihren Armutslöhnen alleine gelassen. Die Arbeitgeber des Einzelhandels und aus dem Bereich des Hotel- und Gaststättengewerbes beispielsweise waren nicht bereit zu einer Ausweitung des Entsendegesetzes, wodurch über 3 Millionen Menschen zusätzlich unter einen tariflichen Schutz gefallen wären. Dies wäre aber ein Gebot der Würde und ökonomischer Vernunft gewesen.
In der Zeitarbeit haben die Gewerkschaften zusammen mit zwei Arbeitgeberverbänden die Aufnahme in das Entsendegesetz beantragt. Leider hat schon der CDU-Parteivorstand am 10. März 2008 seine Ablehnung bekundet mit der Begründung, dass in dieser Branche eine sehr hohe Tarifbindung bestehe. Es darf in der Zeitarbeit jedoch nicht übersehen werden, dass durch die bestehenden Dumpingtarifverträge der Christlichen Gewerkschaften eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung entsteht, die ausschließlich zu Lasten der Beschäftigten geht. Fest steht: Jeder sechste Vollzeitbeschäftigte in der Zeitarbeit ist noch auf ergänzende Transferleistungen angewiesen. Es ist eine ordnungspolitische Fehlsteuerung, wenn Betriebe ihre Löhne so weit drücken können, dass die Allgemeinheit mit ihren Steuergeldern die Differenz ausgleichen muss. Die Politik ist hier gefordert, dem größer werdende Auseinanderklaffen der Löhne innerhalb der Zeitarbeitsbranche ein Ende zu setzten, damit die Branche nicht wieder dahin kommt, wo sie schon einmal war - nämlich in der Schmuddelecke.
Die Politik darf darüber hinaus nicht ignorieren, dass mit einem erheblichen Druck auf das Lohngefüge in Deutschland zu rechnen ist ab Eintritt der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit der neuen EU-Beitrittsländer Ost- und Mitteleuropas ab dem 1. Mai 2009 und der Dienstleistungsfreiheit ab dem 1. Januar 2010. Ohne Tarifverträge auf Basis des Entsendegesetzes könnten danach Beschäftigte aus den neuen Beitrittsländern zu den dortigen Arbeits- und Entgeltbedingungen ihrer Heimatländer beschäftigt werden. Ohne Schutz für den hiesigen Arbeitsmarkt würden die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die größer gewordene EU als gegenseitige Billigkonkurrenz wahrnehmen.
Die DGB-Gewerkschaften erwarten von der Politik eine konsequente Ausweitung des Entsendegesetzes, damit Menschen wieder über Existenz sichernde Entgelte verfügen. Eine Gesellschaft, in der die Menschen arm trotz Arbeit sind, ist höchst unsozial und demokratieschädlich. Niedriglöhne bedeuten zwangsläufig Niedrigrenten und damit eine Verfestigung der Armut ein ganzes Leben lang.
Deshalb darf durch die Politik kein weiterer Wortbruch erfolgen. Es ist dringend notwendig, das Gesetzgebungsverfahren zur Ausweitung des Entsendegesetzes mit Hochdruck voran zu bringen. Dabei stellt der Referentenentwurf zur Ausweitung des Entsendegesetzes eine zielorientierte Lösung dar.
Die Gewerkschaften werden auch weiterhin fordern:
Deutschland braucht den Mindestlohn - kein Lohn unter 7,50 Euro pro Stunde.
Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand
Axel Brower-Rabinowitsch, Leiter, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin
Telefon: (030) 24060-0, Telefax: (030) 24060-324
Weitere Pressemitteilungen dieses Verbands
- Die CDU-Kreistagsfraktion im Landkreis Barnim will eine Arbeitspflicht für Bürgergeld-Beziehende einführen - Sie setzt dafür offenbar auf die Stimmen der AfD - Der DGB Berlin-Brandenburg kritisiert beide Sachverhalte scharf
- Mindestlohn steigt auf 12,82 Euro
- Mieterbund, DGB und Städtetag fordern gemeinsam: Rettet die Mietpreisbremse - Verlängerung jetzt!