Pressemitteilung | Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE)

PISA-Studie: VBE für gesellschaftlichen Umdenkungsprozess

(Berlin) - Die Ergebnisse der PISA-Studie sollten in Deutschland als Impuls genommen werden, einen lang anhaltenden und wirksamen Reformprozess im Bildungsbereich anzustoßen. „Trauen wir uns die Verbesserung des Bildungssystems zu!“ hat der Bundesvorstand des Verbands Bildung und Erziehung auf seiner jüngsten Sitzung am Wochenende in Fulda betont. Einstimmig beschloss der Bundesvorstand eine Resolution, die eine Grundlage für die weitere bildungspolitische Arbeit der Lehrergewerkschaft sein wird. Nachfolgend die Resolution im Wortlaut:

PISA: Trauen wir uns die Verbesserung des Bildungssystems zu! Resolution des Bundesvorstands des Verbandes Bildung und Erziehung Fulda am 26. Januar 2002 PISA ist nach TIMSS die zweite groß angelegte internationale Studie, die dem deutschen Bildungssystem Mittelmaß bescheinigt. Für den VBE sind folgende Ergebnisse besonders alarmierend:

Der Anteil der 15-jährigen, die nicht einmal die unterste Kompetenzstufe erreichen, liegt in Deutschland mit zehn Prozent deutlich über dem OECD-Mittel von sechs Prozent. Der Anteil der 15-jährigen, die lediglich die unterste Kompetenzstufe 1 erreichen, liegt in Deutschland bei 13 Prozent und damit über dem OECD-Mittel von 12 Prozent. Die soziale Herkunft bestimmt in Deutschland den schulischen Lernerfolg besonders stark. Davon sind zumeist Jungen aus niedrigem Herkunftsmilieu und Kinder von Migranten betroffen. In Deutschland haben diese Befunde in Wissenschaft und Politik hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Der VBE stellt fest, dass PISA Ergebnisse zutage gefördert hat, aber keine Kausalanalyse ersetzt und diese auch nicht beansprucht.

Der VBE erinnert:

Schule ist Teil der Gesellschaft. Die Gründe für das schlechte Abschneiden der deutschen Schulen sind daher auch in außerschulischen Faktoren zu suchen.

1. Kinder werden in Deutschland immer weniger als Chance für Zukunft gesehen, sondern als Belastung.

2. Die Wertschätzung der Bildung ist insgesamt gering und zudem abhängig vom sozialen Status.

3. Die Ausgaben für schulische Bildung liegen seit langem unter dem OECD-Durchschnitt und trotzdem musste der Bildungsbereich zur Haushaltssanierung herhalten.

4. Wissenschaftliche Evaluation hat bislang wenig Einfluss auf pädagogische Prozesse in Bildung und Erziehung gefunden.

5. Die Entwicklung der Erlebnisgesellschaft hat in Deutschland dazu geführt, dass die Bereitschaft, sich für fernere Ziele anzustrengen, gesunken ist. Der VBE setzt sich für einen gesellschaftlichen Umdenkungsprozess ein. PISA ermutigt uns dazu.

Der VBE fordert:

1. Die Ausgaben für Bildung und Erziehung müssen auch in den öffentlichen Haushalten als Investitionen ausgewiesen werden.

2. Der Benachteiligung aufgrund der sozialen Herkunft muss entgegengewirkt werden - durch gezielte Förderung der Kinder im Kindergarten, durch Stärkung der Grundschule durch Verbesserung der Lernbedingungen, Unterstützung durch Sozialpädagogen und Experten für Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, durch Überwindung der gesellschaftlichen Stigmatisierung von Schulformen.

3. Die Unterrichtsqualität muss verbessert werden durch wissenschaftliche Forschung, Lehrerfortbildung, Leistungsstandards und entsprechende Rahmenbedingungen.

4. Die Lehrerbildung muss nach pädagogischen Grundsätzen reformiert werden. Sie muss sich als Berufswissenschaft verstehen und sich deshalb an den Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer orientieren. Dem VBE geht es um die Qualität von Bildung und Erziehung. Schulen müssen Schülerinnen und Schülern Mut zum Denken und zum Zweifel, Freude an der Leistung und am Entdecken vermitteln. Lehrerinnen und Lehrer brauchen für ihre Arbeit das Vertrauen der Gesellschaft. Begreifen wir die Ergebnisse von PISA als Impuls, einen lang anhaltenden und wirksamen Reformprozess anzustoßen.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE) Behrenstraße 23/24, 10117 Berlin Telefon 030 - 7 26 19 66-0 Telefax 030 - 7 26 19 66 19

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