Pressemitteilung |

Pflege: Verbraucherverbände fordern Nachbesserungen

(Bonn/Berlin)) - Der Ansatz der Bundesregierung, dringend notwendige Qualitätsverbesserungen in vielen Pflegeheimen mit zwar sinnvollen Auflagen, aber ohne zusätzliche Mittel zu erreichen, wird sich als Wunschdenken herausstellen, warnte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände e.V. (BVZV) anlässlich einer gemeinsamen Anhörung des Senioren- und Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages zu den Gesetzentwürfen eines Pflegequalitätssicherungs- und Heimbewohnerschutzgesetzes am 6. April.

Eine gute und umfassende Pflege, so der BVZV in Berlin, ist eine personalintensive Dienstleistung am Menschen. Jedoch beträgt auch unter Berücksichtigung der Zivildienstleistenden und geringfügig Beschäftigten der Fehlbedarf an Personal über 30 Prozent. Statt lediglich den Wettbewerb der Leistungsanbieter und die Verhandlungsmacht der Pflegekassen zu stärken, ist aus Sicht der Verbraucherschützer eine verbindliche Definition der Pflegequalität, die von den Heimen und Pflegediensten zu leisten und von den Pflegekassen zu bezahlen ist, längst überfällig. Selbst ein so gängiger Begriff wie "soziale Betreuung" wird nicht mit Inhalt gefüllt, wesentliche Leistungsverbesserungen für Demenzerkrankte stünden noch aus, kritisiert der BVZV die heute zur Beratung anstehenden Gesetzentwürfe.

Auch sollte das Gesetz die Pflegeeinrichtungen verpflichten, jährliche Qualitätsberichte zu veröffentlichen. "Hier hinkt der Gesetzentwurf massiv den bereits vor zwei Jahren in der 72. Gesundheitsministerkonferenz der Bundesländer verabschiedeten ‘Zielen für eine einheitliche Qualitätsstrategie im Gesundheitswesen‘ hinterher", so Thomas Isenberg, Experte für Gesundheitsdienstleistungen des BVZV. Die im Gesetz vorgesehenen "Pflegeheimvergleiche" beträfen lediglich Kosten und Preise, über die zugrunde liegende Prozess- und Ergebnisqualität werde nicht berichtet. Rechte zur Einsichtnahme seitens der interessierten Öffentlichkeit seien nicht vorgesehen. Daher drängt sich der Verdacht auf, dass hier den Pflegekassen lediglich Datenmaterial an die Hand gegeben wird, um bei Vergütungsverhandlungen mit Heimträgern "Pflegesätze nach unten zu korrigieren", ohne dass Pflegebedürftige dadurch automatisch eine qualitativ bessere Pflege erhalten, so die Warnung des Bundesverbandes.


Gleichzeitig weisen die Verbraucherschützer darauf hin, dass Bundesregierung und Bundesländer gut beraten wären, die staatliche Heimaufsicht mit mehr Personal und einer schlagkräftigen Organisation auszustatten, um den Verbraucher stärker vor "schwarzen Schafen" im Pflegemarkt zu schützen. Stattdessen sehen die Gesetzentwürfe vor, dass die Bundesländer auf wiederkehrende jährliche Prüfungen der Heimaufsicht verzichten können. Allein der Nachweis unabhängiger Zertifikate soll ausreichen. "Qualitätszeichen, Gütesiegel und Prüftestate anderer Einrichtungen sind bundesweit allerdings von höchst unterschiedlicher Güte und dienen teilweise lediglich als Marketingmaßnahme einzelner Heimträger", bemängelt BVZV-Experte Thomas Isenberg. Da nur die staatliche Heimaufsicht das Recht hat, unmittelbare Gefahren abzuwehren und Heime notfalls zu schließen, müsste diese gestärkt werden.

Begrüßt werden die positiven Ansätze zur Stärkung der Verbraucherrechte in beiden Gesetzentwürfen: So wird klargestellt, dass der Heimvertrag mit dem Tod des Bewohners endet und dessen Angehörige nicht noch wochenlang mit hohen Rechnungen belastet werden dürfen. Auch rückwirkende Rechnungskürzungen sind künftig möglich, wenn Leistungen nicht oder nur schlecht vom Heim erbracht werden. Darüber hinaus wird der Heimbeirat in seinen Rechten gestärkt und kann künftig an den Vergütungsverhandlungen mitwirken.

Als Schritt in die richtige Richtung bewerten die Verbraucherverbände den Ansatz einer stärkeren Förderung unabhängiger Pflegeberatungsstellen. Neben Beratung und Aufklärung könnten diese den Verbraucher auch in der Wahrnehmung seiner Rechte gegenüber Heimen, ambulanten Diensten oder Pflegekassen unterstützen. Daher appelliert der BVZV an Bund und Länder, diesen Ansatz aufzugreifen und weiter auszubauen. Bisher sieht der gegenwärtige Stand des Reformtextes keine systematische Unterstützung solcher Anlaufstellen vor, sondern überlässt die Förderung den einzelnen Pflegekassen.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AGV) Heilsbachstr. 20 53123 Bonn Telefon: 0228/64890 Telefax: 0228/644258

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