Pferdefleisch-Skandal: Aigners Aktionsplan besteht aus Scheinmaßnahmen - foodwatch fordert konkrete Untersuchungspflichten für Unternehmen und Strafen nach Umsatz - Handel muss für Eigenmarken haften
(Berlin) - Nach der europaweiten Verbrauchertäuschung mit Pferdefleisch täuscht Ilse Aigner die Verbraucher ihrerseits mit ihrem "Aktionsplan". Die Maßnahmen, die die Ministerin als Beratungsgrundlage für die heutige Sondersitzung von Bund und Ländern vorgelegt hatte, stellen nach Einschätzung der Verbraucherorganisation foodwatch folgenlose Ankündigungspolitik dar.
"Frau Aigner schont die eigentlich Verantwortlichen und täuscht mit Scheinmaßnahmen darüber hinweg, dass sie die entscheidenden Schwachstellen nicht beseitigen will", kritisierte Matthias Wolfschmidt, stellvertretender foodwatch-Geschäftsführer. "Der Handel muss für seine Eigenmarken geradestehen und bei Täuschung oder Gesundheitsgefährdung strafrechtlich als Täter belangt werden."
foodwatch forderte konkrete Untersuchungspflichten zur Sicherstellung der Produktqualität, damit Hersteller und Handelsunternehmen bei Verstößen in Zukunft strafrechtlich belangt werden können. Dann könnten wirkungsvolle Strafandrohungen, die betriebswirtschaftlich gravierende Auswirkungen haben, den Handel aus schierem Eigeninteresse dazu motivieren, alles zu tun, um den Verbrauchern ordentliche Ware zu liefern. Zudem muss es empfindliche Strafen geben, die sich am Umsatz der Firmen orientieren.
Im aktuellen Fall ist nicht deklariertes Pferdefleisch in Eigenmarken von mehreren Handelsunternehmen wie Real oder Kaisers gefunden worden. foodwatch kritisierte die Haftungsverpflichtungen des Handels als völlig unzureichend. "Die Handelsketten verkaufen Produkte unter ihrem eigenen Namen, für deren Qualität und Rechtskonformität sie strafrechtlich aber faktisch nicht belangt werden können", erklärte Matthias Wolfschmidt.
"Deshalb brauchen wir gesetzlich festgelegte, konkrete Untersuchungspflichten für die Sicherstellung der Produktqualität." Dann könnten bei Verfehlungen wirkungsvolle Strafandrohungen, die betriebswirtschaftlich gravierende Auswirkungen haben, den Handel aus schierem Eigeninteresse dazu motivieren, alles zu tun, um den Verbrauchern ordentliche Ware zu liefern.
Zudem fehlt laut foodwatch eine klare gesetzliche Verpflichtung der Behörden, ihre Informationen über Täuschung in der Lebensmittelwirtschaft umgehend zu veröffentlichen. Nur durch entsprechende Transparenzverpflichtungen der Behörden könnten die Verbraucher sofort nach Bekanntwerden eines lebensmittelrechtlichen Betrugs- oder Täuschungsdelikts davor bewahrt werden, falsch deklarierte Ware unwissentlich zu kaufen oder verzehren.
"Frau Aigner braucht für die beiden entscheidenden Maßnahmen nicht nach Brüssel zu gehen. Strafrecht und Transparenzgesetzgebung sind in der Europäischen Union ausschließlich Sache der Mitgliedstaaten", so Matthias Wolfschmidt. "Die Bundesregierung muss schnellstmöglich spezielle Untersuchungsverpflichtungen im Lebensmittelstrafrecht festschreiben und Verstöße entsprechend strafbewehren. Und sie muss dafür sorgen, dass die Behörden in Zukunft nicht die Betrüger decken, sondern den Schaden für die Betrogenen durch klare Informationsvorschriften bestmöglich reduziert."
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