Perspektive der Produzenten fehlt
(Berlin) - Das Kabinett hat gestern unter dem Titel "Gutes Essen für Deutschland" die so genannte "Ernährungsstrategie" verabschiedet, die das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit 2022 federführend für die Bundesregierung erarbeitet hat. Ziel sei es, das deutsche Ernährungssystem gesundheitsfördernder, pflanzenbetonter und nachhaltiger zu machen: "Bis 2050 ist es für alle Menschen in Deutschland möglich und einfach, sich gut zu ernähren", heißt es in dem 69-seitigen Papier. Das Deutsche Tiefkühlinstitut e. V. (dti) hat die Erarbeitung der Ernährungsstrategie intensiv begleitet und am Stakeholderprozess des BMEL dazu teilgenommen. Für die Tiefkühlwirtschaft kommentiert dti -Geschäftsführerin Sabine Eichner das heute vorgestellte Papier.
"Ernährungsstrategie enttäuscht - Vision für den gesamten Sektor fehlt"
"Die lang erwartete Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die nun vorliegt, enttäuscht. Schon jetzt können sich in unserem Land alle Menschen gesund, ausgewogen und nachhaltig ernähren. Unsere Ernährungswirtschaft bietet eine unglaubliche Vielfalt an Lebensmitteln an, für jeden Geschmack, jede Vorliebe, jeden individuellen Ernährungsstil, qualitativ hochwertig und absolut sicher", so dti-Chefin Sabine Eichner. "Statt die Unternehmen und die Mitarbeitenden der Lebensmittelwirtschaft mit dem absurden Frontalangriff vor den Kopf zu stoßen, eine gute Ernährung sei in Deutschland erst in über 25 Jahren möglich, hätten wir uns endlich eine überzeugende ernährungspolitische Strategie für die gesamte Wertschöpfungskette gewünscht, die auch die Perspektive der Produzenten miteinbezieht. Wo bleiben die Vision und der Mut, den Ernährungssektor mit seinen hervorragenden Lebensmitteln endlich mit 'Wumms' zukunftsfest aufzustellen?"
Gute Ernährungspolitik ist auch Wirtschaftspolitik!
Eichner weiter: "Der Ernährungssektor ist systemrelevant und muss wettbewerbsfähig sein. Davon entfernen wir uns immer mehr, vor allem durch die Flut an Regulierung und Bürokratie sowie die hohen Energiekosten. Zu all dem bleibt die Ernährungsstrategie Antworten schuldig. Die Kernfrage bleibt: Wie trägt die Bundesregierung dazu bei, dass unsere Unternehmen weiterhin erfolgreich hochwertige, nachhaltige, sichere und vor allem bezahlbare Lebensmittel produzieren können? Wann kommt es endlich zu einem Gipfel für die Ernährungswirtschaft von Özdemir, Habeck und Wissing?"
dti begrüßt Aussagen zu verbindlichen DGE-Qualitätsstandards
Inhaltlich bleibt das Papier aus Sicht der dti -Geschäftsführerin oft noch sehr vage: Statt konkreter neuer Maßnahmen würden Absichtserklärungen vorgenommen, Prüfaufträge für Monitorings angekündigt, Projektgruppen und Netzwerke gebildet. "Wir begrüßen die Ankündigung, die Ernährungsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) in der Gemeinschaftsverpflegung bis 2030 verbindlich zu machen. Die Möglichkeiten des Bundes sind hier jedoch begrenzt, vor allem wenn man kein Budget investieren will", stellt Sabine Eichner fest. "Auch die EU-weite verbindliche Einführung des Nutri-Score haben wir stets gefordert, ein Konsens für ein europaweites Label ist aber weiter nicht in Sicht. Wir freuen uns, dass das BMEL das Thema Nachhaltigkeitskennzeichnung nur auf EU-Ebene angehen will und erst klare Methodiken und Datengrundlagen einfordert - hier haben wir stets vor nationalen Alleingängen gewarnt.
Verpflichtende Herkunftskennzeichnungen, wie im Papier gefordert, noch dazu womöglich auf nationaler Ebene, lehnt die Tiefkühlwirtschaft weiterhin ab: "Die Beurteilung von Lebensmitteln darf in Zeiten internationaler Lieferketten nicht an der Herkunft ihrer Rohstoffe festgemacht werden, sondern an ihrer Qualität und Sicherheit", so dti-Geschäftsführerin Sabine Eichner.
Eichner: Düpierung von Bürgerrat und beteiligten Stakeholdern
Auch das politische Timing des BMEL irritiert die dti -Chefin: "Am Sonntag übergibt der vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat 'Ernährung im Wandel' die intensiv und ehrenamtlich erarbeiteten ernährungspolitischen Empfehlungen - und nur drei Tage später präsentiert Bundesernährungsminister Özdemir seine Ernährungsstrategie. Das zeugt in meinen Augen von wenig Respekt und Wertschätzung für das Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Auch wir als stets konstruktiv mitwirkender Verband bedauern es, dass wir von der finalen Version der Ernährungsstrategie lediglich aus den Medien erfahren. Wenigstens eine kurze Vorabinfo an die beteiligten Stakeholder hätten wir als angemessen erachtet."
Quelle und Kontaktadresse:
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