Personal- und Platznotstand an Kitas manifestiert Bildungsungerechtigkeit
(Berlin) - "Die heute veröffentlichten Ergebnisse zeigen einmal mehr erschreckend deutlich: Die Bildungs- und Betreuungsqualität in den Kitas ist massiv gefährdet, der Mangel an Fachkräften ist eklatant, das Platzangebot reicht bei weitem nicht aus! Die heute vorgelegten Zahlen zeigen die ganze Dramatik. Sie belegen, dass die bisherigen Maßnahmen der Politik absolut unzureichend sind. Das politische Versagen in der Vergangenheit gefährdet die Zukunft der Kinder und, infolge ständiger Überlastung, die Gesundheit des pädagogischen Fachpersonals. Der Rechtsanspruch von Eltern auf einen Betreuungsplatz wird vielerorts ad absurdum geführt. Die Situation lässt sich nicht mehr schönreden. Die Personallage in den Kitas entspricht immer mehr einer Notversorgung. Individuelle Förderung zur Behebung von Bildungsungerechtigkeit ist kaum möglich. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Kinder derzeit von einem unterfinanzierten Teil des Bildungssystems, der Kita, in den nächsten unterfinanzierten Bereich, die Schule, weitergereicht werden. Das ist unverantwortlich, wie auch die jüngsten IQB-Zahlen unmissverständlich belegen", kommentiert Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), anlässlich der heute veröffentlichten Ergebnisse des Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme. Laut der Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen im Jahr 2023 rund 384.000 Kita-Plätze, der Fachkraft-Kind-Schlüssel liegt in Ostdeutschland in 90 Prozent, in Westdeutschland in 63 Prozent unterhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen. Allein um dieses Defizit auszugleichen, müssten laut Studie 308.800 Fachkräfte zusätzlich beschäftigt werden.
"Die Ergebnisse bekräftigen, was wir durch die vom VBE mit herausgegebene DKLK-Studie, die bundesweit größte Umfrage unter Kita-Leitungen, in ähnlicher Weise wiederholt feststellen. Mehr noch: Die Situation an Kitas hat sich teilweise sogar nochmals verschärft. Ein Beispiel: Ungefähr 9.000 Kitas haben in Deutschland im Jahr 2021 in über der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet, die eigentlich zeitweise hätten geschlossen werden müssen, da es schlichtweg nicht genügend Erzieherinnen und Erzieher gab, um alle Kinder zumindest sicher zu betreuen. Das ist ein Skandal. Das Ländermonitoring kommt zu dem Schluss, dass die Anforderungen an das Kita-Personal sich mit der aktuellen Personalbemessung nicht mehr umsetzen lassen - dem ist leider voll zuzustimmen", so Beckmann weiter.
Mit Blick darauf, was es jetzt dringend braucht, erklärt der Bundesvorsitzende: "Es ist klar, dass es mit Blick auf bestehende und zusätzliche Herausforderungen, wie etwa dem Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung und weitere Integrationsaufgaben, massive und abgestimmte Anstrengungen auf allen Ebenen braucht. Das alles muss eingebunden sein in eine Gesamtstrategie unter Einbindung aller politisch Verantwortlichen und der verschiedenen Interessenvertretungen. Das Kita-Qualitätsgesetz ist hier ein richtiger und dringend notwendiger Schritt, aber er reicht, auch im finanziellen Umfang, bei weitem nicht aus. Um im System engagierte Fachkräfte zu entlasten und zu halten und dringend benötigte zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen, braucht es aufeinander abgestimmte, flächendeckende Investitionen im Rahmen einer bundesweit abgestimmten Fachkräfteoffensive, ergänzt um regional angepasste Maßnahmen. Diese müssen die Ausweitung der Ausbildungskapazitäten an Fach- und Hochschulen,- ohne eine Absenkung des Qualitätsniveaus -, und das Angebot adäquater Entwicklungsperspektiven für ausgebildete Fachkräfte mitdenken, auch um das Berufsbild attraktiver zu machen. Es braucht insgesamt eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Hierzu gehört neben einer bedarfsgerechten Personalausstattung die Unterstützung durch multiprofessionelle Teams, eine bessere Bezahlung und die Einführung einer grundsätzlich vergüteten Ausbildung."
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