Patienten von Zuzahlungen befreien und Arzneimittelausgaben der Krankenkassen senken / Der neue Vorschlag des BKK Bundesverbandes für sinnvolle Einsparungen im Arzneimittelbereich verbindet beides und spart bis zu 1,4 Milliarden Euro
(Essen) - Trotz vieler Kostendämpfungsmaßnahmen sind die Ausgaben für Arzneimittel bei den gesetzlichen Krankenkassen wieder drastisch gestiegen. Ein Eingreifen ist dringend notwendig, aber ohne die Patienten zusätzlich zu belasten im Gegenteil!
Darum schlägt der BKK Bundesverband als Beitrag zur aktuellen Diskussion um das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) vor: Keine Zuzahlungen mehr für solche Arzneimittel, die deutlich unter dem Festbetrag liegen und damit besonders günstig sind. Heute werden nur wenige Festbetrags-Arzneimittel verordnet, die besonders günstig sind (rund 10 Prozent). Wenn dieser Anteil erhöht wird, sparen die Krankenkassen viel Geld, denn für die qualitativ gleichwertige Leistung müssen sie dann weniger bezahlen. Damit dies möglich wird, müssen Ärzte und Patienten mitmachen. Deshalb wollen wir, dass die Patienten an den Einsparungen beteiligt werden: Wer sich von seinem Arzt ein besonders günstiges Arzneimittel verordnen lässt, muss keine Zuzahlung mehr leisten. Die Krankenkassen sparen trotzdem, denn die Einsparungen durch die günstigen Arzneimittel sind deutlich höher, als die zusätzlichen Belastungen durch entgangene Zuzahlungen. Gelänge es, durch diese Regelung den Anteil der besonders günstigen Verordnungen von heute 10 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen, würden rund 1,4 Milliarden Euro gespart werden. Davon würden die Versicherten durch Zuzahlungsbefreiungen 600 Mio. Euro erhalten und die Krankenkassen 800 Mio. Euro. Wir sind davon überzeugt, dass diese Steigerung mit unserem Vorschlag gut zu erreichen ist. Damit wird der Weg frei für dauerhafte Einsparungen im Arzneimittelbereich ohne Leistungs- oder Qualitätseinbußen für Patienten.
Der Vorschlag im Einzelnen:
In Deutschland werden rund 600 Millionen Arzneimittel pro Jahr verordnet. Davon entfallen 390 Millionen Arzneimittel-Verordnungen pro Jahr auf den Festbetragsmarkt. Nur um diesen Bereich geht es in dem Sparvorschlag. Von diesen 390 Millionen Arzneimittelverordnungen liegen heute zehn Prozent um 20 Prozent unter dem jeweiligen Festbetrag. Bereits heute verlangen also viele Hersteller deutlich weniger, als die Krankenkassen höchstens zahlen müssten. Verordnet werden solche günstigen Produkte allerdings noch viel zu selten, z. B. wegen der Marketingaktivitäten gerade der großen Arzneimittelhersteller.
Gelingt es nun, die tatsächliche Verordnung der günstigeren Arzneimittel zu erhöhen, hat dies für fast alle Akteure Vorteile:
- Mehrere Millionen Patienten müssen dann bei vielen Arzneimitteln keine Zuzahlung mehr leisten, ohne dass es Qualitätseinbußen bei der Versorgung gibt. Das entlastet vor allem chronisch Kranke, die auf eine regelmäßige Arzneimittelversorgung angewiesen sind. Bereits beim jetzigen Status quo (10 Prozent der Verordnungen besonders günstig) würden Patienten rund 200 Millionen Euro pro Jahr durch eine Zuzahlungsbefreiung sparen (39 Millionen x mind. 5 Euro). Da die Zuzahlungsbefreiung dann erfolgt, wenn der Patient ein besonders günstiges Arzneimittel erhält, wird die Zuzahlungsbefreiung von ihm praktisch selbst erwirtschaftet.
- Die gesetzlichen Krankenkassen sparen sofort, aber auch mittel- und langfristig bei den Ausgaben für Arzneimittel obwohl die Versicherten dann weniger Zuzahlungen leisten. Bei einer Erhöhung des Anteils von derzeit zehn Prozent auf 20 Prozent der Verordnungen rund 300 Mio. Euro; bei einer Ausweitung auf 30 Prozent sogar 800 Mio. Euro.
- Steigt der Umsatz preisgünstiger Arzneimittel, stärkt das vor allem mittelständische Pharmaunternehmen. Denn Arzneimittel, die deutlich unter dem bisherigen Festbetrag liegen, werden besonders oft vom pharmazeutischen Mittelstand hergestellt.
- Ärzte, die diese günstigen Arzneimittel verordnen, stärken ihre Beziehung zum Patienten. Durch ihre wirtschaftliche Verordnung spart der Patient bares Geld, ohne einen Abstrich bei der Versorgungsqualität. Außerdem müssen die Ärzte keinen Malus fürchten, da sie bei einer wirtschaftlichen Verordnung auf der sicheren Seite sind.
Neutral bliebe es
- für viele Patienten. Denn auf Grund ihrer spezifischen Erkrankung steht für sie noch kein Festbetragsarzneimittel zur Verfügung und deshalb können sie nicht auf ein besonders günstiges Arzneimittel umsteigen. Für sie gilt die gesetzliche Zuzahlung weiterhin, es ändert sich also nichts.
- für Apotheker, da sie im Wesentlichen pro Packung vergütet werden.
Nachteile entstehen
- für große Pharmaunternehmen.
Da sie besonders oft Arzneimittel anbieten, die genau auf oder knapp unter dem Festbetrag liegen. Werden solche Produkte durch das BKK Arzneimittel-Sparpaket künftig seltener verordnet, kommt es bei ihnen zu Umsatzeinbußen. Um die Arzneimittelkosten nachhaltig in den Griff zu bekommen ist nicht nur das Angebot von preisgünstigen Arzneimitteln am Markt entscheidend, sondern auch die tatsächliche Verschreibung für die Patienten. Mit unserem Vorschlag würden Patienten und Krankenkassen spürbar und vor allem anhaltend entlastet. Zugleich wird der oft gebeutelte Mittelstand gestärkt und der Pharmastandort Deutschland belebt. Der Vorschlag des BKK Bundesverbandes wäre natürlich nicht die Lösung aller Probleme, aber ein wichtiger Baustein bei der dauerhaften Stabilisierung der Arzneimittelausgaben der Krankenkassen. Und Millionen Patienten würden Monat für Monat bares Geld sparen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK), Bundesverband
Pressestelle
Kronprinzenstr. 6, 45128 Essen
Telefon: (0201) 179-01, Telefax: (0201) 179-1000
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