Pressemitteilung |

Patienten sollten Kundenrechte im Gesundheitsmarkt nutzen!

(Bonn) - Das Wissen um die Rechte der Verbraucher am Gesundheitsmarkt werde immer wichtiger. Die Budgetierung führe zu einem zunehmenden Wettbewerb der Ärzte, Hörgeräteakustiker, Apotheker, Krankengymnasten und sonstiger Gesundheitsdienstleister. Vielen gehe es dabei allerdings nur um die Sicherung ihrer Pfründe. "Patienten, die sich nicht wehren, zahlen drauf", so Köhne.

Als gefährlich und sozial ungerecht bewertet die AgV-Geschäftsführerin auch den Trend vieler Ärzte, ihren Patienten Leistungen mit dem Argument der Mittelknappheit des Gesundheitswesens vorzuenthalten. Teilweise werden diese Untersuchungen dann als sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen feilgeboten, die Patienten dann aus eigener Tasche zahlen müssen. So gebe es Fälle, bei denen gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen privat liquidiert werden, obwohl sie Kassenleistung sind.

Andererseits gibt es eine Vielzahl von Untersuchungen, die nicht Bestandteil des gesetzlichen Leistungskatalogs der Krankenkassen sind. Die Patienteninformation der Ärzte über den Nutzen dieser teilweise zweifelhaften "Komfortmedizin", deren Preisauszeichnung und die Werbung in der Praxis entspricht nicht immer gesetzlichen Anforderungen, so die Erfahrung der Verbraucherverbände. Auch die Verkaufsmethoden bewegten sich häufig in einer Grauzone. Manchmal werde sogar Angst geschürt, um so beispielsweise Patienten Glaukom-Vorsorgeuntersuchungen aufzudrängen, die kein entsprechendes Risikomerkmal aufweisen. Solchen Methoden muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden, so Köhne.

Auf der anderen Seite könnten Patienten bis zu mehreren Hundert Mark an Zuzahlungen vermeiden, wenn sie beispielsweise Hörgeräte direkt über den Ohrenarzt beziehen würden, statt Hörgeräteakustiker in Anspruch zu nehmen. Viele Zahnärzte arbeiten mit speziellen Zahntechniklaboren zusammen und können dadurch Zahnersatz bis zu 20 Prozent preiswerter als üblich bei gleichzeitig längeren Garantierfristen anbieten. Und auch beim Medikamentenkauf kann ohne Qualitätsverlust gespart werden: Patienten sollten in der Apotheke nach preiswerteren Importmedikamenten und nach Nachahmerpräparaten fragen, so der Tipp der Verbraucherschützer.

Auch gegenüber Krankenkassen sollten Versicherte ihre Rechte als Kunden verstärkt wahrnehmen. "Wer unzufrieden ist, sollte seiner Kasse die rote Karte zeigen und die Möglichkeit zum Wechsel nutzen", rät Thomas Isenberg, Fachreferent für Gesundheitsdienstleistungen der AgV. Denn nicht alle Kassen setzen sich für ihre Versicherten so gut ein, wie sie es aufgrund des Gesetzes könnten. Nach einer aktuellen Erhebung der AgV bieten lediglich 40 Prozent aller bundesweit geöffneten Krankenkassen ihren Versicherten speziellere Informationen zu preiswerteren Versorgungsalternativen zum Zahnersatz. Und auch das Engagement in der Versorgung mit günstigeren Hilfsmitteln, bspw. Hörgeräten, oder bei der Unterstützung von Behandlungsfehlern lässt häufig zu wünschen übrig.

Mehr Interesse zeigen die Krankenkassen bei der Jagd nach neuen Mitgliedern, die versicherungsmathematisch als sogenannte gute Risiken gelten. Ärzte- und Kassenvertreter ziehen dabei teilweise an einem Strang und legen Versicherten schon einmal die Wahl einer teuren Ersatzkasse nahe, weil diese Kassen höhere Ärztehonorare zahlen. Das ist Marketing auf dem Rücken der Versicherten, urteilt Isenberg. So werden die Kosten des Systems in die Höhe getrieben - zum Schaden der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt.

Anlässlich der aktuellen Diskussion um die Nachzahlung von Kranken- oder Arbeitslosengeld fordern die Verbraucherverbände die Bundesregierung auf, für die Auszahlung aller fälligen Gelder zu sorgen. "Wer Versicherten- und Patientenrechte stärken will, darf nicht gleichzeitig das Vertrauen der Patienten in die Institutionen der Sozialversicherung zerstören" sagte AgV-Geschäftsführerin Anne-Lore Köhne. Als sehr problematisch bewertet die AgV in diesem Zusammenhang auch die Rolle der Krankenkassen, die vor Jahren ihren Versicherten den Rat gaben, keinen Widerspruch gegen die damaligen Leistungsbescheide einzulegen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeige nunmehr aber, dass gerade das Einleiten eines Widerspruchverfahrens ein sinnvolles Mittel gewesen wäre, um in den Genuss der Nachzahlungen zu kommen.

Diese Beispiele zeigen, wie wichtig der Aufbau unabhängiger Verbraucher- und Patientenberatungseinrichtungen im Gesundheitswesen ist, so Thomas Isenberg, Fachreferent für Gesundheitsdienstleistungen der AgV. Die Verbraucherverbände haben in der vergangenen Woche ihre Anträge zur Förderung von Projekten einer unabhängigen Patientenberatung nach § 65b SGB V eingereicht. Das Konzept sieht spezialisierte Anlaufstellen vor, in denen Patienten bei vermuteten Behandlungsfehlern oder bei Widerspruchsverfahren gegen Leistungsbescheide von Krankenkassen persönliche Unterstützung erhalten, erläuterte Isenberg. Dies gelte ebenso beim Verdacht unseriöser Rechnungsstellung von Ärzten oder anderen Gesundheitsdienstleistern.

Besonderen Wert legt die AgV auf eine Qualitätssicherung der Beratung. Informationskampagnen sollen den Wissenstand der Bevölkerung zu wesentlichen Patienten- und Verbraucherrechten, beispielsweise zur Versorgung mit Medikamenten, Hilfsmitteln oder Zahnersatz verbessern. In Modellregionen sollen Schwerpunktberatungen zu Heil- und Kostenplänen bei Zahnersatz durchgeführt werden. Ein weiteres Modul beinhaltet die intensive Kooperation mit anderen Akteuren wie dem Öffentlichen Gesundheitsdienst oder dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen zum Beispiel im Bereich der Gesundheitsinformation über Internet.

Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AGV) Heilsbachstr. 20, 53123 Bonn Telefon: 0228/64890 Telefax: 0228/644258

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